Tod den Schmarotzern!

Seite 3: Österreich: Hetzkampagne gegen die Schriftstellerin Stefanie Sargnagel

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Das Nachbarland Österreich hat derweil auch was zu bieten. Die auflagenstärkste Zeitung der Republik ("Die Krone") hat eine Hetzkampagne gegen die Schriftstellerin Stefanie Sargnagel und zwei ihrer Kolleginnen losgetreten, weil sie das satirische Tagebuch der drei Autorinnen über eine öffentlich geförderte Marokko-Reise mit Absicht missverstehen wollte.

Einem Initialartikel des Krone-Redakteurs Richard Schmitt vom Weltfrauentag, der von "Saufen und Kiffen auf Kosten der Steuerzahler" sprach, folgte eine weitere Hetzrede des Krone-Mitarbeiters Fritz Kimeswenger. Er stieß in das gleiche Horn wie sein Kollege Schmitt: "Wollen Sie auf Kosten der Steuerzahler wie die Made im Speck leben? Wollen sie nichts arbeiten, dafür viel illegales Zeug wie Haschisch rauchen?"

Mit anderen Worten: "Tod den Schmarotzern!" garniert mit einer ordentlichen Dosis Frauenhass. Zu guter Letzt verriet Kimeswenger seinen Lesern, wo sie Stefanie Sargnagel regelmäßig antreffen können.

Die Morddrohungen und Vergewaltigungsphantasien ließen nicht lange auf sich warten.

Schon, wenn man nur die Beispiele aus Weißrussland, den USA, Deutschland und Österreich zusammenzählt (es gibt natürlich mehr), könnte man an einen internationalen Aufstand der Kleingeister glauben, die ihren Frust wie üblich gegen die mobilisieren, von denen sie am wenigsten Widerstand erwarten.

Man könnte einen Volksgemeinschaftsmob am Werk sehen, der ganze Gruppen von ohnehin schon Randständigen zu explizit Unerwünschten und Überflüssigen erklärt. Das ist alles sicher richtig. Hier deutet sich eine Fortschreibung der althergebrachten Ideologie an, die man mit einem Satz zusammenfassen kann: "Wer nicht arbeitet (oder nicht das Richtige), soll auch nicht essen."

Arbeitsgesellschaft schafft sich selbst ab

Aber die grausame Ironie besteht darin, dass die Arbeitsgesellschaft dabei ist, sich selbst abzuschaffen. Der Kapitalismus hat ein Entwicklungsstadium erreicht, in dem eine Umverteilung der erwirtschafteten Werte Zustände hervorrufen würde, wie sie früher nur von Utopien und Märchen konzeptualisiert wurden.

Er braucht immer weniger menschliche Arbeitskraft; eine Industrie nach der anderen entledigt sich Schritt für Schritt ihrer Belegschaften. Aber während sich die sinnlose Konzentration von Kapital bei einem Bruchteil der Gesellschaft immer noch weiter aufheizt, regt sich ein von Populisten aufgepeitschter Mob über "Schmarotzer" auf.

Man darf gespannt sein, was geschieht, wenn diese Leute von der Wirtschaftsform "freigesetzt" werden, die sie bis dahin mit Zähnen und Klauen verteidigt haben. Dass sie sich selber dann als "Schmarotzer" begreifen, ist eher unwahrscheinlich.