US-Demokraten ändern Nominierungsregeln - größere Chancen für Nichtetablierte

Bernie Sanders. Bild: Nick Solari. Lizenz: CC BY 2.0

Funktionäre und Amtsträger, die "Superdelegierten", sollen zukünftig erst im zweiten Kandidatenwahlgang maßgeblich mitwählen

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Bei Vorwahlen der US-Demokraten durften bislang sehr viel mehr Funktionäre und Amtsträger der Partei als so genannte "Superdelegierte" mit abstimmen als bei den Republikanern. Bernie Sanders, der das letzte Nominierungsrennen der Partei gegen Hillary Clinton verlor, kritisierte das als undemokratisch. Er hätte die Nominierung zwar auch ohne die ganz überwiegend der Establishment-Kandidaten zuneigenden Superdelegierten verloren, glaubt aber, dass viele Vorwahlen anders ausgegangen wären, wenn die Wähler nicht geglaubt hätten, dass Clinton alleine schon wegen der Superdelegierten die Nominierung gewinnt.

Knappe zwei Jahre nachdem Clinton die Wahl trotz massiver Medienunterstützung gegen den Anti-Establishment-Republikaner Donald Trump verlor, hat sich das Democratic National Committee nun zu einer Änderung der Regeln entschlossen. Funktionäre und Amtsträger sollen zwar weiterhin als Superdelegierte mitstimmen dürfen - aber maßgeblich erst im zweiten Wahlgang, den es nur dann gibt, wenn im ersten kein Kandidat eine absolute Mehrheit auf sich vereinigt.

Potenzielle Kandidaten

Das erhöht potenziell die Chancen von Kandidaten außerhalb des Parteiestablishments, zu denen erneut Sanders zählen könnte. Eine im Vergleich zu ihm leichter kontrollierbare Kandidatin mit milderem Außenseiter-Image wäre beispielsweise Oprah Winfrey. Sie überlegte sich ein Antreten Anfang des Jahres öffentlich, sagte aber dann ab (vgl. Promisierung der Politik). Auch der Facebook-Gründer Marc Zuckerberg, seine Geschäftsführerin Sheryl Sandberg (die der SPD-Politiker Ralf Stegner auf Twitter mit Beate Zschäpe verglich) und die Hollywoodstars George Clooney und Tom Hanks bestritten offiziell Ambitionen. Nur der Schauspieler Alec Baldwin erklärte am 11. Juni, er könne Trump "absolut" schlagen.

Als potenzielle Kandidaten aus dem Parteiestablishment nennen US-Medien unter anderem die beinamputierte teil-thaistämmige Veteranin und Senatorin Tammy Duckworth, die samoanischstämmige Senatorin Tulsi Gabbard, die indisch-jamaikanischstämmige Senatorin Kamala Harris, den niederländischstämmigen Colorado-Gouverneur John Hickenlooper und den ehemaligen Vizepräsidenten Joe Biden. Hillary und Chelsea Clinton haben dagegen (zumindest offiziell und vorerst) ebenso abgesagt wie die früher als Favoritin gehandelte Senatorin Elisabeth Warren, die durch ihre Pocahontas-Affäre so massiv an Glaubwürdigkeit verlor, dass sie erklärte, 2020 nicht antreten zu wollen, weshalb sie nun als potenzielle Kandidatin für 2024 gilt (vgl. Kanye West vs. Elizabeth Warren?).

Neben solchen nicht erklärten Kandidaten gibt es auch welche, die ihre Bewerbung bereits offiziell bekannt gaben: Der Marylander Repräsentantenhaushinterbänkler John Delaney, der Solarapostel Harry Braun, der Verschwörungsapostel Jeff Boss, der Grundeinkommensapostel Andrew Yang, der "Free Hugs Guy" Ken Nwadike, der Patientenanwalt Geoffrey Fieger, der ehemals in der Reform Party aktive Rocky De La Fuente und Robby Wells, der vorher für die der Constitution Party gewählt werden wollte. Reelle Chancen werden all diesen frühzeitigen Bewerbern nicht eingeräumt.

Halbzeitwahlen

Sanders verkündete am 14. August auf MSNBC, erst einmal bei den im November anstehenden Halbzeitwahlen für einen der Senatssitze von Vermont anzutreten. Und zwar erneut als unabhängiger Kandidat, auch wenn ihn die Demokraten dort als ihren Kandidaten nominieren würden. Dass er auch als Unabhängiger gewinnt, gilt als ausgemacht.

Insgesamt haben die Republikaner der Wettseite Predictit zufolge gute Chancen, ihre Mehrheit im Senat zu behalten. Danach sind zwar republikanische Senatssitze in Arizona, Nevada und Tennessee gefährdet - aber in Florida, Indiana, North Dakota und Missouri müssen im Gegenzug die Demokraten einen Verlust fürchten. Für Donald Trump könnte die Situation im Senat bereits vor der Neubesetzung etwas bequemer werden, weil der republikanische Senator John McCain, einer der schärfsten innerparteilichen Gegner des Präsidenten, am Samstag an Hirnkrebs verstarb.

Offener ist, welche Partei nach der Halbzeitwahl die Mehrheit in der anderen Kongresskammer hat, dem Repräsentantenhaus. Etablierte US-Medien wie CNBC sehen hier die Demokraten mit 70 Prozent Wahrscheinlichkeit im Vorteil - allerdings sahen sie vor der Präsidentschaftswahl auch die letztendliche Verliererin Hillary Clinton mit etwa dieser Wahrscheinlichkeit vorne. Möglicherweise verdeckt eine Parteilichkeit, wie sie der Twitter-CEO Jack Dorsey unlängst offen einräumte den Blick auf die reale Stimmung.

Gelänge es den Republikanern, neben dem Senat auch das Repräsentantenhaus zu halten, könnte Trump das angesichts der Geschichte der Halbzeitwahlen in den USA als bemerkenswerten Erfolg verkaufen: Traditionell verliert dort nämlich die Partei des amtierenden Präsidenten. Das geschieht so regelmäßig, dass Ronald Reagan der letzte Präsident war, dessen Partei nach einer Halbzeitwahl noch Mehrheiten in beiden Kammern hatte. Seine bisherigen Nachfolger verloren meistens sogar in beiden Kammern die Mehrheit.

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