Tierhaltung verbessern und Pestizide reduzieren
Seite 2: Ökolandbau soll bis 2030 auf 30 Prozent anwachsen
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Bereits Ende November legte die neue Bundesregierung die künftigen agrarpolitischen Eckpunkte fest: Unter anderem wurde eine verbindliche Tierhaltungskennzeichnung ab 2022 vereinbart, die auch für Transport und Schlachtung gelten soll. Der Tierbestand soll sich an der Fläche orientieren, auch die Anbindehaltung soll spätestens in zehn Jahren beendet sein.
Den Stallumbau in tiergerechtere Ställe dürfen alle Marktteilnehmer finanzieren. Im Inland ist der Transport von Schlachttieren nur noch auf ausgewiesenen Routen mit Versorgungssystemen zugelassen. Der Einsatz von Antibiotika soll weiter gesenkt werden.
Zudem müssen für den ökologischen Umbau entsprechende Forschungsgelder bereitgestellt werden. Pflanzenschutz soll künftig keine Umweltschäden mehr verursachen, und deren Zulassung soll transparenter und nach wissenschaftlichen Erkenntnissen erfolgen, heißt es.
Glyphosat wird bis Ende 2023 vom Markt genommen. Überhaupt soll es mehr Alternativen zum chemischen Pflanzenschutz geben. Für Trinkwasserschutzgebiete sind Erschwerniszulagen vorgesehen. Und auch die Zucht klimaresistenter Pflanzensorten wird unterstützt.
Immerhin ist der Anteil der ökologisch bewirtschafteten Flächen bereits auf 9,6 Prozent gestiegen.
Eine Reihe der genannten Punkte sind gar nicht so neu. Bereits frühere Agrarminister scheiterten bei deren Umsetzung an den allgegenwärtigen Hürden. So auch die ehemalige Ministerin Renate Künast, die bereits vor 20 Jahren eine Erhöhung des Ökolandbaus um 20 Prozent gefordert hatte.
An dieser Forderung will Özdemir nun also wieder anknüpfen. Bauernpräsident Joachim Rukwied wertete Özdemirs Prominenz positiv. Er sei ein pragmatischer Politiker. Dies sei eine gute Grundlage für eine gedeihliche Zusammenarbeit, erklärte er.
Weniger Landwirtschaftsbetriebe mit größeren Flächen
Nach Einschätzung des Statistischen Bundesamtes nimmt das Tempo des "Strukturwandels"- gemeint ist das Höfesterben - zwar ab, dennoch bleibt die Entwicklung besorgniserregend. So gibt es aktuell noch 263.500 landwirtschaftliche Betriebe, 35.600 weniger als noch vor zehn Jahren. Pro Jahr geben im Schnitt 3.560 Betriebe auf.Laut Statistischem Bundesamt sind die landwirtschaftlichen Betriebe so groß wie noch nie. So liegt die durchschnittliche Betriebsgröße bei 63 Hektar, und hat damit im Schnitt sieben Hektar mehr als vor zehn Jahren.
Im Osten Deutschlands hingegen geht die durchschnittliche Betriebsgröße leicht zurück. Das liegt unter anderem daran, dass neu gegründete Betriebe eher geringere Betriebsgrößen aufweisen. Der überwiegende Anteil der insgesamt 225.400 landwirtschaftlichen Betriebe bewirtschaftet eine Fläche von höchstens 100 Hektar. Allerdings ging deren Anzahl seit 2010 um knapp 40.100 zurück.
Dem gegenüber ist die Zahl der Betriebe mit einer genutzten Landwirtschaftsfläche von mehr als 100 Hektar seit 2010 um etwa 4.500 auf rund 38.100 Betriebe angewachsen. Insgesamt blieb die landwirtschaftlich genutzte Fläche mit 16,6 Millionen Hektar nahezu konstant.
Von März 2019 bis Februar 2020 arbeiteten hierzulande 936.900 Arbeitskräfte in der Landwirtschaft, 13 Prozent weniger als 2010. Knapp die Hälfte davon waren Familienarbeitskräfte in Einzelunternehmen. Derzeit arbeiten 229.300 ständig angestellte Arbeitskräfte und 271.500 Saisonarbeitskräfte in landwirtschaftlichen Betrieben.
Darüber hinaus wird der Nebenerwerb immer wichtiger. Zunehmend werden von diesen Arbeitskräften auch andere Tätigkeiten ausgeführt, mit denen die Betriebe zusätzliche Einkommen generieren. So müssen immer mehr Landwirte immer größere Anteile ihres Einkommens außerhalb der Landwirtschaft erwirtschaften.
So gaben im vergangenen Jahr rund 42 Prozent aller Betriebe an, Umsätze aus zusätzlichen, auf dem Hof betriebenen Aktivitäten zu erwirtschaften. Zehn Jahre vorher taten dies nur 31 Prozent. Bei mehr als einem Fünftel trugen die Umsätze aus den zusätzlichen Einkommensquellen bereits die Hälfte oder mehr zum Gesamtumsatz des jeweiligen Betriebes bei. Vor zehn Jahren traf dies nur auf 13 Prozent aller Betriebe zu. Am häufigsten werden Zusatzeinkommen aus Arbeiten in der Forstwirtschaft sowie in aus der Verarbeitung von Holz bzw. aus der Erzeugung erneuerbarer Energien generiert.
Das Höfesterben ausbremsen
Zunächst stand auf der Kippe, ob das Bundeslandwirtschaftsministerium als eigenständiges Ministerium erhalten bleiben soll. So wurde diskutiert, das Umwelt- und Landwirtschaftsministerium zusammenzulegen. Bauernpräsident Rukwied hatte die Pläne, den gesundheitlichen Verbraucherschutz vom Agrar- in das Umweltressort zu übertragen, von vornherein scharf kritisiert. Nun bleibt es also bei getrennten Ministerien.
Dass die Ministerien für Landwirtschaft und Umwelt jeweils derselben Partei (den Grünen) angehören, freut zumindest Torsten Staack von der Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands. Damit wären die Grabenkämpfe zwischen den beiden Ministerien, die in der Vergangenheit das Handeln gelähmt hätten, beendet, ist er sich sicher.
Auch immer mehr Schweinehalter geben ihre Betriebe auf. Gab es im Mai 2019 noch 21.600 Schweine haltende Betriebe, so waren es zwei Jahre später 1.900 Betriebe weniger. Am 3. Mai 2021 wurden in Deutschland knapp 24,7 Millionen Schweine gezüchtet, 779.100 Tiere weniger als ein Jahr zuvor.
Mit Cem Özdemir werde ein politisches Schwergewicht ins Ministerium für Ernährung und Landwirtschaft einziehen, ist sich AbL-Bundesgeschäftsführer Georg Janßen sicher. Auch wenn dieser, ebenso wie seine Vorgänger, nicht gerade als gelernter Experte des Ackerbaus und der Tierhaltung auffalle. Die Frage ist, ob der neue Agrarminister gemeinsam mit den Bäuerinnen und Bauern die wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Herausforderungen meistern wird. Dies bleibt nun abzuwarten.