Twitter-Panne bei Reizthema: Ministerium verwechselt Impfdosen und Geimpfte

Hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sein Social-Media-Team im Griff? Foto: Sandro Halank / Wikimedia Commons / CC BY-SA 4.0

Ausgerechnet in einem Tweet über das Risiko schwerer Nebenwirkungen gab das Bundesgesundheitsministerium falsche Zahlen an.

63,4 Millionen Menschen in Deutschland sind mindestens zweimal gegen das Coronavirus geimpft und damit "grundimmunisiert" – 51,4 Millionen haben auch schon mindestens eine Auffrischungs- oder Boosterimpfung erhalten – also insgesamt mindestens drei Impfdosen. Diese Zahlen lassen sich dem Impfdashboard entnehmen, das vom Bundesgesundheitsministerium gemeinsam mit dem Robert-Koch-Institut betrieben wird.

Wenn das Ministerium jedoch anfängt, über die Häufigkeit von Impfnebenwirkungen zu twittern, kann schon mal eine Panne passieren – so wurden aus Impfdosen vorübergehend Geimpfte.

Daraus ergab sich in einem mittlerweile gelöschten Tweet am Donnerstag eine weitaus geringere Häufigkeit schwerer Impfnebenwirkungen, als sie das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) in seinem Sicherheitsbericht tatsächlich festgestellt hatte.

Bei vierfach geimpften Personen Risiko 1 : 1250

"Eine von 5000 Personen ist von einer schweren Nebenwirkung nach einer COVID19-Impfung betroffen", hieß es in dem Tweet des Ministeriums zunächst." Tatsächlich hieß es im Sicherheitsbericht des PEI: "Die Melderate betrug für alle Impfstoffe zusammen 1,7 Meldungen pro 1000 Impfdosen, für schwerwiegende Reaktionen 0,2 Meldungen pro 1000 Impfdosen."

Betroffen ist demnach nicht eine von 5000 Personen, sondern bei doppelt Geimpften im Schnitt eine von 2500, bei "Geboosterten" etwa eine von 1667 und bei vierfach Geimpften sogar eine von 1250.

Nach Hinweisen mehrerer Twitter-User hat das Ministerium die Falschmeldung korrigiert. Nach den Richtlinien von Twitter war sie "irreführend". Darin heißt es: "Unter anderem darfst du keine Inhalte teilen, die Menschen in Bezug auf folgende Aspekte irreführen können: das Wesen des Covid-19-Virus; die Wirksamkeit und/oder Sicherheit von vorbeugenden Maßnahmen, Behandlungen oder anderen Vorkehrungen zur Minderung oder Behandlung der Krankheit."

"Selten", aber nicht "sehr selten"

Die Panne des Bundesgesundheitsministeriums schlug in der ohnehin emotional aufgeheizten Debatte hohe Wellen, da sich nun mehr oder weniger radikale Impfgegner in ihrem Verdacht bestätigt fühlen könnten, dass hier bewusst etwas verharmlost werde.

Als "häufig" gelten aber nur Nebenwirkungen, die bei einer bis zehn von 100 Personen auftreten. Dies ist laut dem PEI-Sicherheitsbericht aber zumindest bei den schweren Nebenwirkungen nicht der Fall.

Wenn sie bei einer von 1000 bis 10.000 geimpften Personen auftreten, fallen sie laut Klassifizierung im Medizinischen Wörterbuch für Aktivitäten im Rahmen der Arzneimittelzulassung (Medical Dictionary for Regulatory Activities - MedDRA) in die Kategorie "selten", aber nicht unter "sehr selten". Von "Einzelfällen" wird nur gesprochen, wenn die Häufigkeit auf Grundlage der verfügbaren Daten nicht abschätzbar ist.