Taliban wollen Abschiebe-Deal mit Bundesregierung
Islamisten-Regime will Kooperation: Afghanen sollten nicht in Drittländer abgeschoben werden, meint man in Kabul. Was versprechen sich die Taliban davon?
Die bisher nicht anerkannte Taliban-Regierung in Afghanistan hofft auf "normale konsularische Kontakte" mit der Bundesregierung in Berlin. Anlass ist die Regierungserklärung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), in der er am Donnerstag die Absicht äußerte, Schwerkriminelle auch dann abzuschieben, wenn sie aus Ländern wie Afghanistan oder Syrien stammen.
Kabul beobachte "die Entscheidung, afghanische Staatsangehörige aus Deutschland abzuschieben", erklärte Abdul Qahar Balkhi, Sprecher des Taliban-Außenministeriums, am Freitag auf der Plattform X und äußerte die Hoffnung, dass das Problem über diplomatische Kanäle gelöst werde.
Taliban-Ministerium: Afghanen nicht in Drittländer abschieben
Zudem verlangte er, dass die Betroffenen "nicht unter dem einen oder anderen Vorwand oder entgegen allen etablierten Konventionen einem Drittland übergeben werden und dort ein unbekanntes Schicksal erleiden".
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Taliban-Hoffnung auf Abschiebe-Deal: Was würde mit Betroffenen passieren?
Die Regierung in Kabul fordere "die deutschen Behörden auf, die Angelegenheit im Rahmen normaler konsularischer Kontakte und eines geeigneten Mechanismus auf der Grundlage bilateraler Vereinbarungen zu regeln".
Abschiebeplan als Reaktion auf islamistischen Terror
Laut Scholz arbeitet das Bundesinnenministerium an Gesetzesänderungen und praktischen Schritten, um die Abschiebung afghanischer Staatsangehöriger zu ermöglichen, wenn sie an Terrorattacken beteiligt waren oder andere schwere Straftaten begangen haben.
Hintergrund ist die Messerattacke eines aus Afghanistan stammenden Islamlisten vergangene Woche in Mannheim, die für den Polizisten Rouven L. tödlich ausgegangen war.
Im Bundestag hatte die Grünen nach Scholz’ Ankündigungen Bedenken geäußert, ob diese sich praktisch umsetzen ließen. "Menschen, die schwere Straftaten begehen, müssen nach Verbüßung der Strafe abgeschoben werden", hatte die Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann erklärt.
Warnung vor Legitimation des Taliban-Regimes
Fraglich sei nur, ob man mit dem islamistischen Taliban-Regime in Afghanistan über ein Abschiebeabkommen verhandelt werden könne. "Auch wird zu klären sein und zu prüfen sein, für welches Drittland es attraktiv sein soll, Terroristen oder schwere Straftäter aufzunehmen", so Haßelmann.
Vor einem Deal mit den Taliban warnte am Freitag unter anderem die Oppositionspolitikerin Nicole Gohlke (Die Linke): Ein Abkommen mit Deutschland werde dem Regime Legitimation verschaffen. Für manche Abgeschobenen könne es dagegen Folter oder sogar Tod bedeuten, schrieb die Bundestagsabgeordnete auf X.
Potenziell wären wohl nicht nur politische Freunde der Taliban betroffen.