Tigermücken, Zecken und Vibrionen: Warum der Sommer krank machen kann

Seite 2: Vibrionen verbreiten sich in Nord- und Ostsee

Doch nicht nur krankheitsübertragende Mücken und Zecken können sich in einem wärmeren Klima besser ausbreiten, auch andere Erreger finden damit bessere Bedingungen. Eine wachsende Gefahr stellen auch Vibrionen dar. Das sind Bakterien, die in salzhaltigem Wasser leben und natürlicherweise in Nord- und Ostsee vorkommen.

Auch die Cholera gehört zur Gattung der Vibrionen, für Deutschland warnt das RKI aber vor allem, dass sich Nicht-Cholera-Vibrionen stärker vermehren könnten. Die Bakterien können, wenn sie durch Wunden – die manchmal von den Betroffenen gar nicht bemerkt waren – in die Haut eindringen und schwere Wundinfektionen auslösen.

Bei immungeschwächten Personen könne es zu Blutvergiftungen bis zu Todesfällen kommen, erläutert Stark. In warmen Sommern der letzten 20 Jahre wurden dem RKI bis zu 20 Vibrioneninfektionen pro Jahr gemeldet.

"Nicht-Cholera-Vibrionen vermehren sich vor allem bei einem Salzgehalt von 0,5-2,5% und ab einer Temperatur von über 20 °C stark. Diese Bedingungen sind in warmen Sommern auch an Teilen der deutschen Nord- und Ostseeküste gegeben", informiert das RKI. Die Tage, an denen diese Bedingungen herrschen, werden mit der Klimaerwärmung zunehmen. Wie stark das die Zahl der Vibrioneninfektionen verändern wird, dazu wagt man jedoch derzeit noch keine Prognose.

Verbesserte Bedingungen finden auch Rötelmäuse, die ein potenzieller Zwischenwirt für das Hantavirus sind. Die Mäuse selbst erkranken nicht, scheiden die Viren aber über Kot und Urin aus. Die Viren können selbst in den getrockneten Ausscheidungen noch wochenlang überleben, Menschen stecken sich an, wenn sie Stäube dieser Ausscheidungen einatmen.

Rötelmäuse kommen vor allem auf der Schwäbischen Alb, in Bayern und im Bayerischen Wald vor, aber auch in einzelnen Gebieten Nord- und Mitteldeutschlands. In einzelnen Jahren hat es laut RKI in der Vergangenheit bereits bis zu 3.000 Ansteckungen mit dem Hantavirus gegeben.

Klimawandel begünstigt Antibiotikaresistenzen

Die Klimaerwärmung birgt zudem das Potenzial, Antibiotikaresistenzen zu verstärken, wie Marina Treskova, Wissenschaftlerin am Climate-Sensitive Infectious Diseases lab der Universität Heidelberg erläutert:

Antibiotikaresistenzen von Bakterien verbreiten sich nicht nur in Menschen und in Tieren, sondern auch in der Umwelt. Zum Beispiel in verschiedenen Gewässern und in Abwasseranlagen. Die Bakterien brauchen bestimmte Bedingungen, und die Erwärmung von Wasser oder die Temperatur des Oberflächenwassers schafft ihnen gute Möglichkeiten.

Zusätzlich gute Verbreitungsbedingungen finden die Bakterien durch immer mehr Plastikpartikel in der Umwelt. Auf diesen können die Krankheitserreger über größere Strecken reisen und sich so auch in neuen Gebieten heimisch werden.

Zudem bestehe bei starken Niederschlägen die Gefahr, dass Abwasserkanäle überflutet werden und damit Menschen und Tiere in Kontakt zu ungereinigten Abwässern und den darin enthaltenen Bakterien kommen, warnt Treskova.

Woran noch geforscht werden muss

Die Autoren des RKI-Berichts plädieren zunächst für ein besseres Monitoring neuer, klimabedingter Infektionsrisiken und sehen einen hohen Forschungsbedarf in diesem Bereich. Co-Autor Klaus Stark sieht hier nicht nur Mediziner gefordert:

Man muss das Thema der klimasensitiven Infektionserreger stärker im Fokus haben. Das betrifft die gesamte Gesellschaft. Das betrifft jeden Bürger und jede Bürgerin, das betrifft die Ärzteschaft, das betrifft aber insbesondere auch zuständige Behörden und Institute, die entsprechende Maßnahmen ergreifen können.

Der zweite Teil des Sachstandsberichts wird sich mit nicht-übertragbaren, klimabedingten Erkrankungen und Auswirkungen des Klimawandels auf die psychische Gesundheit beschäftigen und soll im September erscheinen.

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