US-Wahlkampf: Biden liegt weiterhin vorn
Die Unruhen in amerikanischen Städten haben noch zu keinen erkennbaren Trends in der Wählermeinung geführt
Seit Monaten hat der Herausforderer der demokratischen Partei, Joe Biden, einen signifikanten Vorsprung gegenüber U.S.-Präsident Donald Trump in einer Mehrzahl der Meinungsumfragen. Der Abstand, der vorübergehend im zweistelligen Bereich lag, hat sich verringert, ist jedoch weiterhin beträchtlich. Eine Analyse von RealClearPolitics gelangt zu einem durchschnittlichen Vorsprung für Biden auf Bundesebene von derzeit 6,9 Prozent.
Die Internetseite Vox vermutet, Trumps Popularität bei den Wählern sei nach dem Parteitag der Republikaner Ende August leicht angestiegen. Doch dieser Schub sei nicht stark genug gewesen, um Bidens Führung in den jüngsten Umfragen nennenswert zu verringern.
Laut dem "Battleground Tracker" von CBS hat Biden gegenüber Trump einen komfortablen Vorsprung im "Electoral College", dem Organ, das den Präsidenten wählt. Aktuell werden 279 der 538 Wahlleute zugunsten von Biden, 163 Wahlleute zugunsten von Trump verortet. Allerdings werden 96 als "toss up", d.h. als ungewiss eingestuft (Stand: 07.09.2020).
Der "Battleground Tracker", so CBS, sei nicht eine Meinungsumfrage, sondern ein "großes Datenprojekt", das sich aus verschiedensten Informationsquellen, darunter Zensusdaten und historische Trends, speise. Bundesstaat für Bundesstaat werden die zur Verfügung stehenden Daten ausgewertet. Dadurch sei es möglich, Änderungen in den Wählerpräferenzen frühzeitig zu erkennen. Doch anscheinend finden derzeit kaum nennenswerte Verschiebungen dieser Präferenzen statt.
Laut neuesten Daten von CBS hat Biden auf nationaler Ebene unter Wählern, die angeben, dass sie wahrscheinlich zur Wahl gehen werden, einen Vorsprung von 10 Prozent gegenüber Trump. Biden führt mit 52 Prozent vor Trump mit 42 Prozent.
Noch größer ist der Abstand bei der Frage, wem ein besseres Management der Coronakrise zugetraut wird. Hier liegt Biden weit vor Trump mit 50 zu 38 Prozent. Selbst in einem der besonders wichtigen "Swing States", in Wisconsin, wo Trump 2016 mit weniger als 28.000 Stimmen Vorsprung gewann, führt Biden vor Trump mit 50 zu 44 Prozent. Trump hingegen werden von den Wählern bessere Fähigkeiten im Management der Wirtschaft zugeschrieben.
Das Verhältnis der Umfragewerte der beiden Kontrahenten hat sich seit Anfang August nicht nennenswert verschoben, obwohl seitdem die Parteitage der Demokraten und der Republikaner über die Bühne gegangen sind und sich auch sonst allerhand in den USA zugetragen hat. Die Proteste, die Unruhen, die Naturereignisse, die Enthüllungen und Skandale der letzten Wochen oder die Wirtschaftslage scheinen sich, jedenfalls noch im Moment, nicht in signifikanten Trends in den Daten der Wählerpräferenzen niederzuschlagen.
In einer Analyse von CNN heißt es dazu: "In der Tat ist die Stabilität dieses Rennens ein Rekord, wenn man sich Umfragen bis zurück ins Jahr 1940 ansieht." Im Durchschnitt liege Biden seit Jahresbeginn mit sieben Punkten vor Trump. in den meisten Wahljahren verteilten sich die Umfragewerte in einer sehr viel größeren Streubreite um einen Mittelwert.
Selbstverständlich ist ein Wahlsieg Bidens damit noch längst nicht abgemachte Sache. Laut einer Umfrage, die Politico zitiert, liegt Biden in North Carolina, ebenfalls ein "Swing State", mit nur zwei Punkten vorn. Dieser geringe Vorteil liegt innerhalb der Fehlermarge. Der Wahlausgang in diesem Bundesstaat ist somit nach jetzigem Stand völlig ungewiss.
Sowohl Publizisten als auch Politiker spekulieren derzeit, dass sich die Unruhen in Kenosha, Portland und anderen Städten der USA zugunsten von Trump auswirken könnten. The Atlantic schrieb, allerdings noch vor Bidens Besuch in Kenosha, falls Trump die Wahl gewinne, könnten die dortigen Unruhen der Grund für seinen Wahlsieg gewesen sein. Einem Bericht von Axios zufolge sorgen sich Politiker der Demokraten, die Gewalt in den Städten könnte Trump zur Wiederwahl verhelfen.
Trump jedoch hat seine eigenen, oft selbstgemachten Probleme. Selbst auf Fox News sickerten dieser Tage Informationen durch, die Details eines Berichts, demzufolge der Präsident sich äußerst despektierlich über Veteranen des US-Militärs geäußert haben soll, bestätigen. Als unangenehm für Trump könnte sich erweisen, dass seine mutmaßliche Äußerung, gefallene Soldaten seien "Loser" und "Schwächlinge", weil sie sich hätten töten lassen, perfekt in das zynische Weltbild passen, für das er bekannt ist.
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