Türkei: Mit wem verhandelt die EU eigentlich?

Seite 2: Panama reicht auch bis in die Türkei

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Anfang dieser Woche veröffentlichte Cumhuriyet eine Liste mit Namen von Personen und Unternehmen aus der Türkei, die in den so genannten Panama-Papers genannt werden.

Da ist u.a. die Firma Çalik Holding genannt, in der Erdogans Schwiegersohn Berat Albayrak Geschäftsführer war. Die Holding ist einer der größten Konzerne der Türkei und tätig in den Bereichen Bau, Energie, Finanzen, Textilien, Logistik und Medien. Der Weg des Unternehmens ist gepflastert mit dubiosen Machenschaften. U.a. riss sich die Çalik Holding das Medien-Imperium "Sabah" unter den Nagel, teilweise finanziert durch Kredite der staatlichen Halk Bankasi, Volksbank. Außerdem fällt der Name des Geschäftsmanns Remzi Gür, der die Gebühren für die Auslandsstudien der 4 Erdogan-Sprösslinge gezahlt hat, bis zu 100.000 € pro Jahr.

Schwiegersohn Berat Albayrak wurde von Papa Erdogan und seiner Ehefrau Emine persönlich ausgesucht. Jetzt ist er im Gespräch als Nachfolger von Ministerpräsident Ahmet Davutoglu. Bereits im November 2015 wurde der Parlamentsabgeordnete der AKP (Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung) zum Minister für Energie und Bodenschätze ernannt.

Die Veröffentlichungen dürften Erdogan nicht gefallen, schließlich ist die Anpassung des Korruptionsgesetzes an EU-Standards Teil der Auflagen der EU, etwa für den Wegfall der Visumspflicht. Da macht es sich nicht gut, wenn das selbst ernannte Staatsoberhaupt knietief in Korruption und Vetternwirtschaft steckt …

Gefährliche Friedensaktivisten

Am 11. Januar veröffentlichten 1128 Unterzeichnende den Aufruf "AkademikerInnen für den Frieden". Dieser wurde inzwischen von mehr als 2000 Personen auf der ganzen Welt unterzeichnet, knapp 1400 aus der Türkei, plus ca. 700 Unterstützenden aus aller Welt, u.a. dem US-Wissenschaftler Noam Chomsky.

Von den knapp 1.100 Unterzeichnenden aus der Türkei wurden bislang 31 vom Dienst suspendiert, gegen 513 Personen wurden Disziplinarverfahren eingeleitet, 38 verhaftet. Ihr Vergehen: Ein Appell an die türkische Regierung, einer friedlichen Lösung des Kurdistan-Konflikts den Weg zu ebnen: "Wir fordern die Regierung auf, die Bedingungen für eine friedliche Beilegung des Konflikts zu schaffen."

Das erscheint der türkischen Regierung offenbar so gefährlich, dass sie die erwähnte Repressions-Offensive gegen die Unterzeichnenden startete. Für einige der Betroffenen bedeutet ihr Engagement den Verlust des Arbeitsplatzes, somit den Wegfall ihrer ökonomischen Sicherheit.