Trump lässt Schadstoffausstoß- und Spritverbrauchsvorschriften überprüfen

Automuseum in Ypsilanti, Michigan. Foto: Dwight Burdette. Lizenz. CC BY 3.0

EPA-Chef Scott Pruitt soll innerhalb eines Jahres eine Streichliste vorlegen

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Ypsilanti ist nicht nur der Name einer deutschen SPD-Politikerin, sondern auch der einer 20.000-Seelen-Stadt im Rust-Belt-Bundesstaat Michigan, in der Ford und General Motors Autos produzierten und die in den 1970er Jahren noch ein Drittel mehr Einwohner hatte. Dort verkündete der neue US-Präsident Donald Trump gestern, dass er Scott Pruitt, den von ihm ernannten neuen Chef der US-Umweltbehörde EPA, damit beauftragt hat, innerhalb eines Jahres eine Streichliste für Vorschriften zum Schadstoffausstoß und zum Spritverbrauch von Automobilen vorzulegen, die die vorangegangene Obama-Administration kurz vor der Amtsübergabe noch einmal verschärft hatte (vgl. Spritverbrauch: Trump stellt Umweltregeln für Autos auf den Prüfstand).

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Innenminister Ryan Zinke ist der einzige Minister aus Trumps Team, der sich für sein offizielles Foto ohne Krawatte, aber mit Waffe ablichten ließ. Der deutschstämmige Klempnerssohn aus Montana war vorher Football-Stipendiat und Navy-Seal-Elitesoldat. Seine Kinder nannte er Wolfgang, Konrad und Jennifer. Bild: U.S. federal government

Die Überprüfung der Vorschriften soll Trumps Worten nach dazu beitragen, dass in den USA zahlreiche neue Arbeitsplätze entstehen, weil alleine die zuletzt erlassenen Vorschriften den US-amerikanischen Autoherstellern bis Ende 2025 Mehrkosten in Höhe von 33 Milliarden Dollar aufbürden - den eigenen Zahlen der EPA nach, nicht denen der Autohersteller. Die Urheber dieser Vorschriften argumentieren im Januar mit erhofften Treibstoffeinsparungen, die ihren Berechnungen nach bis zu drei Mal so hoch sein könnten wie diese Summe (was freilich sehr vom schwankenden Ölpreis abhängt). Da die USA Öl importieren, trägt ein höherer Treibstoffbedarf aber auch zu einem größeren Handelsdefizit und zu einer größeren Abhängigkeit von Ländern wie Saudi-Arabien bei.

Der Treibstoffverbrauch interessiert zwar viele Autofahrer, ist aber nicht für alle das Kaufkriterium Nummer 1. Anders lässt sich die anhaltende Beliebtheit großer, schwerer und wenig aerodynamischer Fahrzeuge mit hohem Verbrauch schwer erklären. Schadstoffwerte interessieren nur ein bestimmtes Milieu und werden von anderen Autofahrern teilweise als Selbstzweck von Behörden angesehen.

Razzien "rund um die Marke Audi"

Trotzdem erzeugte die Manipulation von Schadstoffmesswerten durch VW nicht nur in Deutschland, sondern auch in den USA viel Medienaufmerksamkeit. Dass diese Aufmerksamkeit weiter anhält, liegt daran, dass immer mehr Konzernteile und Unternehmen im Verdacht stehen, ebenfalls manipuliert zu haben: Gestern kam es in diesem Zusammenhang zu Razzien "rund um die Marke Audi", die zum VW-Konzern gehört und im bayerischen Ingolstadt teurere Fahrzeuge produziert, die mit Marken wie Mercedes und BMW konkurrieren. Was die Ingenieure in Ingolstadt entwickeln, wird später manchmal auch für VW-Group-Marken in Wolfsburg, Jungbunzlau oder Barcelona verwendet.

1999 ertüftelten Audi-Ingenieure ein Programm, dass den Klang von Dieselfahrzeugen verbessern soll, indem es ein beim Start typisches Motorklopfen verhindert. Das machte die Software mit dem Namen "Akustikfunktion" dadurch, dass sie beim Start eine andere Rezeptur verwendete als beim normalen Fahren. Die Fähigkeiten, die man den Töchtern dieses Tools dazu mitgab, versetzten die Programme nicht nur in die Lage, zu erkennen, ob ein Auto gerade gestartet wird, sondern auch, ob man es gerade einem Abgastest unterzieht. VW-Fahrzeuge konnten dadurch bei Abgaststests den Stickoxid-Ausstoß verringern, indem sie mehr Harnsäure zugaben als im regulären Fahrbetrieb.

Renault bestreitet Einsatz von "Betrugssoftware für die Abgasreinigung"

Die Idee, Software zu entwickeln, die das kann und macht, ist so naheliegend, dass viele Beobachter vermuten, dass sie auch von Unternehmen eingesetzt wurde, denen man das bislang noch nicht beweisen kann: Die von Jean-Paul Sartre gegründete französische Tageszeitung Libération berichtet aktuell, dass Ermittlungsrichter seit zwei Monaten Dokumente der Anti-Betrugs-Behörde des französischen Wirtschaftsministeriums prüfen, die anhand von bis zu 377 Prozent höheren Stickoxid-Emissionswerten im Nicht-Testbetrieb den Verdacht nähren sollen, dass die Franzosen auf ähnliche Ideen kamen wie die Deutschen.

Renault meinte in einer ersten Stellungnahme dazu, das Unternehmen kenne den Inhalt der Dokumente nicht, habe aber, keine Fahrzeuge "mit Betrugssoftware für die Abgasreinigung ausgestattet" und "nicht gegen europäische oder nationale Zulassungsregeln verstoßen" (vgl. Renault soll seit mehr als 25 Jahren Abgastests manipuliert haben).

Streicht Pruitt die EPA-Vorschriften tatsächlich so zusammen, dass Autohersteller massiv Kosten sparen, können sie das Geld auf verschiedene Weisen verwenden: Erhöhen sie die Managergehälter und Dividenden nicht, wäre eine Senkung der Preise denkbar, was Fahrzeuge potenziell wettbewerbsfähiger macht und den Absatz erhöht. Langfristig sinnvoller wären womöglich Investitionen in eine technologische Entwicklung, die viele Menschen sehr viel mehr interessiert als Stickoxidwerte: Autonomes Fahren (vgl. Bosch will selbstfahrenden Autos das Lernen lehren).

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