US-Diplomaten in Havanna offenbar Opfer von Grillengezirpe
Studie von US-amerikanischen und britischen Biologen führt Geräusche von angeblicher Schallwaffe auf Insekten zurück
Wissenschaftlern aus den USA und Großbritannien sind nach einer Untersuchung angeblicher Angriffe mit "Schallwaffen" auf die US-Botschaft in Havanna zu einem überraschenden Ergebnis gekommen: Bei den Geräuschen, die angeblich erkrankte Diplomaten gehört haben wollen, soll es sich um Grillen handeln. Die Regierung von US-Präsident Donald Trump hatte die sozialistische Regierung Kubas beschuldigt, die diplomatische Vertretung mit einem unbekannten Waffensystem attackiert zu haben (Angriffe auf US-Botschaftspersonal in Kuba und jetzt in China mit akustischen Waffen?).
Dies konnten Wissenschaftler nun nicht bestätigen. Die Geräusche stammten vielmehr von Grillen, die in der Umgebung der Botschaft vorkommen. Die Studie, die auf der Jahrestagung der US-amerikanischen Society for Integrative and Comparative Biology (SICB) vorgestellt wurde, bestätigt, dass die Geräusche, die Diplomaten und Beamte der US-Botschaft angeben gehört zu haben, mit dem Zirpen durch Stridulation übereinstimmt.
"Das Einzige, was ich sagen kann, ist, dass die Aufnahme wohl von einer Grille stammt, und wir denken, dass wir wissen, um welche Art es sich handelt", sagte Alexander Stubbs, einer der Studienautoren, gegenüber der New York Times. Der Biologe der University of California in Berkeley hatte auf der SICB-Jahrestagung in Tampa, Florida, einen Vortrag mit dem Titel "Sound attributed to 'sonic attacks' on U .S . diplomats in Cuba spectrally matches echoing cricket" gehalten.
Die Wissenschaftler verglichen die Aufzeichnungen der Geräusche, die von ehemaligen Mitarbeitern der Botschaft vorgelegt worden waren, mit dem Zirpen von Grillen der Art "Anurogryllus celerinictus", bekannt als Indische Kurzschwanzgrille. "Sie stimmt bis ins Detail mit der Aufzeichnung überein, und zwar in Dauer, Pulsfolgefrequenz, Leistungsspektrum, Pulsfrequenzstabilität und Schwingungen pro Puls", heißt es in der Studie. Die New York Times schreibt, dass weitere Experten die Analyse der Spezialisten um Stubbs für richtig befunden haben.
US-Diplomaten hatten zuvor behauptet, bei ihnen seien nach seltsamen Tönen körperliche Beschwerden wie Kopfschmerzen oder gar Bewusstlosigkeit aufgetreten. Sie führten diese erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen in Gesprächen mit Medizinern auf "sehr laute" Geräusche zurück, die man sogar noch aus einem fahrenden Fahrzeug heraus hörten könne.
Ende 2016 hatten die USA Kuba vorgeworfen die Botschaft mit einer mutmaßlichen Schallwaffe angegriffen zu haben. Obwohl die kubanische Regierung die Anschuldigungen zurückwies und medizinisches Personal sowie Unterstützung bei der Aufklärung des Falls anbot, entschied sich die Regierung von Donald Trump kurz nach Amtsantritt, das diplomatische Personal aus Havanna zu dessen Schutz fast komplett abzuziehen. Gegen Ende der Amtszeit von Vorgänger Barack Obama war die US-Interessenvertretung im Zuge eines Annäherungsprozesses erst in eine reguläre Botschaft umgewandelt worden.