Trump: US-Truppen sollen im Irak bleiben
Iran soll genau beobachtet und Spezialeinsätze auf syrischem Territorium erleichtert werden. Der irakische Präsident Salih äußert Einwände
Der Irak ist seit 2003 zu einer besonderen Zone der Verständigung zwischen den USA und Iran geworden. Nach der Absetzung Saddam Husseins durch die amerikanische Militärintervention erwuchsen Iran ganz neue Möglichkeiten, Beziehungen im Nachbarland weiterzuentwickeln. Manche sagen, erst durch den Einmarsch der USA hat sich die Präsenz Irans im Irak zu der Stärke entwickelt, die nun gefürchtet wird oder - in einer anderen Sichtweise - "zur Drohkulisse aufgebaut wird".
Das Besondere ist, dass die USA und Iran bisher im Irak kooperieren müssen. Beide Länder zogen die Fäden im Hintergrund, wenn es darum ging, eine neue Regierung aufzustellen, wie zuletzt oder wie vor ein paar Jahren, als al-Maliki widerwillig seinen Posten als Ministerpräsident an al-Abadi abgeben musste. Hinter solchen politischen Manövern im Irak stehen lange ausgetüftelte Verhandlungen zwischen den USA und Iran.
Dass die beiden geopolitischen und ideologischen Gegner auf Kooperation angewiesen sind, steht etwas quer im paradigmatischen Bild einer Konfrontation mit Iran. Dem zufolge ist, wie am US-Ausstieg aus der Nuklearvereinbarung zu sehen, anderes als Zusammenarbeit angesagt.
"Ich will Iran etwas beobachten"
Nun hat US-Präsident Trump angekündigt, dass er US-Truppen noch länger im Irak stationieren will, weil man von dort aus Iran überwachen und Druck auf das Land ausüben kann. In einem Interview mit dem Fernsehsender CBS, das am gestrigen Sonntag ausgestrahlt wurde, erklärte der US-Präsident, warum es besser sei, dass sich die US-Truppen aus Syrien und Afghanistan zurückziehen.
Dafür erwähnte er mehrmals die hohen Kosten, z.B. 50 Milliarden Dollar jährlich für Afghanistan. Er erklärte aber auch, warum es trotz beträchtlicher Kosten besser ist, dass das US-Militär im Irak bleibt:
Ja, wir geben ein Vermögen für diese unglaublich Basis aus (gemeint ist die Al-Asad-Airbase, eine Basis mit Flughafen in der irakischen Provinz al-Anbar, Anm. d. Verf.). Wir könnten sie gut behalten. Und einer der Gründe, warum ich sie behalten will, wäre, dass ich Iran etwas beobachten will, weil Iran ein echtes Problem ist.
Donald Trump
Seine Interviewerin Margaret Brenda reagierte mit der Aussage: "Whoa, that's news". Sie interpretierte Trumps Äußerung als Kampfanansage: "Sie wollen die Truppen im Irak stationiert lassen, weil sie im Stande sein wollen, um in Iran anzugreifen?". Trump präzisierte:
Nein, ich will Iran beobachten können. Alles, was ich will ist, dass wir beobachten können. Wir haben eine unglaubliche und teure Militärbasis im Irak gebaut. Sie liegt perfekt, um unterschiedliche Teile des Nahen Ostens zu beobachten. Es geht mehr darum als um ein "Hochziehen". Das verstehen viele Leute nicht. Wir wollen weiter beobachten und hinschauen und wenn es Ärger gibt, wenn jemand versucht, nukleare Waffen herzustellen oder andere Dinge, dann werden wir es wissen, bevor sie es wissen.
Donald Trump
Der letzte Satz, im Original "we're going to know it before they do", ist etwas rätselhaft, weil unklar ist, wer "they" ist, aber die zentrale Aussage ist deutlich. "Irak ist die einzige Kriegszone, für die Trump keinen Truppenabzug verspricht", formuliert sie die New York Times. Deren Quellen verbinden die Absicht, dass US-Truppen im Irak bleiben, mit einer neuen Vorgehensweise in Syrien.
Um die Militärmission in Syrien trotz der Rückzugsorder beizubehalten, gewinne im Pentagon gerade ein Plan an "Dynamik", der vorsieht, mit kleinen Elite-Teams ("Special Operations") IS-Milizen anzugreifen. Verstärkt würde dies mit fortgesetzten Angriffen der Luftwaffe und der Versorgung von verbündeten Kurden - "Weiter so!" also nur vom Irak aus?
Die Formulierungen sind so gehalten, dass sie unverbindlich bleiben, zudem sind es ohnehin keine offiziellen Mitteilungen, sondern Gedankenspiele, die von der New York Times an alle möglichen Adressen verteilt werden.
"Keine US-Prioritäten, wo wir leben"
Die USA behalten ihre Einflusszonen im Nahen Osten, heißt das. "Wir müssen Israel schützen", sagt Trump im erwähnten Interview, wo es um den Abzug aus Syrien geht. Das ist ebenso wie die aktuellen US-Angriffe auf syrische Stellungen im Grenzort Abu Kamal an die Adresse von Milizen mit iranischen Verbindungen und an Iran gerichtet. Und die Botschaft wird unter völliger Missachtung der irakischen Position in die Welt getrommelt.
Entsprechend reagiert der irakische Präsident Barham Salih, auf die Absicht Trumps angesprochen, wenig erfreut mit dem Hinweis auf ein paar Grundsätze: "Überlasten Sie nicht den Irak mit Ihren eigenen politischen Agenda. Die USA sind eine Großmacht (…), aber folgen Sie nicht ihren eigenen politischen Prioritäten, wo wir leben. Für den Irak ist es von fundamentalem Interesse, dass wir gute Beziehungen zu Iran und anderen Nachbarstaaten haben."
Die USA brauchen die Einwilligung der irakischen Regierung, damit die amerikanischen Soldaten dort weiter bleiben können. Wie viele es genau sind, ist Spekulationen unterworfen. Einigermaßen verlässlich ist, dass 5.200 US-Soldaten in der al-Assad-Airbase stationiert sind. Aber es gibt noch andere Basen, zum Beispiel im Nordirak bei Erbil.
Dass sich derart viele US-Soldaten zusammen mit großem Kriegsgerät und Flugzeugen in der al-Assad-Airbase aufhalten können, ist auf eine Bitte zurückzuführen, die die irakische Regierung 2014 an die USA gerichtet hatte. Damals hatten IS-Milizen große Eroberungen im Irak gemacht und drohten sogar Bagdad anzugreifen. Die USA sollten militärisch helfen.
Einwilligung aus Bagdad nötog
Anfang 2018, als der IS deutlich zurückgedrängt worden war, hieß es, dass die US-Truppen rreduziert und neue Abmachungen getroffen werden sollen. Da der SOFA-Vertrag, der den USA im letzten Jahrzehnt eine Truppenpräsenz im Irak erlaubt hatte, nicht weiter verlängert worden war, hängt die Präsenz von der Einwilligung der irakischen Regierung ab. Das ist ein Fakt, auf den iranische Medien großen Wert legen.
Da der SOFA-Vertrag, der den USA im letzten Jahrzehnt eine Truppenpräsenz im Irak erlaubt hatte, nicht weiter verlängert worden war, hängt die Präsenz von der Einwilligung der irakischen Regierung ab. Das ist ein Fakt, auf den iranische Medien großen Wert legen.
In Bagdad sind Regierungskreise durch die arrogante Art und Weise, wie der US-Präsident seinen Truppenbesuch in der irakischen Airbase zu Weihnachten gestaltete, sehr verärgert. Trump ersparte es sich dem irakischen Regierungschef die Ehre zu erweisen, ihn auf dessen Territorium zu begrüßen.
Mitglieder der schiitischen Allianzen, die im Parlament die stärksten Blöcke stellen - und ohnehin mit den USA auf unfreundlichem bis feindlichen Fuß stehen -, engagieren sich seither für ein Gesetz, das die US-Truppen aus dem Land zwingen soll (Irak: Schiitische Parteien planen Gesetz zum Abzug von US-Truppen).
Ob das politisch durchgesetzt wird, ist aber noch nichts sicher. Die USA haben Einfluss im Irak, bei sunnitischen Gruppierungen. Was sich augenblicklich laut Beobachtern zeigt, ist, dass Gelegenheiten für Provokationen genutzt werden.