Transatlantischer Datenschutz: Bidens neuer Anlauf stößt auf massive Kritik

Seite 3: Die Durchsetzung scheitert oft an Ressourcenmangel

Ein Durchsetzungsproblem findet sich auch in den Berichten der zuständigen Behörden wieder. So beklagt etwa das Bayerisches Landesamt für Datenschutzaufsicht (LDA) in seinem 11. Tätigkeitsbericht 2021 einen Mangel an Ressourcen und einen zunehmenden Rückstau unerledigter Anträge. So habe sich die Fallzahl innerhalb eines Jahrzehnts verzehnfacht. Dieser Grundlast sei das LDA mit seinen 33 Planstellen nicht gewachsen. Ende 2021 blieben rund 3500 Vorgänge nicht abgeschlossen.

Breyer sieht hier eine größere Dimension:

[Die mangelnde Verfolgung von Datenschutzvergehen] ist definitiv ein gesamteuropäisches Problem. Wir haben uns ja im Europäischen Parlament eine Übersicht vorlegen lassen, wie der Personalschlüssel ist. In vielen Ländern ist das schlecht, manche sind besser aufgestellt als andere. Wir beobachten aber eben auch, dass es gar nicht unbedingt der Personalschlüssel sein muss: Es gibt Behörden, die mit wenig Personal trotzdem wegweisende und sehr datenschutzfreundliche Entscheidungen erlassen. Es gibt umgekehrt Datenschutzbehörden, die zahlenmäßig gar nicht so schlecht ausgestattet sind, wie in Irland zum Beispiel, bei denen aber andere, politische Gründe dafür sorgen, dass man einfach sehr unternehmensnah ist.

Europa steht nun vor der Frage, ob es durch seine Datenschutzbehörden in der jetzigen Übergangssituation Datentransfers in die USA unterbinden lassen will. Nachdem diese als illegal festgestellt worden sind, gab es dazu zunächst markante Worte. Breyer vermutet aber auf der Ebene der Datenschutzbehörden Unwillen: "Die sagen: wir warten ab, was sich da entwickelt, was für eine Nachfolgelösung kommt, das lohnt sich nicht, da reinzugrätschen."

Der Ausblick: Angemessenheitsbeschluss und Klage?

Diese Nachfolgelösung soll Bidens Executive Order ermöglichen. Die EU-Kommission könnte auf ihrer Basis einen Angemessenheitsbeschluss für die USA treffen. Für diesen Fall hält Schrems den Rechtsweg für eine Option:

Falls wir es angreifen, gibt es im Prinzip zwei Möglichkeiten: Man kann eine Nichtigkeitsklage einbringen beim EUG, dem allgemeinen Gericht der EU, und dann kann man ein zweiter Instanz zum EuGH gehen. Oder man kann national über ein Gericht eine Vorlage erzwingen und dann kann der EuGH direkt entscheiden.

Es wäre eine unschöne Praktik, wenn die EU-Kommission Wirtschaftsinteressen Vorrang gibt und da, wo sie ohne ein Veto des EU-Parlaments aktiv werden kann, entsprechend mögliche Grundrechtsverletzungen in Kauf nimmt.

Dass sich Widerstand dagegen rührt, ist ein Trostpflaster. Aber es schadet der Substanz des Staatenbundes, wenn die Bürger und ihre NGO sich immer wieder aktiv gegen die Übergriffe der Exekutive wehren müssen. In einem Zeitalter, wo die demokratischen Strukturen und Institutionen dem Angriff autoritärer Zirkel ausgesetzt sehen, könnte der resultierende Vertrauensverlust fatal sein.