Tausende Menschen gegen WTO, Krieg und Castor

Weltweit Proteste – von Berlin bis nach Katar

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Zehntausende Menschen gingen am Samstag auf die Straße. Während sich der Protest in Europa primär gegen das WTO-Treffen und den Krieg in Afghanistan richtete, baute sich in Deutschland aus aktuellem Anlass eine weitere Front auf. Hier mobilisierten außerdem Atomkraftgegner. Die Öko-Aktivisten setzen ihren langen Kampf gegen Castor fort. Die Globalisierungskritiker signalisierten, dass sie sich auch nach dem 11. September nicht mundtot machen lassen wollen.

In Genf, wo die WTO ihren Hauptsitz hat, demonstrierten etwa 7.000 Menschen gegen das Welthandelstreffen im arabischen Emirat Katar. Auch in Paris marschierten etwa 8.000 Menschen mit Spruchbändern wie "Die Welt ist keine Handelsware" und "WTO – der Rinderwahnsinn des Kapitals". Unter den Teilnehmern befanden sich auch grüne Spitzenpolitiker und der Präsident der Kommunistischen Partei Frankreichs, Robert Hue.

Mobilisierungskraft legten speziell die italienischen Globalisierungskritiker an den Tag. Während Staatschef Berlusconi zum "USA Day" aufrief und eine pompöse Show initiierte, versammelten sich Tausende Italiener, um gegen den Krieg und das WTO-Treffen aufzutreten. Seit Berlusconi vergangene Woche durchsetzte, dass mehrere tausend Soldaten die Amerikaner in ihrem "Kampf gegen den Terror" unterstützen sollen, werfen ihm Kritiker vor, er wolle sich damit einen wichtigen Platz in der internationalen Polit-Liga erkaufen, der im seit seinem Amtsantritt versagt geblieben ist.

"Globalize Peace"

Wie in Italien spielte auch in Deutschland eine mögliche Beteiligung heimischer Soldaten an den Kriegshandlungen in Afghanistan bei den Protesten, die ursprünglich nur gegen den WTO-Gipfel geplant waren, eine bedeutende Rolle. So zogen die Berliner Aktivisten mit dem Slogan "Gegen Krieg und WTO" durch die Straßen. Transparente die Bundeskanzler Schröder als Kriegsherrn zeigten, waren keine Seltenheit. "Globalize Peace", geradezu ein tiefsinniges Wortspiel, das die Brücke zwischen Globalisierungskritik und Kriegsgegnerschaft schlägt, war ebenfalls auf einem Plakat zu lesen.

In weiteren siebenundzwanzig deutschen Städten kam es zu Kundgebungen. Indymedia Deutschland hatte wieder einmal Hochkonjunktur und brachte einen Newsticker auf die Frontpage, um den Ereignissen medial Herr zu werden. Das beherrschende Thema neben Krieg und WTO wieder einmal Castor, der ab Montag wieder rollen soll.

Die Atomkraftgegner wollen mit Sitzblockaden den Castor-Transport behindern. Die Öko-Aktivisten warnen seit den Terroranschlägen in den USA zudem davor, dass AKW’s ein enormes Risikopotenzial darstellen. Ein terroristisch motivierter, gezielten Flugzeugabsturz auf ein AKW würde in einen Supergau münden.

Mini-NGO-Protest in Katar

Während sich die Proteste in Deutschland gegen Krieg, allzu freien Handel und Atomkraft richteten, konzentrierte sich die bis dato einzig bekannte Aktion in Doha (Katar) selbstredend auf das WTO-Treffen. Wie auf der Hauptpage des internationalen Indymedia-Netzwerkes zu lesen ist, versammelten sich 65 mutige NGO-Vertreter vor dem Sheraton-Hotel. Schenkt man dem auf Indymedia publizierten Artikel Glauben, so blockierten die WTO-Gegner das Doha Sheraton Hotel, als Robert B. Zoellick, der US-Trade-Representative, dort eine Pressekonferenz abhielt. Nachdem Zoellick den Hinterausgang benutzen musste, endete dem Bericht zufolge der Protest friedlich. Die NGO-Vertreter hätten mit ihrem Auftritt dem Sicherheitspersonal in Katar sogar ein Schmunzeln entlocken können. Die Security-Organe wären freundlich und außerdem unbewaffnet gewesen, berichtet Indymedia.

Weltweit verliefen die Kundgebungen durchwegs friedlich. Auf jeden Fall setzten die Globalisierungskritiker mit dem diesjährigen "Global Action Day" ein deutliches Signal, dass die Kritik der Bewegung nicht einfach unter dem Deckmantel der "Anti-Terror-Kampagne" quasi entsorgt werden kann. Französische Aktivisten verwahrten sich explizit gegen jegliche Kriminalisierung der Bewegung, zumal die USA inzwischen auch vereinzelte "anarchistische Antiglobalisierungsgruppen" neben Al-Qaida zu Terrorgruppen zählt. In einem Flugblatt der Aktivistengruppe ATTAC heißt es dagegen: "Eine andere Welt ist nicht nur möglich, sondern angesichts der politischen Situation weltweit auch bitter nötig."