"Terror" im Fernsehen
Seite 2: Entscheidung zwischen falsch und fälscher
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Der vierte und letzte Gast war die Theologin und designierte Regionalbischöfin in Hannover Petra Bahr. Diese tendierte zwar eher zu schuldig, wiederholte aber mehrmals, dass beide Entscheidungen für oder gegen den Abschuss nicht richtig, sondern nur "falsch und fälscher" seien. Einzelne könnten jedoch für ein höheres Gut Schuld auf sich laden.
Dabei berief sie sich auch auf die in NS-Gefangenschaft entwickelte Ethik Dietrich Bonhoeffers, die die Möglichkeit der Tötung zur Verhinderung eines größeren Unheils bejaht, beispielsweise beim Tyrannenmord.
Der wesentliche Streit entwickelte sich, wie zu erwarten, zwischen Jung und Baum. Ersterer argumentierte vor allem unter der Prämisse, dass die Flugzeugpassagiere bereits dem Tode geweiht gewesen seien. Ferner würde in anderen Fällen Leben gegen Leben abgewogen, wenn beispielsweise die Geburt eines Kindes unausweichlich zum Tod der Mutter führen würde und man dieses daher abtreibe oder töte.
Baum hingegen betonte, dass man Leben nicht gegen Leben aufrechnen dürfe. Auch die Flugzeugpassagiere würden grundgesetzliche Menschenwürde und Schutz des Lebens genießen. Außerdem gebe es bis zum Schluss keine Gewissheit darüber, ob es wirklich zum Absturz der Maschine komme und dabei die Menschen im Stadion wirklich zu Tode kämen. Der Staat dürfe unter keinen Umständen wenige Unschuldige für viele opfern.
Fatale Verwechslung
Fatal ist sowohl an dem Theaterstück, wie der Bundesrichter Thomas Fischer bereits kritisierte, als auch in der an den Film anschließenden Diskussion, dass ganz verschiedene Fragen miteinander vermischt werden:
Wie ist die Entscheidung des konkreten Bundeswehrpiloten für den Abschuss moralisch und strafrechtlich zu bewerten? In wessen Verantwortlichkeit, Polizei oder Militär, fällt der Schutz der Bevölkerung vor Terroranschlägen? Unter welchen Umständen, wenn überhaupt, darf die Bundesregierung, ein Teil von ihr oder ein anderes staatliches Organ Unschuldige zum Abschuss freigeben? Was passiert, wenn eine Führungsperson der Staatsgewalt ohne beziehungsweise gegen das Gesetz so einen Abschuss befiehlt?
Tatsächlich bediente sich von Schirach für "Terror" eines bekannten ethischen Dilemmas, das bereits seit den 1950er Jahren in der Rechtswissenschaft, Moralphilosophie und in jüngerer Zeit sogar Psychologie und Hirnforschung untersucht wird. Die Hintergründe und möglichen Lösungsvorschläge dieses Dilemmas werden im zweiten Teil diskutiert.
Bei Telepolis erschien bereits das Buch Die Neurogesellschaft, in dem Stephan Schleim die hier besprochenen moralischen Problemfälle ausführlicher diskutiert. Dabei steht die Frage im Mittelpunkt, wie neuere Befunde aus der Hirnforschung Recht und Moral herausfordern.
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