USA: Gefängnisland Nr. 1
Jeder hundertste erwachsene Amerikaner sitzt jetzt hinter Gittern, am meisten Strafgefangene gibt es im Bible Belt
Nach einem Bericht des Pew Center on the States haben die USA erstmals in der Geschichte den Rekord eingestellt, dass ein Prozent der erwachsenen Bevölkerung hinter Gittern sitzt. Anfang 2008 waren dies genau 2.319.258 Menschen.
Die USA liegen mit einem Strafgefangenen auf 99,1 Bewohner weltweit an der Spitze. In der zweiten Welt der Gefängnisse leben in den USA 750 von 100.000 Einwohnern. In Russland sind es 628, in weitem Abstand folgt dann etwa Weißrussland mit 426. In England und Wales sind beispielsweise nur noch 148 von 100.000 Einwohnern eingesperrt, in Deutschland 93 oder in Frankreich 85. Unter den 26 europäischen Ländern mit den meisten Gefängnisinsassen liegen Dänemark und Italien mit jeweils 67 am Ende.
Im Vergleich zwischen den USA und den 26 europäischen Ländern wird die unterschiedliche Strafkultur auch noch einmal deutlich. Während in den 26 europäischen Ländern insgesamt 800 Millionen Menschen wohnen und davon 1,8 Millionen eingesperrt sind, leben in den USA 299 Millionen und sind 2,3 Millionen in Haft. Selbst in China gibt es nur 1,8 Millionen Gefangene. Dass man aus der Zahl der Gefängnisinsassen nicht ableiten kann, in welchem Land man sichersten lebt, dürfte auf der Hand liegen. Ebenfalls einsichtig dürfte schon anhand dieser Zahlen sein, dass schnelle und zahlreiche Verurteilungen zu Gefängnisstrafen nicht sonderlich abschreckend wirken.
Auch in den USA gibt es erhebliche Unterschiede. Am wenigsten Häftlinge findet man mit 273 auf 100.000 in Maine, am meisten mit 1.138 in Louisiana. Deutlich ist, dass im südlichen Bible Belt, also neben Louisiana in Florida, Texas, Oklahoma, Mississippi, Alabama, Georgia und South Carolina der höchste Prozentsatz der Bevölkerung hinter Schloss und Riegel sitzt. In Georgia, Texas, North Carolina oder Texas arbeiten denn auch mehr als 15 Prozent der Staatsangestellten im Strafvollzug. In Neuengland (Maine, New Hampshire, Massachusetts, Vermint) gibt es am wenigsten Gefangene, am Ende liegen auch Iowa, Nebraska, Minnesota und North Dakota.
Erst in den letzten Jahrzehnten ist die Zahl der Gefangenen stark angewachsen. Seit 1987 hat sich die Zahl der Strafgefangenen verdreifacht. 2007 ging es ein mit zusätzlich 25.000 ein wenig gemächlicher bergauf. Bei den Gefängnisinsassen findet sich der bekannte Unterschied zwischen den Ethnien. Während einer von 54 Männern über 18 Jahren eingesperrt ist, ist das Verhältnis bei den Weißen 1 zu 106, bei den Latinos 1 zu 36, bei den Schwarzen 1 zu 15. Bei den 20-34-jährigen Schwarzen ist sogar bereits jeder neunte hinter Gittern.
Die Autoren des Berichts rechnen vor, dass der Gefängnisstaat im Staat auch erhebliche Gelder verschlingt. Waren es 1987 noch 12 Milliarden Dollar, so sind es jetzt 49 Milliarden. Geht der Trend ungebrochen weiter, wären es 2011 schon 75 Milliarden. Durchschnittlich kostete 2005 jeder Sträfling 24.000 Dollar. Kalifornien gab 2007 für den Strafvollzug 8,8 Milliarden Dollar aus. Letztes Jahr unterschrieb Schwarzenegger ein Gesetz, das fast 8 Milliarden Dollar für 53.000 weitere Gefängnisbetten vorsieht. Insgesamt steigen die Gesundheitskosten für die Sträflinge an, auch deswegen, weil die Gefangenen älter werden. Allgemein verschlingt der Strafvollzug 1 von 15 Dollar staatlicher Ausgaben, in einigen Bundesstaaten erreichen die Ausgaben 8 bis über 10 Prozent des Haushalts.
Und interessant ist sicherlich, dass die Ausgaben für den Strafvollzug zwischen 1987 und 2007 um 127 Prozent angestiegen sind, für die höhere Bildung jedoch nur um 21 Prozent. Studien haben gezeigt, dass mit der Bildung – angefangen vom Kindergarten - die Kriminalität sinkt. "Für all das Geld, das heute für den Strafvollzug ausgegeben wird, gibt es keinen klaren und überzeugenden Gewinn an öffentlicher Sicherheit", sagt Adam Gelb vom Pew Public Safety Performance Project. “Mehr und mehr Bundesstaaten beginnen bereits über ihr Vertrauen auf Gefängnisse für kleinere Vergehen nachzudenken und versuchen, Strategien zu finden, die hart gegenüber dem Verbrechen sind, ohne allzu hart gegenüber den Steuerzahlern zu sein."