Trump will alternativen Medien mehr Raum geben

Seite 2: Ein Anti-Establishment-Establishment-Präsident war und ist vielen großen Medien zu viel

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Dass ein Kandidat um das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika Wahlkampf in einem alternativen Medium betreibt, dass Trump nun erklärt, er sei im Krieg mit den Medien, ja, dass er mit alten Traditionen zwischen dem Weißen Haus und den großen Publikationsorganen bricht, ist am ehesten zu verstehen, wenn man die Berichterstattung der großen Medien zu Trump betrachtet.

Trump wurde wie kaum ein anderer Bewerber um die US-Präsidentschaft von den Medien angegriffen (es geht an dieser Stelle nicht darum, ob zu Recht oder zu Unrecht). Das Paradox: "The Donald" ist alleine schon aufgrund seines Vermögens natürlich auch ein Akteur aus "dem Establishment", aber dennoch wird er zugleich aufgrund seiner politischen Positionen, seines Verhaltens und seines gesamten Habitus wegen von zahlreichen Medien nicht als Establishment wahrgenommen bzw. zumindest nicht als der Teil des Establishments, dem sich die großen Medien verbunden fühlen.

Ein Anti-Establishment-Establishment-Präsident war und ist vielen großen Medien zu viel. Der unausgesprochene, aber doch für jedermann sichtbare "Pakt des begrenzten Angriffs" zwischen Vertreter großer Medien und den Schwergewichten aus der Politik, sollte nicht für einen ("Dahergelaufenen") wie Trump gelten.

Trump hat schnell verstanden. Er hat nicht nur verstanden, dass er sich mit seinen politischen Positionen alles andere als beliebt bei den zentralen politischen Kommentatoren machen würde; Er hat auch verstanden, dass er als "Außenseiter" in einer Zeit, in der es einen tiefen Graben zwischen den großen Medien und Teilen der Mediennutzer in seinem Land gibt, es ein kluger Schachzug sein könnte, sich auch auf jene alternativen, neuen Medienformaten einzulassen, auf die die großen Medien voller Verachtung blicken.

Wer die Beziehung zwischen Trump und den Qualitätsmedien bereits vor der Wahl hat eskalieren sehen, kann nun feststellen: Eine Eskalation der Eskalation findet statt. Wir erleben einen offenen Schlagabtausch zwischen dem Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika und der Presse.

Trump und sein Pressesprecher haben, bildlich gesprochen, so dezent wie eine Kettensäge mehrmals an der Beziehung zwischen dem Weißen Haus und der Presse angesetzt. Nein, man darf hier ruhig auch von einem Gemetzel sprechen. Die Eitelkeiten der versammelten "Establishmentpresse" wurden nicht bedient, sie wurden einmal vor und zurück durch den Saal geprügelt.

Donald "You are fake news" Trump

Wer diese Szenen noch vor einigen Monaten in einem Drehbuch untergebracht und einem Hollywood-Produzenten vorgelegt hätte, wäre wohl aufgrund jeder Realitätsferne vor die Tür gesetzt worden. Aber was gegenwärtig in den USA passiert, ist nicht einfach nur ein "Wirklichkeitsbruch", der so schnell wie er aufgetaucht ist, auch wieder verschwindet.

Wenn der Präsident der USA einem Reporter bei einer Pressekonferenz ins Gesicht sagt: "You are fake news", dann sollte es für den politischen Analysten leicht zu erkennen sein, dass die Frage, ob ein Sender nun in diesem konkreten Fall richtig oder falsch berichtet hat, ein Nebenschauplatz ist, der nur begrenzte Aufmerksamkeit verdient.

Der Kern, um den es geht, ist: Wie konnte ein Akteur wie Trump überhaupt in die Position kommen, dass er Präsident der USA wird und dann mit den Medien ins Gericht geht? Klar ist: Eine Person wie Trump wird nicht Präsident, wenn alles "prima" läuft, wie es teilweise noch immer politische Kommentatoren fern jeder Realität zu erklären versuchen.

Trump ist die Konsequenz aus einer sich über viele Jahre fortgesetzten machtelitären Politik, die der Verarmung und Verwahrlosung von Teilen der Gesellschaft zugesehen, und allenfalls viel zu spät minimalistisch korrigierend eingegriffen hat. Trump ist das Ergebnis einer tief gespaltenen Gesellschaft, von denen viele Menschen wissen, dass sie von den politischen Eliten im Stich gelassen wurden.

Auch in vielen Ländern Europas herrscht eine Stimmung vor, die gegen "die da oben", gegen das Establishment, gegen die Eliten gerichtet ist. Jahrzehnte des Neoliberalismus im Zeichen der Deregulierung, Privatisierung, Liberalisierung und des Sozialabbaus haben zu einem so schweren gesellschaftlichen Schaden geführt, dass nun wieder jene nationalistischen Kräfte an die politische Oberfläche gespült werden, von denen man lange gehofft hat, sie wären für immer in der Bedeutungslosigkeit verschwunden.

Doch sowohl in den USA als auch in Europa machen führende Politiker dieselben Fehler: Sehenden Auges erfolgt weiter eine Politik, die ignoriert, verkennt und nicht wahrhaben will. Das Ergebnis dieser Politik in den USA ist: Donald "You are fake news" Trump.

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