Trump bereitet Dekret zur Weiterführung von Guantanamo vor

Guantanamo Camp X-Ray. Bild: DoD

Die Wiedereinführung von Geheimgefängnissen für IS-Mitglieder wurde offenbar fallengelassen, mit den neuen CIA-Direktoren Pompeo und Haspel hat Trump Befürworter von Folter und unbegrenzter Inhaftierung installiert

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Donald Trump hatte schon erklärt, dass er nichts gegen Folter habe, die sei auch nützlich. Es kam zwar daraufhin Kritik auf, das kümmerte den US-Präsidenten aber offenbar wenig. Angesichts anderer spektakulärer Kabinettsbesetzungen wie der schwerreichen, erzkonservativen und auf Privatisierung orientierten Betsy DeVos, Schwester von Erik Prince, dem Gründer der berüchtigten Söldnertruppe Blackwater und Berater von Trumps Übergangsteam, oder des nicht weniger konservativen Jeff Sessions als Justizminister, fiel die Besetzung des Vizedirektors der CIA nicht auf.

Der republikanische Abgeordneten Mike Pompeo, den Trump zum CIA-Direktor ernannte, ist bekannt für seine Iran-kritische Haltung, er hat den Ausbau der NSA-Überwachungsprogramme begrüßt und schon mal gesagt, dass Snowden die Todesstrafe erhalten sollte, ist für ein scharfes Vorgehen gegen den "radikalen Islam" und hatte die "verschärften Verhörtechniken" der CIA und die Geheimgefängnisse verteidigt. Die im Senatsbericht über die Folter genannten Beteiligten nannte er "Helden". Selbstredend war er immer gegen die Schließung von Guantanamo und bezeichnete das Lager als "wichtig für die nationale Sicherheit".

Daher überrascht nicht, dass mit Gina Haspel eine Frau zur Vize-Direktorin ernannt wurde, die selbst im Thailand 2002 das erste CIA-Geheimgefängnis aufgebaut und geleitet hatte, in dem brutal gefoltert wurde. Sie hatte mitgeholfen, Videos, die Waterboarding von Gefangenen zeigten, zu zerstören, also Beweismittel zu vernichten, und soll eine wichtige Rolle im Verschleppungsprogramm der CIA gespielt haben.

Zwar haben sich Pompeo und Verteidigungsminister Mattis erstmal gegen die Wiedereinführung von Waterboarding ausgeprochen, aber es hieß schon länger, die Trump-Regierung würde auch ein Dekret zur Wiedereinrichtung der erst unter Obama 2009 geschlossenen Geheimgefängnisse (Black Sites) vorbereiten, zwischen denen die verschleppten Gefangenen hin- und her transportiert und in denen sie ohne jede rechtsstaatliche Grundlage inhaftiert und verhört wurden.

Jetzt wird von der New York Times berichtet, das Weiße Haus sei gerade an der Fertigstellung des Dekrets mit dem Titel "Protecting America Through Lawful Detention of Terrorist and Other Designated Enemy Elements", das die Weiterführung des Guantanamo-Lagers und die Möglichkeit beinhaltet, Gefangene des Islamischen Staats dort zu verwahren. Angeblich sei in den Verhandlungen die Weitereinführung der CIA-Geheimgefängnisse fallengelassen worden.

Nach dem der NYT vorliegenden Text des Dekrets würde der Verteidigungsminister Jim Mattis angewiesen sein, Guantanamo zu nutzen, um dort verdächtige Mitglieder von "al-Qaida, den Taliban und damit verbundenen Gruppen, inklusive mit dem Islamischen Staat verbundene Personen und Netzwerke" festzuhalten. Es sollen aber Warnungen von Regierungsexperten für nationale Sicherheit gegenüber dem Dekretsentwurf geäußert worden sein, der Bundesrichtern die Möglichkeit bieten könnte, die Annahme des Weißen Hauses zu bezweifeln, dass der Krieg gegen den Islamischen Staats legal sei.

Seit 16 Jahren bestehende Kriegsermächtigung könnte rechtlich untergraben werden

Der Kongress hatte sich während der Präsidentschaft von Obama geweigert, dem obersten Kriegsherrn eine neue Kriegsermächtigung (Authorization for Use of Military Force - AUMF) zu erteilen (Krieg gegen den IS ohne Einschränkungen), weswegen sich Obama weiterhin auf die Kriegsermächtigungen stützte, die der Kongress gegen al-Qaida 2001 und gegen Irak 2002 gebilligt hatte. So kam es auch, dass das Weiße Haus die ominöse al-Qaida-Gruppe Khorosan, die angeblich Anschläge in den USA plante, hervorzauberte, um den Beginn des Luftkriegs in Syrien 2014 zu legitimieren (US-Regierung braucht für den neuen Krieg gegen den Terror wieder al-Qaida). 16 Jahre führten nun die USA also nun ununterbrochen Krieg gegen den Terror, die AUMF ist auch so formuliert, dass sie dem Präsidenten als Oberbefehlshaber, jetzt also Donald Trump, praktisch weltweit Kriegseinsätze erlaubt, wenn sie entfernt - und sei es durch fiktive Organisationen - mit al-Qaida verbunden sind.

Allerdings könnte es rechtlich zu einem Problem in einem Prozess gegen einen IS-Gefangene werden, sofern die Trump-Präsidentschaft diesem überhaupt irgendwelche Rechte einräumen würde. Das hatte sie in den Geheimgefängnissen oder in Guantanamo anfangs auch nicht. Die schließlich eingeführten Militärgerichte werden in dem Dekretsentwurf nicht erwähnt, es geht nur um die unbegrenzte Inhaftierung. NYT zitiert Jack Goldsmith, einen Harvard-Rechtsprofessor und Ex-Mitarbeiter des US-Justizministeriums unter George W. Bush. Nach ihm würde das Dekret hohe Risiken nach sich ziehen, wenn ein Richter der Meinung ist, dass die AUMF von 2001 nicht die Festnahme eines IS-Kämpfers legitimiert.

Man darf daran zweifeln, dass der Kongress eine neue Kriegsermächtigung ausarbeiten und billigen würde. Vermutlich wäre es auch nicht im Sinne der US-Regierung, die das Thema wohl gerne nicht breit und grundsätzlich diskutiert sehen möchte, da das Weiße Haus bislang gut damit gefahren ist und die bestehende AUMF, auch wenn sie die USA im Kriegszustand hält, so breit angelegt ist, wie das in einer neuen vermutlich nicht mehr gemacht werden könnte.

Dass Trump überhaupt an der Weiterführung von Guantanamo und der rechtswidrigen Inhaftierung von Verdächtigen festhält, verwundert. Die Bush-Regierung hat sich außen- und innenpolitisch viele Probleme und Konflikte damit eingehandelt, die Glaubwürdigkeit untergraben, dass die USA als Rechtsstaat auftritt, und letztlich die islamistischen Organisationen gestärkt. Obama ist daran gescheitert, Guantanamo zu schließen, unter ihm wurde aber allerdings die Praxis eingeführt, Verdächtige lieber gar nicht erst festzunehmen, sondern sie gleich zu töten, um den rechtlichen und politischen Problemen einer Inhaftierung auszuweichen. Das war weder humaner noch rechtsstaatlicher als die unter Bush betriebene Verschleppung, unbegrenzte Inhaftierung und Folterung von Gefangenen.