USA: Trumps Einreiseverbot bleibt ausgesetzt

Gerichtsaal/Berufungsgericht San Francisco. Foto: Sam Wheeler / CC BY-SA 3.0

Der Präsident wütet gegen eine "politische Entscheidung" des Bundesberufungsgerichts. Die Richter monieren das Fehlen an Beweisen

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Das Bundesberufungsgericht in San Franciso hat gestern entschieden, dass das Einreiseverbot für Menschen aus sieben Staaten mit mehrheitlich muslimischer Bevölkerung in die USA weiter ausgesetzt bleibt. Es fehle an Beweisen, dass jemand aus dem Irak, aus Iran, Libyen, Somalia, Sudan, Syrien oder dem Jemen terroristische Akte in den Vereinigten Staaten begangen hätte, zitiert die New York Times aus der Begründung der drei Richter.

Sie bestätigten damit vorgängige Entscheidungen gegen den präsidentiellen Erlass (siehe USA: Berufungsgericht hält Aussetzung des Einreiseverbots für Visainhaber aufrecht). Die Entscheidung der Richter fiel einstimmig aus. Von den drei Richtern war jeweils einer von den früheren Präsidenten Barack Obama, Jimmy Carter und George W. Bush nominiert.

Die Richter machten geltend, die Öffentlichkeit habe ein starkes Interesse daran, dass die nationale Sicherheit bewahrt wird und dass der gewählte Präsident Politik umsetzen kann. Dem stünde aber das öffentliche Interesse an freien Reisemöglichkeiten, die Vermeidung von familiären Trennungen und die Freiheit von Diskriminierungen entgegen.

Grundsätzliche Fragen noch ungeklärt

Der Konflikt zwischen diesen Interessen würde die Aufrechterhaltung des Erlasses nicht rechtfertigen. Beendet ist die Auseinandersetzung über das Einreiseverbot nicht. In der Eilsache, über die das Gericht verhandelte, ging es um die Frage, ob Schaden abgewendet werden muss. Über die grundsätzlichen Fragen muss erst noch entschieden werden.

Der Tenor der Berichte dazu geht schon seit Tagen dahin, dass der Streit schließlich vor dem Obersten Gericht landet. Da dort noch eine Pattsituation herrscht, vier Richter, die Trump politisch gesonnen sind, und vier, bei denen man davon ausgeht, dass sie es nicht sind, ist ein Erfolg nicht garantiert.

Um Trumps Erfolgsaussichten zu verbessern, müsste der Richter Gorsuch, den der US-Präsident für den vakanten neunten Posten vorgeschlagen hat, eilig vom Senat bestätigt werden - und er müsste im Sinne Trumps urteilen, was nach Äußerungen Neil Gorsuchs, der mit Trumps Umgang mit einem Richter nicht einverstanden war, nicht unbedingt garantiert ist. Es gibt auch die Auffassung, dass Gorsuch seine Bemerkungen zur Rückendeckung des kritisierten Richters machte, um sich auch den Demokraten gegenüber als guter Kandidat darzustellen.

Trump: Zu große Eile im Spiel?

Trump reagierte wütend auf die gestrige Entscheidung der Richter in San Francisco. Er twitterte laut, dass man sich vor Gericht wiedersehen werde und dass die Sicherheit der Nation auf dem Spiel stehe. Aus seiner Sicht entschieden die Richter politisch. Aus seiner Umgebung werden auch entsprechende Äußerungen über das kalifornische Gericht ("most notoriously left-wing court in America") zitiert.

Auffallend ist, dass sich Trump nicht weiter um die inhaltliche Begründung der Entscheidung kümmerte. Er sucht die Rückendeckung seiner Unterstützer in der gespaltenen Bevölkerung (die "große Koalition der Wähler", wie sein bayrischer Bewunderer Horst Seehofer es nennen würde). Offenbar ist, dass sein Erlass große handwerkliche Schwächen zeigt, sonst könnte er nicht so leicht von Gerichten ausgehebelt werden.

In einer Ansprache vor Polizei-Chefs räumte er ein, dass zu große Eile im Spiel war. Er selbst habe das Datum, an dem das Einreiseverbot in Kraft treten sollte, um einen Monat nach hinten verlegen wollen, damit man sich darauf einrichten könne.

Aber, so Trump, Vertreter der Strafverfolgung hätten ihm gesagt, dass eine solche Ansage im Voraus einen "gefährlichen Andrang" von Menschen auslösen würde, die versucht hätten, ins Land zu kommen, bevor das Verbot in Kraft gesetzt wird.

Das Bedrohungsphantom

Auch diese Bemerkungen verweisen auf einen schwer einschätzbaren Führungsstil, wo Drehstuhl-Entscheidungen mal aus dieser Augenblicksposition, dann wieder aus einer etwas anderen fallen, konstant ist nur das Bedrohungsphantom, das zuverlässig am Horizont gesichtet wird:

"Ich wollte einen Monat Aufschub, dann sagte ich, wie wär's mit einer Woche? 'Dann aber', so sagten sie mir, 'werden Sie es mit einer ganzen Menge von Personen zu tun bekommen, die vielleicht, vielleicht, mit sehr bösen Absichten vor den Beschränkungen kommen.' Da habt ihrs, Leute. Das liegt jetzt so klar vor euch wie nur möglich."

Dem Gericht war die Sache mit den "sehr bösen Absichten", die der Erlass pauschal einer ganzen Menge von Einreisenden unterstellt, insbesondere muslimischer Herkunft, nicht so klar. Dass Trump im Wahlkampf von einem "Muslim-Ban" gesprochen hat und dies in der öffentlichen Auseinandersetzung mit dem Erlass eine große Rolle gespielt hat, wurde bei der Beurteilung des Erlasses ebenfalls berücksichtigt.

Darin zeigt sich schon ein politisches Element in der Einschätzung der Richter. Das Gericht kritisiert im Zusammenhang mit dem Erlass eine Verunsicherung durch Vagheiten, Stimmungsmache und eine Neigung zur Diskriminierung. Das Gegenmittel dazu wäre einfach: Genauigkeit in der Begründung, die ohne Diskriminierung auskommt. Das, wie auch das geltende Recht, ist eine Messlatte, mit der sich die neue Regierung erst noch auseinandersetzen muss. Für Stimmung sorgen kann sie, aber sonst?