Technologie-Start-ups entwickeln neue Methoden, der Atmosphäre CO2 zu entziehen
Kohlendioxid muss aus der Atmosphäre entzogen werden, damit Klimaziele eingehalten werden können. Es bildet sich ein neuer Markt dafür – aber ist er zukunftsfähig?
Klimaschutz könnte sich in den kommenden Jahren für viele Unternehmen zu einem lukrativen Geschäftsfeld entwickeln. Wer der Atmosphäre Kohlendioxid entzieht, erhält im Rahmen des CO2-Handels Gutschriften, die auf dem Markt einen Geldwert haben.
Experten gehen laut Reuters davon aus, dass die Nachfrage nach Gutschriften, die die technische Entfernung von Kohlendioxid aus der Atmosphäre repräsentieren, deutlich steigen wird.
Der Grund: Unternehmen aus so unterschiedlichen Branchen wie Technologie, Finanzen, Chemie und Luftfahrt könnten durch marktfreundliche Anreize angelockt werden. Das geht laut Reuters aus einer Analyse von CDR.fyi hervor, einem Branchenbeobachter für die Reduzierung von Kohlendioxid.
Technologie gegen den Klimawandel
Viele Wissenschaftler sind sich einig, dass es nur einen Weg gibt, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen: Milliarden Tonnen CO2 müssen jedes Jahr der Atmosphäre entzogen werden, auf natürlichem oder technischem Weg.
Um dieser Herausforderung zu begegnen, entwickeln Start-ups neue Technologien, die das Treibhausgas absorbieren und handelbare Emissionsgutschriften erzeugen. Diese können Unternehmen kaufen, um ihre eigenen Emissionen auszugleichen.
Allerdings sind die Kosten für diese neuen Methoden noch deutlich höher als für traditionelle Methoden zur Generierung von Emissionsgutschriften wie Waldschutzprojekte oder die Finanzierung von Projekten zur Nutzung erneuerbarer Energien.
Politische Unterstützung und Skepsis
Emissionsgutschriften sind nicht unumstritten. Kritiker sehen in ihnen eine moderne Form des Ablasshandels. Sie befürchten, dass Unternehmen weiterhin die Umwelt verschmutzen, wenn sie Gutschriften auf dem Markt erwerben können.
Dennoch besteht der politische Wille, Unternehmen zu ermutigen, der Atmosphäre CO2 zu entziehen. Die US-Regierung hat mit dem Inflation Reduction Act steuerliche Anreize dafür geschaffen. Die Europäische Kommission hat ebenfalls einen Rahmen für die Zertifizierung von CO2-Reduktionen in Europa vorgeschlagen.
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Der Markt für Emissionsgutschriften
Die Daten von CDR.fyi zeigen nun, dass bis 2023 Gutschriften für rund 4,6 Millionen Tonnen Kohlendioxid gekauft werden. Sie stammen aus einer Vielzahl von Projekten zur technischen CO2-Entnahme. Für rund 118.000 Tonnen liegt eine Bestätigung von externen Zertifizierungsunternehmen vor. Damit ist der Nachweis erbracht, dass der Kohlenstoff tatsächlich abgeschieden wurde.
Bisher hat eine kleine Gruppe von Unternehmen, darunter der Marktführer Puro.earth, der sich im Besitz von Nasdaq und Isometric befindet, Standards für die Bewertung der Gutschriften entwickelt. Diese Unternehmen hoffen, damit das Vertrauen der Käufer für Investitionen zu stärken.
"Wir brauchen vertrauenswürdige Überwachungs-, Berichts- und Verifizierungssysteme, die qualitativ hochwertige Emissionsgutschriften generieren … Auf diese Weise können wir private Investitionen in Geschwindigkeit und Umfang freisetzen", sagte Anu Khan, ein Experte für Kohlenstoffreduzierung bei der in Washington ansässigen Non-Profit-Organisation Carbon180, laut Reuters.
Im vergangenen Jahr entfiel der größte Teil der ausgegebenen Gutschriften auf Biokohle. Laut CDR.fyi betrug ihr Anteil rund 93 Prozent.
Die Rolle von Biokohle und die Zukunft anderer Verfahren
Biokohle wird in einem technisch relativ einfachen Verfahren hergestellt. So werden etwa landwirtschaftliche Abfälle in Holzkohle umgewandelt, für die das jeweilige Unternehmen Gutschriften erhält.
Puro will nun auch Standards für andere Technologien festlegen, etwa für die "fortgeschrittene Verwitterung" von Gestein, um die Kohlenstoffaufnahme zu fördern. Oder für den Einsatz von Chemikalien, um Kohlenstoff aus der Umgebungsluft zu binden. In der Zwischenzeit hat Isometric dasselbe für das "Bio-Öl" getan, das Abfälle in eine Flüssigkeit umwandelt, die in den Boden injiziert werden kann.
Die meisten Zertifizierungen wurden bisher von Puro erteilt. Im Jahr 2023 wurden sie für eine Menge ausgestellt, die einem Ausstoß von 65.026 Tonnen Kohlendioxid entspricht. Damit hat sich die Menge fast verdoppelt.
Das Unternehmen geht davon aus, dass die Menge der Zertifikate in diesem Jahr noch weiter steigen wird, auf rund 400.000. In den kommenden Jahren rechne man mit Wachstumsraten von fast 100 Prozent, sagte Puro-CEO Antti Vihavainen laut Reuters.
Es ist jedoch fraglich, ob der Markt für solche Zertifizierungen lebensfähig ist. Große Investoren könnten sich zurückziehen. Auch die hohen Kosten für moderne Technologien schrecken ab. Zum Vergleich: Die Gutschrift für Biokohle liegt bei 140 US-Dollar pro Tonne, während Bioöl-Gutschriften rund 600 US-Dollar pro Tonne kosten können.
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