Syrien: Erste französische Luftangriffe auf Raqqa
Paris pocht auf eine politische Lösung mit einer Übergangsregierung, lässt allerdings verstehen, dass Baschar al-Assad noch eine Weile an der Macht bleiben könnte
Die französische Luftwaffe hat die ersten Angriffe auf Ziele in Syrien ausgeführt, berichten heute Medien im Nachbarland. Der Elysée-Palast hat demnach am heutigen Sonntag bekannt gegeben, dass auf Basis der Aufklärungsflüge der letzten beiden Wochen Angriffe unternommen wurden. Über die Ziele und Zeitpunkte wurde von offizieller Seite noch nichts mitgeteilt.
Nach Informationen der Zeitung Le Monde fanden die Angriffe am vergangenen Donnerstag statt und hatten Raqqa zum Ziel. Laut Hinweisen, die zuvor aus Kreisen des Verteidigungsministeriums verlautet wurden, standen Kommandozentren, logistische Zentren und Ausbildungslager im strategischen Visier.
In Paris legt man viel Wert auf die "Autonomie" des französischen Einsatzes. Zwar fänden diese in Absprache mit den Partnern der Anti-IS-Koalition, vornehmlich mit den USA, statt, aber es sei abgemacht, dass Frankreichs Militärführung aufgrund eigener Informationen und eigener Einschätzungen die Angriffsziele selbst bestimme (nicht dazu gehört übrigens die Nusra-Front, die hat man als Angriffsziel ausgeschlossen).
Hingewiesen wird darauf, dass durch das verstärkte Engagement Russlands in Syrien auch eine kommunikative Absicherung mit der syrischen Luftwaffe nötig werde. "Der Himmel über Raqqa ist potenziell überfüllt", merkt Le Monde dazu an. Sei man zuvor davon ausgegangen, dass die syrische Luftwaffe nicht in dem für französische Luftangriffe vorgesehenen Raum aktiv sei, würde die verstärkte Unterstützung Russlands ein paar Fragezeichen setzen, lässt der Zeitungsbericht verstehen.
Laut Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian gibt es keine Absprachen, weder mit der syrischen noch mit der russischen Regierung («aucune » information réciproque avec les Russes et les Syriens).
Politisch pocht Staatspräsident Hollande weiter darauf, dass die militärischen Operationen in Syrien nicht die Macht Baschar al-Assads stärken dürften, er drängt auf eine Übergangsregierung mit "Elementen des gegenwärtigen Regimes und der moderaten Opposition".
Wie Hollande war auch Außenminister Fabius am Wochenende in New York für Gespräche. Fabius Aussage vor der Presse lässt die Möglichkeit offen, dass der syrische Staatspräsident noch eine Weile an der Macht bleibt: Baschar al-Assad könne "nicht ewig" Syrien regieren, aber derzeit komme es ganz darauf an, Verhandlungen über eine politische Übergangslösung zu finden.
Da bisherige Verhandlungen zu einer Lösung für Syrien, welche die Opposition einschlossen, gegen die Wand fuhren, weil die Forderung des Rücktritts Baschar al-Assads ins Zentrum gehoben wurde, ist auch an dieser Formulierung zu erkennen, dass die westlichen Mitglieder politisch nun andere Spielräume erkunden. Das hatte auch die Kanzlerin Merkel am Freitag angedeutet, als sie davon sprach, dass Gespräche mit Assad nötig seien.
Demgegenüber wird aber auch öffentlicher Druck aufgebaut, der sich in Artikeln wie zum Beispiel im britischen Economist äußert , und eindeutig gegen jede Vereinbarung mit Assad argumentiert. Zugleich wird einer stärkeren militärischen Intervention das Wort geredet. Auch Russland wird in der stark vereinfachten Darstellung des Konflikts, die sämtliche westlichen und arabischen Proxy-Interventionen, die seit langem stattfinden, unterschlägt, nicht als Partner einer Lösung gesehen, sondern als Gegner einer Konfrontation.