Syrien: Russische Luftwaffe versetzt al-Nusra-Führung einen schweren Schlag

Seite 2: Streit zwischen Russland und den USA über al-Nusra/al-Qaida

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In einem größeren Kontext gehört zum russischen Angriff hinzu, dass al-Nusra seit langer Zeit ein neuralgischer, zentraler Streitpunkt zwischen den USA und Russland ist. Man erinnere sich beispielsweise an die Versuche zwischen den Außenministern Lawrow und Kerry, beim Kampf um Aleppo ein gemeinsames Vorgehen abzusprechen. Dass es scheiterte, lag, wie die russische Führung mehrmals betonte, nicht zuletzt daran, dass sich die USA nicht eindeutig auf ein entschiedenes Vorgehen gegen die al-Nusra-Front festlegen wollte.

In der jüngsten Zeit kamen erneut Vorwürfe auf den Tisch, dass die USA ein zweideutiges Verhalten gegenüber Terrorgruppen zeigen. Außenminister Lawrow wirft den USA in einem aktuellen Interview zum wiederholten Mal vor, dass sie in diesem Zusammenhang eine Politik der "doppelte Standards" betreiben.

Der Vorwurf läuft im Kern darauf hinaus, dass immer wieder überraschend Angriffe seitens des IS oder auch der al-Nusra, wie kürzlich in Hama (ausführlicher hier) erfolgen, welche den Vormarsch syrischer Truppen und ihrer Verbündeten im Südosten Syriens behindern, da sich diese Kräfte dann wieder anderen Fronten widmen müssen. Lawrow vermutet hinter den Angriffen der al-Qaida-Brüder eine Kooperation der USA mit den Dschihadisten.

Gute Geheimdienstarbeit gegen Dschihadisten

Zum Angriff auf das al-Nusra-Spitzen-Treffen gehört neben der Entschlossenheit zum Angriff, den die USA in dieser Form gegenüber der al-Nusra-Front nicht an den Tag legten, eine gute Geheimdienstarbeit.

Dass dies möglich war, hängt höchstwahrscheinlich damit zusammen, dass Russland, anders als die USA, mit der syrischen Regierung im Bund ist. Daraus ergeben sich ganz andere Kontakte und Möglichkeiten, als sie die USA haben.

Grundlegende Fehler

Dieser große Unterschied in der Stellung zu Baschar al-Assad zeigt sich nicht nur militärisch, sondern auch in der politischen Gestaltungsmacht. Auf Seiten der USA, ihrer Partner in Europa und unter den Golfstaaten, vornehmlich Saudi-Arabien und Katar, setzte man aufgrund elementarer Fehleinschätzungen oder einer groben Nichtkenntnis Syriens, wie sie bei Fabrice Balanche (weder "Putinist", noch "Assadist") in seiner kurzen Geschichte des Syrien-Kriegs bis 2015 im Detail nachzulesen sind, auf die Absetzung der syrischen Regierung unter Baschar al-Assad.

An diesen Leitfaden hielten sich auch die Genfer Gespräche, die zuverlässig an der Frage, wie mit Baschar al-Assad umgegangen werden soll, scheiterten - weil dies nicht mit der Realität in Syrien korrespondierte. Dagegen waren die Astana-Vereinbarungen wirksam. Das hat mehrere Gründe, aber die Basis ist die Zusammenarbeit mit Baschar al-Assad.

Während westliche Medien und Politiker sich gegenseitig noch immer bezüglich der Menschenrechte - die ihnen in anderen Ländern bedeutend weniger wert sind - gegenseitig Recht gaben mit der Forderung, dass Baschar al-Assad fraglos ein Krimineller ist und irgendwann auf jeden Fall weg muss, orientierten sich die Länder, die Einfluss auf die militärische Situation in Syrien haben, daran, ihre Vorstellungen von einem allmählichen Übergang zu stabileren Verhältnissen vor Ort durchzusetzen.

Das hieß zunächst und bestimmt noch für einige Zeit vor allem, den Dschihadisten militärische Niederlagen zu bereiten, deren Aktivitätsräume zu begrenzen und ihnen das Wasser abzugraben. Der wankelmütige Kandidat hier ist die Türkei, dass dieses Land als Garantiemacht der Opposition zur Kontrolle der Opposition mithineingenommen wurde, zeugt auch vom Realitätssinn der Astana-Konzeption.

Wie wenig der Realismus hierzulande verstanden wurde, war in Berichten nachzulesen, die mutmaßten, dass in der Aufteilung Syriens in die "Deeskalationszonen" das nächste Zeichen des Machtverfalls der syrischen Regierung zu sehen sei. Die Gefahr bestand nur so lange, wie die USA Aussicht darauf hatte, tatsächlich ein großes Einflussgebiet in Syrien zu behalten. Danach sieht es nicht mehr aus.

Militärische Erfolge politisch absichern

Der andere Vorwurf, der von Kommentatoren im Zusammenhang mit Astana Richtung Russland geäußert wurde, war, dass Russland zwar zugebenermaßen militärisch Erfolg habe, aber es sei in alledem kein wirkliches politisches Geschick zu erkennen.

Nun steht im Kreml ein Besuch des saudi-arabischen Königs an. Es wird um Öl gehen, Investitionen und Syrien, berichtet Business-Insider. Saudi-Arabien gehörte zu den Geldgebern der dschihadistischen Opposition, auch wenn die Regierung in Riad freilich bestreitet, Dschihadisten der al-Qaida geholfen zu haben. Die dauernden Namensänderungen der al-Nusra-Front wie auch ihre formelle Lossagung von al-Qaida dürften manche Hindernisse zur Seite geräumt haben, zudem gibt es genügend Kanäle, um derartige Hilfen über Privatpersonen laufen zu lassen.

Dass sich König Salman bin Abdulaziz Al Saud nach Moskau begibt, ist schon ein gewisses Zeichen dafür, dass Russland darauf achtet, militärische Erfolge auch diplomatisch abzusichern.