USA: Streit um Steuerreform
Die Republikaner im Repräsentantenhaus wollen Arbeitsplatzanreize nicht durch Zölle, sondern durch eine Grenzausgleichssteuer schaffen, die Unternehmen begünstigt, wenn sie nicht importieren, sondern im Inland produzieren
Der Freihandel hat dafür gesorgt, dass in den letzten Jahrzehnten zahlreiche amerikanische Industriearbeitsplätze abgebaut wurden, weil Firmen Teile ihrer Produktion in Länder verlagerten, in denen die Löhne niedriger waren. Dieses Problem trug maßgeblich dazu bei, dass Donald Trump (der hier Abhilfe versprach) gerade in den davon besonders betroffenen Rust-Belt-Bundesstaaten gewählt wurde. Nun ist er Präsident - und die amerikanische Öffentlichkeit wartet darauf, wie er das Problem konkret lösen will.
Zur Auswahl stehen drei Möglichkeiten, die sich unterschiedlich mischen lassen:
Erstens die klassischen Importzölle. Sie haben den Nachteil, dass andere Länder darauf mit eigenen Zöllen reagieren könnten, was US-amerikanische Exporteure nicht gerne sähen.
Zweitens eine bloße Senkung der Unternehmenssteuer, die in den USA derzeit mit 35 Prozent nominell relativ hoch ist, aber so viele Schlupflöcher hat, dass kaum eine Firma sie in dieser Höhe zahlt. Diese Methode hat den Nachteil, dass sie das Haushaltsdefizit vergrößert, wenn das dadurch erhoffte Wachstum nicht in gewünschter Höhe einsetzt und die Mindereinnahmen ausgleicht.
Und drittens eine so genannte Border Adjusted Tax - eine "Grenzausgleichssteuer", die Importe bei der Steuerberechnungsgrundlage gegenüber in den USA geförderten oder hergestellten Rohstoffen oder Produkten benachteiligt.
Trump will erst in den nächsten Wochen verkünden wie seine Entscheidung ausgefallen ist. Andere Politiker und Unternehmen haben dagegen schon klare Präferenzen: Die Republikaner im Repräsentantenhaus sind für das dritte Modell, die Grenzausgleichssteuer. Im Senat, der anderen Parlamentskammer, ist eine Mehrheit dafür jedoch unsicher, was damit zusammenhängt, dass es sich um eine Steuerreform handelt, bei der es nicht nur Gewinner, sondern auch Verlierer gibt:
Die Gewinner wären Pharmaunternehmen wie Eli Lilly und Pfizer, aber auch der Flugzeug- und Rüstungsgüterhersteller Boeing, der Baumaschienhersteller Caterpillar, der Chemiekonzern Dow, der Softwareanbieter Oracle und die Mischkonzerne General Electric (GE) und Honeywell. Sie haben sich mit anderen Unternehmen, die vorwiegend in den USA produzieren und einkaufen, bereits zur American Made Coalition zusammengeschlossen, die für die Grenzausgleichssteuer eintritt und sie als Maßnahme lobt, die den Wettbewerb fairer macht.
Die Verlierer bei der Einführung einer Grenzausgleichssteuer wären vor allem Einzelhandelskonzerne wie Wal-Mart und Target, deren Angebote häufig aus den Fabriken Asiens stammen. Ihr Zusammenschluss Americans for Affordable Products argumentiert, die Grenzausgleichssteuer werde zu Preissteigerungen führen und dadurch im Endeffekt vor allem Verbraucher belasten. Befürworter versuchen dieses Argument mit der Erwartung zu entkräften, dass der Dollar steigt und Importe dadurch billiger macht.
Mehr- oder Mindereinnahmen?
Was tatsächlich geschehen wird, ist ebenso offen wie die Frage, ob eine Grenzausgleichssteuer für den Staat Mehr- oder Mindereinnahmen bedeuten würde. Einige ihrer Befürworter preisen sie mit erwarteten Mehreinnahmen von einer Billion Dollar in zehn Jahren an, andere glauben, man solle lieber den Skeptikern recht geben, die Mindereinnahmen erwarten, weil sich eine "Steuersenkung" besser verkaufen lässt als eine Steuererhöhung.
In Brüssel und Berlin fürchtet man die Grenzausgleichssteuer, nachdem eine Studie der Deutschen Bank zum Ergebnis kam, dass sie "deutliche Nachfrageverschiebungen und Veränderungen grenzüberschreitender Wertschöpfungsketten" zur Folge hätte und wie eine "Einfuhrsteuer in Höhe von 20 Prozent" wirken würde. Deshalb machen sich unter anderem deutsche Autohersteller Sorgen, deren Exporte zu etwa 15 Prozent in die USA gehen. Allerdings handelt es sich dabei vor allem um Prestigeobjekte der Marken Mercedes, Audi und BMW, deren Protznutzen potenziell mit dem Preis steigt, weshalb keinesfalls sicher ist, ob der Absatz durch eine Verteuerung wirklich sinken würde.
Trotzdem bereitet die EU-Kommission schon einmal eine Klage bei einem Schiedsgericht der Welthandelsorganisation WTO vor. Bis so eine Klage entschieden ist, kann allerdings viel Zeit vergehen. So viel Zeit, dass Unternehmen sich nach amerikanischen Lieferanten umsehen und ihre Produktion oder ihr Angebot umstellen können.
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