USA: Kampfansage an chinesische Staatsunternehmen?
Chinesischen Firmen droht der Ausschluss von den US-Börsen
Pünktlich zum Beginn des Nationalen Volkskongresses in Peking nehmen Washingtons Provokationen zu. US-Präsident Donald Trump nannte in einem Tweet den Sprecher des chinesischen Außenministerium einen "Spinner" und erklärte, "Chinas Inkompetenz" habe "das weltweite Massensterben" verursacht. Ein US-Kriegsschiff drang im im Südchinesischen Meer in chinesische Hoheitsgewässer ein und musste von der chinesischen Marine vertrieben werden. Außerdem billigte Washington den Verkauf von Torpedos an Taiwan für 180 Millionen Dollar. Und bald könnte chinesischen Unternehmen der Ausschluss von US-Börsen drohen.
Der US-Senat verabschiedete am Mittwoch einen Gesetzesentwurf, der vorschlägt, ausländische Unternehmen von US-Börsen auszuschließen, wenn sie sich nicht an Transparenz- und Bilanzregeln halten. Der Gesetzesentwurf "Holding Foreign Companies Accountable Act" (Gesetz über die Rechenschaftspflicht ausländischer Unternehmen) soll zwar für alle ausländischen Unternehmen gelten, aber insbesondere chinesische Firmen ins Visier nehmen.
Demnach sollen Unternehmen bestätigen, dass sie sich "nicht im Besitz oder unter der Kontrolle einer ausländischen Regierung" befinden. Zudem sollen sie ihre Geschäftsbücher für die Public Company Accounting Oversight Board, der Aufsichtsbehörde für börsennotierte Unternehmen, öffnen. Andernfalls würden Unternehmen an der Nasdaq, der NYSE und anderen Börsenplätzen nicht mehr gelistet werden.
Das Holding Foreign Companies Accountable Act verpflichtet also chinesische und andere ausländische Firmen zu demselben Grad an Transparenz und Rechenschaftspflicht wie alle börsennotierten US-Firmen. Gleichzeitig werden jedoch alle chinesischen Firmen unter Generalverdacht gestellt, zu betrügen.
"China betrügt auf Schritt und Tritt"
Die verschärfte Prüfung chinesischer Unternehmen steht im Schatten eines Skandals um "Luckin Coffee", der das Misstrauen der US-Finanzmärkte gegenüber chinesischen Unternehmen verstärkte. Im April hatte das chinesische Unternehmen zugeben müssen, Bilanzen gefälscht zu haben, nachdem Wirtschaftsprüfer frei erfundene Umsätze im Gesamtvolumen von 2,2 Milliarden Yuan (310 Millionen US-Dollar) in den Büchern aufgedeckt hatten. Das Unternehmen, dessen US-Börsendebüt erst letztes Jahr erfolgte, wurde nun von der Nasdaq ausgeschlossen. Auch zwei weitere an der US-Börse notierte chinesische Unternehmen, iQiyi und TAL Education, werden wegen angeblicher Aufblähung ihrer Finanzdaten geprüft.
Gemäß einer Liste der U.S.-China Economic and Security Review Commission waren 2019 mindestens elf chinesische Staatsunternehmen - d.h. mindestens 30 Prozent des Unternehmens befindet sich im Staatsbesitz - an den drei großen US-Börsen notiert. Insgesamt 156 chinesische Unternehmen sind an US-Börsen notiert, darunter die Alibaba Group, Baidu oder PetroChina. Im Falle einer Verabschiedung des Gesetzes laufen alle Gefahr, nicht mehr an den US-Börsen gehandelt zu werden, stattdessen nach London oder Hongkong ausweichen zu müssen.
"Es gibt viele Märkte auf der ganzen Welt, die für Betrüger offen stehen, aber Amerika kann es sich nicht leisten, einer von ihnen zu sein. China befindet sich auf dem Weg zur Vorherrschaft und betrügt auf Schritt und Tritt", schreibt republikanischer Senator John Kennedy, Initiator des Gesetzes. "Es ist töricht, dass wir chinesischen Unternehmen die Chance geben, hart arbeitende Amerikaner auszubeuten, weil wir nicht darauf bestehen, ihre Bücher zu prüfen." Auf Twitter setzt Kennedy hinzu: "Die Kommunistische Partei Chinas betrügt."
Auch Trump behauptet immer wieder - und das wird dieses Jahr erneut Teil seiner Wahlkampfstrategie sein -, dass China die US-Wirtschaft auf Kosten des amerikanischen Arbeitnehmers ausnutze. Seit seinem Amtsantritt versucht Trump die USA wirtschaftlich von China abzukoppeln, etwa durch eine Reduzierung der US-Importe durch höhere Zölle. Mittlerweile spricht er von einem kompletten Abbruch der Beziehungen.
Parteiübergreifende Befürwortung
Der Gesetzesentwurf muss nun das mehrheitlich demokratische Repräsentantenhaus passieren und von Präsident Donald Trump unterzeichnet werden, um Gesetz zu werden. Dass sich die Demokraten gegen das Gesetz stellen, darf bezweifelt werden. Im Senat fand es von beiden Parteien einstimmige Unterstützung. Der demokratische Abgeordnete Brad Sherman aus Kalifornien führte eine Version des Gesetzesentwurfs im Repräsentantenhaus ein.
"Zu lange haben chinesische Unternehmen die US-Berichtsstandards missachtet und unsere Investoren in die Irre geführt", sagte Van Hollen, demokratischer Sen. und Co-Autor des Gesetzesentwurfs.
Laut einer Einschätzung von Anna Ashton, Senior Director of Government Relations beim US-China Business Council, einer gemeinnützigen Organisation zur Förderung des Handels zwischen den USA und China, sei das Gesetz "vernünftig", doch es würde chinesische Unternehmen in Konflikt mit dem chinesischen Gesetz bringen. "Chinesische Unternehmen müssten, um dieser Regel zu Folge zu leisten, Gesetze über Staatsgeheimnisse brechen", sagte Ashton. Daher ziele dieser Gesetzesentwurf darauf ab, "die chinesische Regierung dazu zu bringen, ihre Gesetze zu ändern".
Erst letzte Woche stellten republikanische Senatoren das "COVID-19 Accountability Act" vor, das Trump autorisieren würde, Sanktionen gegen China zu verhängen, wenn es bei der Untersuchung der Ursachen der Pandemie nicht kooperiert. Am selben Tag wies das Arbeitsministerium einen Bundespensionsfonds in Höhe von 557 Milliarden Dollar an, alle Investitionen in chinesische Aktien zu stoppen, weil sie "eine Bedrohung für die nationale Sicherheit darstellen".
Konkrete Reaktionen auf aktuellen Maßnahmen der US-Regierung dürften demnächst aus Peking kommen, wenn der Volkskongress die politischen Leitlinien, die neuen Wachstumsziele für die Wirtschaft als auch das neue Militärbudget in den nächsten Tagen vorstellt.