USA machen Druck gegen Galileo

Ein Brief vom Pentagon warnt die europäischen Verteidigungsminister vor möglichen Konflikten

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Nachdem die europäische Weltraumbehörde ESA auf ihrer Ministerratstagung Mitte November bereits einen Milliardenbetrag für die Errichtung des Satellitennavigationssystems Galileo bereitgestellt hatte, sollten die europäischen Verkehrsminister Anfang Dezember folgen. Doch die zeigten eine zögerliche Haltung und konnten keinen Beschluss fassen. Möglicherweise ist die erneute Vertagung auch auf den Druck des amerikanischen Militärs zurückzuführen.

Galileo wäre eine Konkurrenz zum amerikanischen Global Positioning System (GPS), das zwar zur allgemeinen, zivilen Nutzung zur Verfügung steht, aber vom Militär kontrolliert wird. Das kann den Zugang bei Bedarf sperren. Wie das Raumfahrtmagazin SpaceDaily unter Berufung auf einen Bericht der spanischen Zeitung "El País" und der französischen Nachrichtenagentur AFP meldete, soll das Pentagon bereits am 1. Dezember einen Brief an europäische Verteidigungsminister geschrieben haben, in dem vor möglichen Konflikten mit dem GPS gewarnt wird. Der vom stellvertretenden Staatssekretär des Verteidigungsministeriums, Paul Wolfowitz, unterzeichnete Brief soll an den belgischen Verteidigungsminister André Flahaut adressiert gewesen sein. Dort wurde der Empfang jedoch nicht bestätigt. Auch das Branchenblatt Space News berichtet über den Brief.

Wolfowitz äußert darin Besorgnis über die europäischen Pläne, für Galileo den gleichen Bereich des Spektrums zu nutzen, in dem auch die militärische "M-Code"-Signale des GPS ausgestrahlt werden. Die USA planten demnach, diese Signale in Zukunft von den zivilen PGS-Signalen zu trennen. Dieses Vorhaben könnte durch Galileo erheblich verkompliziert werden. Wolfowitz bittet die europäischen Verteidigungsminister daher, sich zu erkundigen, ob auch militärische Elemente für Galileo geplant seien. "Falls ja", fügt er hinzu, "müssen wir die Auswirkungen auf die Sicherheit untersuchen." Ausdrücklich drängt er die Verteidigungsminister, seine Bedenken an die Transportminister weiterzugeben.

Die konnten bei ihrem Treffen am 7. Dezember dann tatsächlich keinen Beschluss fassen. Auch bei der Tagung der europäischen Staats- und Regierungschefs am 14./15. Dezember wurde die Entscheidung über Galileo auf März 2002 vertagt. In offiziellen Verlautbarungen wurde der Wolfowitz-Brief nicht erwähnt. Die spanische EU-Komissarin für Transport und Energie, Loyola de Palacio, bestätigte jedoch: "Es gab einen Brief und es wurde von Seiten der Vereinigten Staaten Druck ausgeübt. Der amerikanische Druck gegen das Galileo-Projekt hat seit dem 11. September zugenommen." Es seien nicht die Kosten, die den Fortgang von Galileo behinderten, sondern das Fehlen einer Entscheidung der europäischen Regierungen.