USA nach der Wahl: Wer hat noch Angst vor Trump?

In den Halbzeitwahlen sollte sich zeigen, ob Trumps Kandidaten, die Demokratiefeinde unter den Republikanern, gegen Kandidaten der demokratischen Partei das Rennen machen können. Das Ergebnis ist gemischt.

Dieses Ergebnis der Zwischenwahlen in den USA steht fest: Eine sogenannte rote Welle hat es nicht gegeben, aber auch keinen Überraschungssieg der Demokraten. Nach aktuellem Stand geht das Repräsentantenhaus an die Republikaner. Der Senat steht auf Messerschneide. Georgia könnte entscheidend sein, wahrscheinlich werden die Demokraten aber hier noch die Mehrheit halten.

So trösten sich die Liberalen schon einmal damit, dass Joe Biden immerhin das Schicksal von Bill Clinton erspartblieb. Clinton verlor 1994 gleich beide Häuser. In liberalen Medien wird das Abschneiden der Partei des Präsidenten sogar als "win" gedeutet: "Im heutigen düster polarisierten Amerika gilt das als Sieg."

Ob der bisherige Ablauf der Zwischenwahlen aber ausreicht, um Ängste um das demokratische System in den USA abzuschütteln?

Die Befürchtungen, die Biden im Wahlkampf herausstellte, sind nicht unbegründet. Die Republikanische Partei ist in den Zwischenwahlen mehrheitlich von Kandidat:innen repräsentiert worden, die offiziell nicht an die Wahlergebnisse der letzten Präsidentschaftswahl glauben. Doch wie viele seiner politischen Freunde auch möchte Biden an die "guten" Republikaner glauben.

Wo aber sind sie, die Demokratiefreunde unter den Republikanern, die "Never-Trumper"?

Schon 2019 zeigte man sich in der New York Times beleidigt, dass die ersten konservativen Kritiker des Ex-Präsidenten verstummten. Die Kehrtwende des Republikanischen Parteiestablishments nach dem Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 dürfte dieses Gefühl noch weiter verstärkt haben.

Seither ging es im politischen Diskurs nämlich immer auch um die Anerkennung der Präsidentschaftswahlen 2020, genauer gesagt um Trumps Putschversuch. In diesen Zwischenwahlen sollte sich nun entscheiden, ob Trumps Kandidaten, also die Demokratiefeinde unter den Republikanern, auch gegen Kandidatinnen und Kandidaten der Demokraten das Rennen machen können. Das Ergebnis ist gemischt.

Die Trump-Kandidaten

Das beste Beispiel für einen "guten", von den liberalen Medien lange hofierten, Konservativen war J.D. Vance. Der Bestseller-Autor, der seine harte Kindheit und die Herkunft seiner Familie aus den Appalachen Kentuckys erst zu einem Buch, dann zu einer Netflixserie und später zu einer politischen Karriere verarbeitete, gewann gestern einen Senatssitz in Ohio. Der Mann also, der Trump einst als "Amerikas Hitler" bezeichnete, steht inzwischen fest hinter diesem und dessen Behauptung, Biden hätte die Wahl 2020 gestohlen.

In seinem Bestseller-Roman Hillbilly Elegy: A Memoir of a Family and Culture in Crisis beschreibt Vance die generationsübergreifende Armut in seiner Familie als eine Art Erbkrankheit, ausgelöst von kultureller Entwurzelung und Drogenabhängigkeit.

Dass es sich dabei um den Teil der USA handelt, der erst von Kohleindustrie, dann von der Opium-Epidemie und unlängst von einer Sturmflut heimgesucht wurde, spielt für ihn keine Rolle. Der ganze Roman wirkt wie ein beruhigendes Mittel gegen ein eventuell existierendes schlechtes Gewissen der politischen und wirtschaftlichen Eliten.

Damit kam Vance einst gut an, und nun hat er sich eben den neuen politischen Gegebenheiten angepasst. Die Liberalen wollten es kaum glauben, Vance ist vor ihren Augen, von einem Hillbilly zu einem von ihnen, und dann zu ein Geschöpf Trumps geworden. Eigentlich ist er immer eine Medienfigur geblieben,- jetzt ist er eine, die eine lukrative politische Karriere vor sich hat.

Ob sich die politische Strategie, Medien-Berühmtheiten in den Wahlkampf zu schicken, auszahlt, ist unklar. Oprah Winfreys Fernsehdoktor und "Telemarketer", Dr. Oz., hat den Kampf gegen seinen Demokratischen Gegenkandidaten, John Fetterman, jedenfalls verloren.

Dieser war vor seiner politischen Karriere höchstens eine lokale Berühmtheit, ein Highschool-Football-Star. Fettermann erlitt während des Wahlkampfes ein Schlaganfall und musste sich kurz darauf in einem TV-Duell mit der Fernseh-Legende messen. Ein deprimierender Auftritt, der ihm aber anscheinend auch Sympathien eingebrachte.

Damit hat Fetterman auch die Erhebung eines weiteren "2020-Wahlergebnisleugners" verhindert. Dr. Oz hatte sich zuletzt mit der Äußerung, man könne "nicht über die Wahl 2020 hinweggehen, deutlich genug in dieser Sache geäußert.

Dann war es an Herschel Walker zu zeigen, ob Trumps Kandidaten weiterhin als Gewinner innerhalb der Republikanischen Partei gelten. Walker, seines Zeichens nach ein echter Ex-Football-Star, liegt zum Zeitpunkt des Verfassens dieses Artikels, bei der Senatswahl in Georgia, hinter dem Demokratischen Amtsinhaber, Raphael Warnock, zurück, und wird es wahrscheinlich auch bleiben.

Walker hatte im Wahlkampf vorwiegend gegen sich selbst zu kämpfen. Sicherlich ist es nicht leicht, in Georgia einen Ex-Pastor der baptistischen Kirche in der Kategorie "konservative Familienwerte" zu übertreffen.

Doch hat es Walker nicht geholfen, dass er als erklärter Abtreibungsgegner selbst von einer Ex-Partnerin beschuldigt wird, diese zur Abtreibung überredet zu haben. Ein Sieg in Georgia wäre ein wichtiger Hoffnungsschimmer für Demokraten und Demokratie.