US-Außenminister Kerry warnt Frankreichs Unternehmensbosse: Keine Geschäfte mit Teheran!

"Wir haben nichts zu verlieren und alles zu gewinnen", heißt es von Seiten der Wirtschaft

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Wie viel Einfluss haben Wirtschaftsführer auf die Politik? Nicht selten ist die Annahme zu hören, dass der Einfluss total sei, dass die wahren Machthaber nicht in den Regierungszentren sitzen, sondern in den Chefsesseln der Konzerne. Die Reaktion des amerikanischen Außenministers Kerry auf den Besuch französischer Unternehmenchefs in Teheran zeigt, dass die Verbindungen nicht so ganz einfach geschaltet sind. Wünscht sich die Geschäftswelt einen möglichst raschen Klimawandel der Beziehungen zwischen Iran und dem Westen, so setzt die Führung in Washington darauf, dass der politischen Konfrontation nicht der Stachel gezogen wird.

In Zeiten des Wachstumsmonotheismus, der mit übersättigten Märkten hadert und auch China nicht mehr wirklich eine dauerhafte Wachstumszone garantiert, hält der Marktplatz Iran Versprechen bereit, die die müden Augen vieler CEOs kriselender Unternehmen wieder zum Leuchten bringen. Rohani hat beim Wirtschafts-und Politikelitetreffen WEF in Davos vernehmbar Werbung gemacht: "Er rief das Ausland zu Investitionen in seinem Land auf", meldete der Spiegel vom Weltwirtschaftsforum.

Und sie folgten dem Ruf. Eine ganze Hundertschaft französischer Unternehmer, 116 Top-Spitzen von Total, Peugot, Citroën, Airbus, Lafarge, GDF Suez, Alstom, Safran, Alcatel, L'Oréal (Iran ist ein sehr lukrativer Kosmetikmarkt) und sogar ein Vertreter des Fußballclubs AJ Auxerre weilten drei Tage lang, vom 2. bis zum 5. Februar in Teheran.

Geht es nach Informationen der iranischen Nachrichtenagentur Fars, so war die französische Delegation, die zur iranisch-französischen Wirtschaftskonferenz kam, sogar 140 Mann stark, mit einem großen Blumenstrauß an Kooperationsangeboten in Bereichen "der Autoherstellung, des Rohstoffabbaus, des Handels, des Öl- und Gasgeschäfts, der Wasser- und Stromversorgung, des Flugzeugbaus, des Zugverkehrs, des Straßenbaus, der Handelsschiffahrt, der Zement- und Metallherstellung, der Medizin, des Hotelgewerbes, der Banken und des Tourismus.

Die Delegierten der Unternehmenschefvereinigung Medef International trafen auf erstklassige Kontakte: beispielsweise Mohammad Nahavandian, früher Chef der Handelskammer für Industrie, Bergbau und Landwirtschaft , jetzt Stabschef des Prsäidenten Rohani und den Vorsitzenden der iranischen Organisation für ausländische Investition, Behrouz Alishiri.

Win-Win

Der französische Wirtschaftsminister Pierre Moscovici sprach von großen wirtschaftlichen Möglichkeiten, Rohanis Win-Win-Motto machte die Runde; so sprach Nahavandian von einem Upgrade der Beziehungen zu einer "Win-Win"- Situation. Der Klimawandel wurde allenthalben bestätigt, außer von einem.

John Kerry verschaffte seiner Erregung über dieses Treffen beim französischen Amtskollegen Laurent Fabius Luft, berichtet die französische Wirtschaftszeitung Les Echos. "So viel Aufmerksamkeit für eine Delegation von Unternehmenschefs gabs noch nie."

"Nicht hilfreich!"

Fabius wurde mit einem Telefonanruf Kerrys Bescheid gegeben, dass dieser Besuch nicht hilfreich war, was die politische Richtlinienbotschaft der USA an Iran anbelangt. Die Sanktionen gelten weiterhin, heißt das.

"It is not business as usual", wurde Fabius belehrt; Teheran sei noch nicht offen, beschied Washington dem französischen Außenminister Fabius - gerade ihm, der in den Atomverhandlungen die vormalig Großbritannien zugeschriebene Rolle übernahm und den bad cop gab (vgl. Fabius lässt Verhandlungen mit Iran platzen).

Eine deutliche Reaktion des französischen Außenministers war noch nicht zu vernehmen. Die Medef ließ wissen, das man die Kritik nicht richtig ernstnehmen kann, angesichts dessen wer zuvor schon, trotz politischer Vorgaben, zur Geschäfteanbahnung in Teheran war. Auch Amerikaner waren auf dem "Business-Trail", rechtfertigte sich die Vereinigung der Bosse ("Patrons"), und Österreicher, Deutsche, Portugiesen, Italiener, Chinesen, Spanier.

"Wir haben nichts zu verlieren und alles zu gewinnen"

Es werde Zeit, dass Frankreich wieder dort anknüpft, wo man vor der Sanktionspolitik war, als Renault und Peugeot sehr präsent in Iran waren und das Land unser größter Partner im Nahen Osten war, so der Wirtschaftsprofessor Thierry Coville, der zur Sprache bringt, was wahrscheinlich in vielen Wirtschaftsköpfen herumgeistert

Iran ist wahrscheinlich ein enormer Markt, mit den größten Gas-Ressourcen der Welt, den zweitgrößten Erdölvorkommen, ein Land, das dreimal so groß wie Frankreich ist, 80 Millionen Einwohner, mit einer sehr gut ausgebildeten städtischen Mittelklasse, einem enormen Appetit auf eine westliche Lebensweise, einem Fahrzeugpark, der dringend erneuert werden muss..ohne jetzt vom dringendsten Problem zu sprechen, das sich Iran stellt: der Wasserversorgung. Kurz: Wir haben nichts zu verlieren und alles zu gewinnen.