US-Bürger und Alliierte sollen auch mit Gewalt vor dem Zugriff des Internationalen Gerichtshofs geschützt werden
US-Senat hat den berüchtigten "American Servicemembers' Protection Act" gebilligt
Der US-Senat hat am 6. Juni die US-Regierung den sogenannten "American Servicemembers' Protection Act" (ASAP) als Anhang zu einem zusätzlichen Budgetgesetz H.R. 4775 mit einer Mehrheit von 75 zu 19 Stimmen gebilligt. Der ASAP, auch "The Hague Invasion Act" tituliert, wurde ursprünglich von Senator Jesse Helms eingebracht und passierte bereits am 24. Mai 2002 das Repräsentantenhaus. Nach dem Gesetz wäre es dem US-Präsidenten möglich, amerikanische Angeklagte vor dem Internationalen Gerichtshof, der in Den Haag eingerichtet wird, auch mit militärischer Gewalt zu "befreien" (Startschuss für den Internationalen Strafgerichtshof). Für die Politiker, die hinter der amerikanischen Hegemonie-Politik von Präsident Bush stehen, ist das Gesetz wichtig, um die wachsende Präsenz von US-Truppen und deren Interventionen in vielen Ländern auf der ganzen Welt zu schützen und in einem rechtsfreien Raum zu lassen.
Nachdem das Gesetz nun in zwei verschiedenen Fassungen vorliegt, muss vor dessen Inkrafttreten noch eine gemeinsame Version von Senat und Repräsentantenhaus erzielt werden. Das könnte noch einige Wochen dauern, wobei auch möglich ist, dass es zumindest abgemildert werden könnte.
Die US-Regierung selbst scheint dem Gesetz gegenüber nicht abgeneigt zu sein, hat sie doch erst unlängst mit einem bislang einmaligen Schritt die Unterschrift unter das Statut von Rom zurückgezogen, um so jede Anerkennung des Internationalen Gerichtshofs (ICC) zu vermeiden. Vor dem ICC soll Menschen der Prozess gemacht werden, die sich schwerer Verbrechen schuldig gemacht haben (Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen in Form von schweren Verletzungen der Genfer Konventionen oder anderen schweren Verstößen gegen Abkommen für bewaffnete Konflikte und "Verbrechen der Aggression", die allerdings erst später näher definiert werden sollen).
Anfang April hatten mehr als 60 Staaten das Statut ratifiziert, wodurch der ICC ins Leben gerufen werden kann (Der Ständige Internationale Strafgerichtshof wird kommen). Die US-Regierung fürchtet eine "Politisierung der Justiz" und hat Sorge, dass amerikanische Soldaten, Staatsangestellte oder Politiker im Ausland willkürlich angeklagt und vor den Gerichtshof gestellt werden könnten. Aufgrund der von den USA vorgebrachten Einwände wurden bereits viele Sicherheitsmaßnahmen für den ICC eingebaut, die im Grunde verhindern, dass jemals ein US-Soldat angeklagt und verurteilt werden könnte.
Mit der wenig verbindlichen Unterschrift wären die USA nur verpflichtet gewesen, die Arbeit des ICC nicht zu behindern. Wirklich Gefahr gelaufen wären jedoch wohl Regierungsmitglieder, Soldaten oder andere US-Vertreter nicht, außerhalb der USA in einem Mitgliedsland aufgegriffen und vor den ICC gestellt zu werden. Gleichwohl hatte neben dem Argument, dass US-Bürgern vor dem UN-Gericht nicht alle Rechte zukommen würden, die ein US-Bürger habe, eben das die US-Regierung als wesentlichen Grund für die Zurückziehung der Unterschrift genannt. Vor allem im Rahmen des von den USA geführten Kriegs gegen den Terrorismus, dessen Spielregeln die US-Regierung unter Umgehung aller internationaler Abkommen selbst absteckt, will man weiterhin freie Hand haben und nicht belangt werden können. Pierre-Richard Prosper, der Gesandte der amerikanischen Regierung für Kriegsverbrechen, sagte in einem Interview für das Crimes of War Project , man stimme "prinzipiell" mit dem ASAP überein, dass Regierungsangestellte geschützt werden müssen: "Es geht nur darum, die Einzelheiten auszuarbeiten, wie man diesen Schutz am besten gewährleistet."
" In addition to exposing members of the Armed Forces of the United States to the risk of international criminal prosecution, the Rome Statute creates a risk that the President and other senior elected and appointed officials of the United States Government may be prosecuted by the International Criminal Court. Particularly if the Preparatory Commission agrees on a definition of the Crime of Aggression over United States objections, senior United States officials may be at risk of criminal prosecution for national security decisions involving such matters as responding to acts of terrorism, preventing the proliferation of weapons of mass destruction, and deterring aggression. No less than members of the Armed Forces of the United States, senior officials of the United States Government should be free from the risk of prosecution by the International Criminal Court, especially with respect to official actions taken by them to protect the national interests of the United States."
Das jetzt vom Senat gebilligte Gesetz im Rahmen des H.R.4775 (2002 Supplemental Appropriations Act for Further Recovery From and Response To Terrorist Attacks on the United States) würde den US-Präsidenten ermächtigen, alle Maßnahmen bis hin zur militärischen Invasion für den Fall zu ergreifen, dass einem US-Bürger oder einem Angehörigen eines alliierten Staates wegen Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit der Prozess vor dem ICC in Den Haag gemacht werden sollte. Die Sprache wurde zwar gegenüber vorherigen Versionen gemäßigt, aber das Spektrum möglicher Aktionen schließt Gewalt nicht aus: "The President is authorized to use all means necessary and appropriate to bring about the release of any person described in subsection (b) who is being detained or imprisoned by, on behalf of, or at the request of the International Criminal Court."
Der ASPA verbietet überdies kategorisch die Zusammenarbeit der USA mit dem ICC und soll auch eine Beteiligung der USA an friedenssichernden Einsätzen der UN so lange verhindern, bis die amerikanischen Soldaten von der Strafverfolgung durch den ICC ausgenommen worden sind. In früheren Fassungen war vorgesehen, keine militärische Hilfe an die Staaten zu leisten, die den ICC-Vertrag ratifiziert haben und nicht der Nato angehören oder wichtige Verbündete wie Ägypten, Israel oder Taiwan sind. Dieser Passus wurde dann auf Druck der Regierung abgeändert, so dass nun der Präsident die Entscheidung über weitere Ausnahmen treffen kann.
Gleichzeitig soll das Gesetz aber die eigenen Interessen bei der Verfolgung von Kriegsverbrechen und die Zusammenarbeit mit anderen Staaten oder Organisationen zu diesem Zweck nicht behindern:
"Nichts in diesem Gesetz soll es den USA verbieten, internationale Bemühungen zu unterstützen, Saddam Hussein, Slobodan Milosevic, Usama bin Ladin, andere Mitglieder von al-Qaida, Führer des Islamischen Dschihad und andere Staatsangehörige anderer Länder, die des Völkermords, der Kriegsverbrechen oder der Verbrechen gegen die Menschlichkeit beschuldigt werden, der Gerechtigkeit zuzuführen."
Gefragt sind jetzt die Alliierten im Kampf gegen den internationalen Terrorismus von ihrer uneingeschränkten Solidarität abzurücken und solchen, von der US-Regierung unterstützten Bestrebungen eine klare Absage zu erteilen, die jeden Schritt in eine rechtlich verbindliche globale Gerechtigkeit unterminieren könnten und den Weltfrieden nachhaltig beeinträchtigen würden.