Trump: Afghanistan ist immer noch ein "Harvard für Terroristen"
Außenminister Mike Pompeo hofft, dass bei den Verhandlungen mit den Taliban bis zum 1. September eine Vereinbarung zustande kommt
Letzten Mittwoch kamen bei einem Feuergefecht in der zentralafghanischen Paschtunenprovinz Urusgan der 32-jährige amerikanische Master Sergeant Michael Riley und der 24-jährige Sergeant James Johnston ums Leben. Sie gehörten zu etwa achteinhalbtausend Soldaten, die die Amerikaner im Rahmen ihrer "Enduring-Freedom"-Nachfolgeoperation "Resolute Support" in Afghanistan stationiert haben. Insgesamt kamen bei diesen beiden Einsätzen über 2.300 US-Soldaten ums Leben.
Insofern war es wenig verwunderlich, dass der Fox-News-Starmoderator Tucker Carlson in einem am Wochenende aufgenommenen und gestern ausgestrahlten Interview mit dem US-Präsidenten Donald Trump auch darauf zu sprechen kann, wann der nun bereits seit 18 Jahren andauernde bislang längste Krieg der US-Geschichte beendet wird, wie der politische Quereinsteiger das vor seiner Wahl in Aussicht gestellt hatte.
Langfristig soll Präsenz des Auslandsgeheimdiensts reichen
Trump meinte dazu, er habe die schon einmal bei sechzehntausend Mann gelegene Truppenstärke bereits herabgesetzt und wollte auch die verbleibenden Soldaten abziehen, aber Afghanistan sei leider immer noch ein "Labor" beziehungsweise ein "Harvard für Terroristen". Und die würden seine Generäle lieber dort als in den USA bekämpfen. Trotzdem strebe er weiter einen Abzug aus Afghanistan an. Seiner Erwartung nach muss langfristig gesehen eine Präsenz des Auslandsgeheimdiensts reichen, um der Bedrohung zu begegnen.
Der paschtunischstämmige US-Unterhändler Zalmay Khalilzad will deshalb in Friedensgesprächen in der katarischen Hauptstadt Doha eine Vereinbarung mit den islamistischen Taliban erzielen, die einen baldigen Truppenabzug erlaubt. US-Außenminister Mike Pompeo meinte letzte Woche, er hoffe, dass das so eine Vereinbarung bis zum 1. September steht.
Paschtunen, Tadschiken und Hazara
Die Taliban gewährten Ende der 1990er und Anfang der Nullerjahre dem Saudi Osama bin Laden Unterschlupf, als dessen al-Qaida-Attacken auf das World Trade Center und das Pentagon plante. Aktuell kontrollieren die während der russischen Besetzung Afghanistans in pakistanischen Medressen entstandenen Milizen vor allem paschtunisch besiedelte Regionen Afghanistans - überwiegend im Süden, aber auch im Norden (vgl. Das Erbe des "Eisernen Emirs"). Militärisch konnten sie bislang nicht besiegt werden.
Wird in Doha tatsächlich eine Einigung erzielt, könnte diese so aussehen, dass die Taliban den Amerikanern versprechen, keinen Terroristen mit außerafghanischen Anschlagsambitionen Unterschlupf zu gewähren, wenn die Amerikaner und deren europäische Verbündete ihre Truppen abziehen.
Eine Schwierigkeit bei den Gesprächen ist, dass sich die Taliban weigern, mit der von den Amerikanern anerkannten afghanischen Regierung des Präsidenten Ashraf Ghani zu sprechen (vgl. Taliban: Angriff vor den Friedensverhandlungen). Der ist zwar Paschtune, vertritt aber indirekt auch die Interessen der weniger talibangeneigten persischsprachigen Bevölkerungsgruppen wie der Tadschiken und der schiitischen Hazara, die bei einer erneuten Machtübernahme der paschtunischen Dschihadisten erneute Massaker befürchten (vgl. Afghanistan: Flucht von tausenden Hazara).
Vorwahlkampf der Demokraten
Dass Afghanistan in den USA gerade wieder ein Thema ist, liegt aber nicht nur an den Verhandlungen in Doha und an den toten Soldaten, sondern auch an der demokratischen Präsidentschaftsbewerberin Tulsi Gabbard. Sie nutzte letzte Woche die erste Runde der Vorwahl-Fernsehdebatten, um einen Abzug der US-Truppen zu fordern, weil die USA ihrer Wahrnehmung nach heute nicht besser dastehen als 2001.
"Zu lange", so die Irakkriegsveteranin, "haben unsere Führer versagt, haben sie uns von einem Regime-Change-Krieg in den nächsten geführt", "uns Billionen unserer hart verdienten Steuerzahlerdollar und zahllose Leben gekostet". Auf die Entgegnung ihres Konkurrenten Tim Ryan, dass man sich nicht aus Afghanistan zurückziehen könne, "weil sie anfingen Flugzeuge in unsere Gebäude zu fliegen, als wir nicht dort waren", wies sie den Kongressabgeordneten darauf hin, dass es Unterschiede zwischen den Taliban und al-Qaida gab und gibt: "Die Taliban", so Gabbard, "griffen uns am 11. September 2001 nicht an, al-Qaida griff uns am 11. September 2001 an.
Als Ryan darauf bestand, man müsse sich trotzdem weiter in Afghanistan "engagieren", entgegnete sie ihm:
Ist das das, was sie den Eltern der beiden Soldaten sagen werden, die gerade getötet wurden? 'Nun, wir müssen uns aber weiter dort engagieren.' Als eine Soldatin kann ich ihnen sagen: Diese Antwort ist nicht akzeptabel. (Tulsi Gabbard)
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