Syrien: Ein Krieg aus energiepolitischen Gründen

Seite 2: Nato-Plot gegen Putin

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Dazu stellt Kennedy heraus, wie die Katar/Türkei-Pipeline den Interessen Russlands zuwiderlaufen würde: "Für Putin ist diese Pipeline ein Nato-Plot, um Russland von seiner einzigen Stellung im Nahen Osten zu vertreiben, der russischen Wirtschaft die Luft abzuschneiden und den 'russischen Hebel' auf dem europäischen Energiemarkt seine Wirksamkeit zu nehmen." Er zitiert Assad damit, dass er das Nein zur Katar-Türkei-Pipeline, mit den Worten begründete, "die Interessen unseres Verbündeten Russland zu schützen".

Und er stellt eine weitere wichtige Verbindung her:

Im Jahre 2009, kurz nach der Ablehnung der Katar-Pipeline, begann die CIA, wie WikiLeaks-Dokumente zeigen, Oppositionsgruppen in Syrien zu unterstützen.

Als Kronzeugen für die beträchtliche CIA-Unterstützung der syrischen Milizen - die, wie sich langsam auch als Erkenntnis bei der New York Times durchsetzt, allesamt mit al-Qaida auf die ein oder andere Art verflochten sind - führt Kennedy eine Aussage des US-Ministers Kerry vor dem Kongress an, die das Interesse der saudischen und der katarischen Partner am Umsturz dokumentiert ("Wir zahlen alles"). Und zur Zusammenarbeit der CIA mit diesen Ländern zitiert er aus Seymour Hershs Recherchen.

Kritik aus dem "Establishment"

Das kann man mittlerweile als "Allgemeinwissen" derjenigen bezeichnen, die sich über den Syrien-Krieg genauer informieren - in vielen Medien hat das noch den Ruch der "Verschwörungstheorie" und wird entsprechend ignoriert oder hochnäsig abgetan.

An dem Bericht Kennedys ist interessant, dass er den Rahmen weitersteckt; zeitlich, indem er erwähnt, dass US-Pläne zum Regime-Change in Syrien schon länger datieren. Dabei geht er nicht nur bis 2001 oder zu den Long-War-Ideen aus dem Jahr 2008 zurück, sondern bis ins Jahr 1949. Womit er auch politisch einen weiterreichenden Kontext der US-Interessen im Nahen Osten absteckt.

Im großen Bild unterlaufen ihm manche Ungenauigkeiten. Wenn er etwa die massenhafte Flucht, die Europas Politik unversehens eng mit der syrischen Tragödie verband und vor ganz neue Herausforderungen stellt, auf das Jahr 2014 datiert. Kritiker dürften einige Stellen finden, an denen sie ansetzen können, um diesen Angriff auf die übliche konsentierte Syrien-Story, so gut es geht, abzuwehren.

Aber festzustellen ist, dass eine US-kritische Sicht auf den Syrien-Konflikt und damit verbundene Absichten mit Kennedy einen Protagonisten bekommen hat, der wegen seiner Familie zum politischen Establishment gerechnet wird.

Selbst wenn diese Familie kaum mehr eine Rolle in der gegenwärtigen politischen Klasse Washingtons spielt, so erzielt die Stimme eines Kennedy doch noch eine gewisse Aufmerksamkeit. Was sich auch in Deutschland zeigt.