UK-RIP-Gesetz über Ermittlungsbefugnisse verabschiedet
Bürgerrechtsgruppe kündigt "Kalten Krieg" gegen RIP an
London - Das heftig umstrittene Gesetz über die Regulierung der Ermittlungsbefugnisse mit dem passenden Kürzel "RIP" wurde diese Woche ohne gravierende Veränderungen verabschiedet. Die Opposition im House of Lords hatte der Regierung zwar noch einige Veränderungen abgerungen, doch handelt es sich dabei eher um Details im Kleingedruckten. Strafverfolger und Geheimdienste in Großbritannien dürfen nun Emails mitlesen, Verbindungsdaten einsehen und können die Übergabe von Private keys für die Entschlüsselung der Kommunikation von Privatpersonen und Firmen verlangen.
Über 500 Zeitungsartikel, eine von 50 Organisationen unterstützte Kampagne, Opposition des Serviceproviderverbands und anderer Wirtschaftsgruppen konnten es nicht verhindern, dass das RIP-Gesetz nun endgültig das Unterhaus passierte. Die Regierungspartei New Labour nutzte ihre signifikante Übermacht im Unterhaus, um das Gesetz durchzudrücken. Überschattet von durchgesickerten Blair-Memos und der Reform des Gesundheitswesens, erlangte das Thema in den letzten Tagen auch kaum noch mediale Aufmerksamkeit. Wiederienmal zeigt sich, dass man zwar die Früchte des E-Commerce ernten möchte, das Internet aber dennoch keine Lobby hat.
Großbritannien, das so stolz auf seine liberalen demokratischen Traditionen ist, verleiht damit seinen Behörden Überwachungsbefugnisse in der Sphäre der neuen Medien, die in der westlichen Welt nicht ihresgleichen finden. Ein spürbar verbitterter Simon Davis, Vorsitzender von Privacy International, einer internationalen Organisation zum Schutz der Privatsphäre, erklärte der Regierung den "Kalten Krieg". Die Durchführungsbestimmungen zu dem Gesetz sind noch im Entwurfsstadium. Davis kündigte an, dass man die Umsetzung der Gesetzgebung nun auf dieser Ebene bekämpfen werde.
Privacy International wird sich mit anderen Gruppen zusammensetzen, um eine internationale Kampagne gegen RIP zu orchestrieren. Es werde eine Internet-Petition geben, öffentliche Meetings, Informationskampagnen für die Öffentlichkeit und internationale Investoren und ein Website-Kampagnenlogo. "Jedesmal, wenn diese Befugnisse genutz werden sollen, werden wir dafür sorgen, dass Schockwellen durch das gesamte Internet gehen", sagte Davies.
Gleichzeitig mangelt es nicht an Expertentips, wie Nutzer die Bestimmungen des Gesetzes aushebeln können, da sie zum Zeitpunkt des Inkrafttretens bereits nicht mehr den technischen Gegebenheiten entsprechen würden, wie die Foundation for Internet Policy Research (FIPR) meint. Wer über einen ADSL-Zugang verfügt, solle seinen eigenen Mail-Server aufsetzen. Auch die Nutzung von ausländischen Mail-Accounts, Kryptografie zum Schutz von Kommunikation und gespeicherten Daten und steganographische Speichermethoden werden empfohlen.