US-Geheimdienste weisen auf geheime Anthrax-Vorräte im Irak hin
Um den Beschluss im Sicherheitsrat noch in letzter Minute zu beeinflussen und später bessere Möglichkeiten zur Invasion zu haben, hat die US-Regierung schon einmal versucht, die Glaubwürdigkeit der UN-Inspektoren zu untergraben
Noch war die UN-Resolution über erneute Waffeninspektionen im Irak nicht beschlossen, da hatten die amerikanischen Geheimdienste bereits erste Versuche gemacht, die Waffeninspekteure unter Druck zu setzen, während man gleichzeitig noch einmal dafür sorgte, dass die Abstimmung auch im amerikanischen Interesse erfolgt. Angeblich hatte man die UN-Waffeninspekteure bereits informiert, dass der Irak noch 7.000 Liter Anthrax versteckt gelagert haben soll, doch Hans Blix, der Leiter von Unmovic, hätte diese Information nicht dem Sicherheitsrat übermittelt.
Schon allein dieser Versuch, die Glaubwürdigkeit von Blix und damit der Waffeninspekteure insgesamt zu untergraben, lässt erkennen, wie die US-Regierung mit der Resolution weiter verfahren dürfte. Schon jetzt hat sie durch Erpressung die UN düpiert, da Bush stets deutlich gemacht hat, zur Not auch ohne Beschluss durch den Sicherheitsrat gegen den Irak vorzugehen. Zwar findet sich in der akzeptierten Resolution kein Automatismus für einen Angriff, aber auch keinen Zwang, dass der Sicherheitsrat einen Angriff billigen müsste. John Negroponte hat den Punkt bereits deutlich expliziert: "Diese Resolution hindert keinen Mitgliedsstaat daran, sich vor der vom Irak ausgehenden Bedrohung nicht selbst verteidigen zu können .. Unsere Botschaft an den Irak ist einfach: Nichteinhaltung ist keine Option mehr."
Diese Haltung machte auch Bush erneut deutlich, als er die Entscheidung des Sicherheitsrates begrüßte, und demonstrierte so wiederum, dass die UN für ihn nur solange von Bedeutung ist, solange sie den Interessen der USA sich fügt.
"The United States has agreed to discuss any material breach with the Security Council, but without jeopardizing our freedom of action to defend our country. If Iraq fails to fully comply, the United States and other nations will disarm Saddam Hussein."
Man wird also gewärtigen dürfen, dass Brüche der Resolution womöglich auch aktiv erzeugt werden könnten, falls denn tatsächlich der Wunsch bei der US-Regierung besteht, in den Krieg zu ziehen und einen Regimewechsel herbeizuzwingen. Eine Schwächung der Position der Waffeninspekteure wäre dafür ein geeignetes Mittel. Dass Blix die Information angeblich nicht dem Sicherheitsrat mitgeteilt hat, lässt offenbar für Mitglieder der Regierung, die das (noch) nicht direkt sagen wollen, ein Misstrauen entstehen, ob denn später tatsächlich auch alle Behinderungen der Waffeninspektionen gemeldet würden.
Nach Informationen, die der Washington Times auf dem üblichen Wege zugespielt wurden, hätten Geheimdienste aufgrund neuster Informationen, unter anderem von übergelaufenen Mitgliedern des Irak-Regimes, Kenntnis davon erhalten, dass der Irak 1995 nicht, wie gegenüber den UN-Inspektoren berichtet, alle Anthrax-Vorräte vernichtet hat. Ewen Buchanan, ein Sprecher von Unmovic, wollte diese Information allerdings nicht direkt bestätigen oder verneinen und sagte, es sei offene Frage, ob der Irak weiter Anthrax hergestellt oder gelagert habe. Und genau der Beantwortung solcher Fragen würden die anstehenden Inspektionen dienen. Blix hatte hingegen in einem Fernsehinterview gesagt, man gebe dem Sicherheitsrat deswegen keine Informationen von Geheimdiensten weiter, weil diese ihre Quellen nicht nennen. Sie sind also nicht überprüfbar.
Und genauso geschieht es offenbar. Die Geheimdienste legen ihre Beweise nicht vor, sondern suchen über die Medien ihre Informationen publik zu machen, um die öffentliche Meinung und die der Vertreter von anderen Staaten zu beeinflussen. Erst kürzlich habe ein bereits vor zwei Jahren geflohener irakischer Offizier, der jetzt Mitglied einer Oppositionsgruppe ist (und wahrscheinlich auf einen Post nach einer Invasion aus ist) von den Anthrax-Vorräten und anderen Lagerstätten für chemische und biologische Waffen berichtet. Das sei durch andere Informationen bestätigt worden. "Wenn Blix das nicht weitergibt, was wird er dann tun, wenn der Irak die Waffeninspektoren behindert?", zitiert die Washington Times einen der üblichen anonymen "officials", über die mithilfe der Medien, die gerne die Anonymität der Quelle gegen eine quotenträchtige, wenn auch nicht notwendig richtige Nachricht eintauschen. So erübrigt sich ein Propagandabüro oder vielmehr: genauso arbeitet es.
Und genau auf solche Weise dürfte auch über Krieg und Frieden entschieden werden, denn stets ließe sich stets behaupten, die Waffeninspektoren hätten nur die in der Resolution Waffen oder Produktionsstätten nicht gefunden oder seien getäuscht worden. Nicht nur das Irak-Regime und Saddam Hussein, denen niemand eine Träne nachweinen dürfte, sondern auch die Weltgemeinschaft ist so dem Belieben von Kriegswilligen, sprich: der US-Regierung und ihren Falken, ausgeliefert. Die nur allzu deutlich inszenierte Unterminierung der UN-Waffeninspekteure ist dafür nur der erste Schritt.