Trump soll über Ablösung von Zentralbankchef nachdenken

US-Notenbankchef Jerome Powell. Foto: federalreserve.gov

Meinungsverschiedenheiten zu Zinserhöhungen

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In der US-Administration dreht sich das Personalkarussell: Nach Justizminister Jeff Sessions (vgl. Trump entfernt Jeff Sessions), UN-Botschafterin Nikki Haley, Innenminister Ryan Rinke und Stabschef John Kelly (vgl. USA: Drei Personalwechsel zum Jahreswechsel ) wird im Februar auch Verteidigungsminister James Mattis seinen Hut nehmen. Letzterer, weil er mit dem geplanten Truppenabzug aus Syrien nicht einverstanden ist.

Einen Bericht der Wirtschaftsnachrichtenagentur Bloomberg zufolge debattierte Trump außerdem eine weitere Personalie: Jerome Powell, den Chef der amerikanischen Notenbank FED. Powell wurde von Trump im November 2017 als Nachfolger von Janet Yellen nominiert. Seine erste Amtszeit im Federal Reserve Board of Governors verdankte er aber Barack Obama, der ihn 2011 als Teil eines überparteilichen Kompromisspakets nominierte. Vorher war Powell Investmentbanker bei Dillon, Read & Co., wo er bis zum Vizepräsidenten aufstieg.

Neutral, aber nicht gleichgültig

Das Bloomberg Intelligence Fed Spectrometer stufte den aktuellen FED-Chef bei seiner Ernennung geldpolitisch weder als Falken noch als Taube, sondern als "neutral" ein. Das heißt nicht, dass ihm die Geldpolitik egal wäre: Der Sicht Donald Trumps auf die für die USA besten Zinssätze möchte er sich nämlich nicht beugen.

Während Trump meint, die Wirtschaft benötige unter anderem wegen des Handelskonflikts mit China weiter niedrige Zinsen, glaubt Powell, dass es in einer Phase der Hochkonjunktur richtig ist, die Zinsen zu erhöhen, um eine nicht kontrollierte Inflation zu vermeiden (vgl. US-Notenbank weiter auf dem Weg der Zinsnormalisierung).

2018 mache er das insgesamt vier Mal, zuletzt am Mittwoch, als er den Leitzins auf 2,25 bis 2,5 Prozent anhob. Wie zu erwarten sanken die Börsenkurse danach auf neue Jahrestiefstände, was Powell angesichts der aktuell eher robusten US-Wirtschaft nicht weiter beunruhigte, wie er die Öffentlichkeit danach wissen ließ.

Damit setzt er sich von der börsenorientierten lockeren Geldpolitik des langjährigen Fed-Chefs Alan Greenspan ab und knüpft eher an dessen Vorgänger Paul Volcker an, der von August 1979 bis August 1987 mit Leitzinsen von zeitweise über 20 Prozent die Stagflation unter Kontrolle zu bekommen versuchte, unter der die USA litten. Dieser Versuch gelang, kostete Volcker aber die zweite Amtszeit, weil ihm nicht nur Republikaner, sondern auch Demokraten die Schuld an Rezessionserscheinungen zuschrieben.

Auch Trump ist den Informanten von Bloomberg nach unglücklich mit seinem Zentralbankpräsidenten. Bei diesen Informanten handelt es sich angeblich um "vier mit dem Vorgang vertraute Personen". Mit ihnen soll der US-Präsident "privat" über eine mögliche Ablösung des Notenbankchefs gesprochen haben. Entgegen eines weit verbreiteten Glaubens wäre ihm das - anders als bei Supreme-Court-Richtern - nicht verboten. Der Federal Reserve Act fordert in Section 10 lediglich eine Begründung dafür.

Entlassung könnte Finanzmärkte beunruhigen

Ob es tatsächlich stimmt, dass Trump Powells Ablösung diskutierte, ist offen: Bislang wollen sich nämlich weder das Weiße Haus noch die FED dazu äußern. Ein Spiel mit dem Gedanken einer Entlassung Powells wäre allerdings insofern nicht überraschend, als Trump die Zinspolitik des Notenbankchefs in den vergangenen Monaten bereits mehrmals öffentlich kritisierte. Powell parierte diese Kritik bislang mit der Bemerkung, wenn er glaube, dass eine Zinserhöhung "der richtige Weg" sei, werde ihn "nichts davon abbringen".

Entlässt Trump Powell deshalb, setzt er sich allerdings dem Verdacht aus, die Unabhängigkeit der Notenbank nicht ernst zu nehmen. Und wenn die Akteure an den Finanzmärkten so einen Verdacht hegen, kann ihr daraus resultierendes Verhalten für die amerikanische Volkswirtschaft negativere Konsequenzen haben als eine Zinserhöhung. Von diesen Zinserhöhungen plant Powell im nächsten Jahr seinen eigenen Angaben nach nur noch zwei, weil er von einer sich abschwächenden Konjunktur ausgeht.

Bleibt Powell im Amt und hält er an seiner Geldpolitik fest, vermindert das zudem mittel und langfristig die Risiken für große Finanzkrisen, die Alan Greenspan mit seiner extrem lockeren Geldpolitik deutlich vergrößerte. Viele Verbraucherschulden und Spekulationsblasen, die dadurch entstanden, hängen immer noch wie Damoklesschwerter über der Weltwirtschaft, auch wenn gerade keines davon herunterfällt.