USA nehmen Abstand von biometrischen Pässen als Einreisebedingung
Im Unterschied zu anderen EU-Ländern ist die deutsche Regierung mit den Plänen zur Einführung von biometrischen Ausweisen trotz Kritik vorgeprescht
Pässe mit biometrischen Merkmalen sollten erst bis 2004, dann bis 2006 Bedingung für die Erhaltung der Visafreiheit sein. Die USA scheinen von dieser Bedingung jetzt Abstand zu nehmen, wie die Sunday Times berichtet. Aus diesem Grund schiebt Irland nun seinerseits die Einführung der neuen biometrischen Pässe auf die Wartebank. In Deutschland hingegen stehen nicht nur die Termine, sondern auch die Kosten bereits fest.
Wer am Visa Waiver Programm teilnehmen will, der sollte ab Oktober 2004 einen nicht nur maschinenlesbaren sondern auch mit biometrischen Merkmalen bestückten Reisepass vorweisen können. So beschieden die USA und bereits im Juni 2003 beschloss die EU, entsprechende Reisedokumente so schnell wie möglich einzuführen.
Während die USA selbst die biometrischen Ausweisdokumente nicht vor 2007 einführen wollten, verabschiedete der Rat der Europäischen Union mit der EU-Verordnung EC 2252/2004 die Aufnahme von Gesichtsbild und Fingerabdruck in Reisepässen schon ab 2006. Allerdings ergaben sich dann doch technische Schwierigkeiten bei der Umsetzung und so verlängerten die USA die Frist bis Oktober 2006. Eine weitere Verlängerung wurde vom Vorsitzenden des Justizausschusses im US-Repräsentantenhaus, dem Republikaner James Sensenbrenner, gegenüber der EU Kommission im April 2005 abgelehnt.
Deutschland nahm bei der Einführung von biometrischen Merkmalen im Sinne der EC2252/2004 eine Vorreiterrolle ein. Obgleich von Bürgerrechtlern und dem Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar scharf kritisiert führte Bundesinnenminister Otto Schily das Projekt weiter voran und verwahrte sich gegen die Kritik. Dem Bundesdatenschutzbeauftragten warf Otto Schily schlicht Kompetenzüberschreitung vor, als dieser sich zu den Technikproblemen und dem mangelnden Sicherheitsgewinn äußerte. Dieses Verhalten stieß dann selbst bei den Parteikollegen des Bundesinnenministers nicht auf uneingeschränkte Zustimmung. Die "jüngsten Auslassungen" Schilys seien "im Ton inakzeptabel und in der Sache falsch" hieß es in einer gemeinsamen Stellungnahme der SPD-Bundestagsabgeordneten Ulla Burchardt und Jörg Tauss. Auf die Pläne bezüglich der Einführung der mit biometrischen Merkmalen bestückten Pässe hatten jedoch weder Schaars Worte noch die der Parteikollegen Einfluss.
Während in Deutschland also, ungeachtet aller Kritik, die Einführung der biometrischen Merkmale sowie die Aufnahme eines Speicherchips in Reisepässen bereits unter Dach und Fach ist und die Kosten in Höhe von 59 Euro angeblich feststehen, ging man es in anderen europäischen Ländern langsamer an. Dies stellt sich zur Zeit als weise heraus. So geht beispielsweise Irland mittlerweile davon aus, dass auch die irischen Reisepässe, welche lediglich mit einem digitalisierten Gesicht, nicht jedoch mit sonstigen biometrischen Merkmalen, geschweige denn einem Chip, ausgestattet sind, akzeptiert werden. Ashling Reidy vom Irish Council for Civil Liberties, begrüßte, dass die USA die Anforderungen für die zur Einreise notwendigen Ausweisdokumente erneut überdenken, insbesondere da der Sicherheitsgewinn durch den integrierten Chip angezweifelt wird. "Assessments of the use of biometric chips did not show it had a great role in preventing terrorism as alleged and was open to wide misuse", so Reidy.
In den USA findet also momentan ein Umdenken statt, auf die deutschen Bestrebungen wird dies jedoch wenig Einfluss haben. Der Bundesdatenschutzbeauftragte hat sich zwar erst vor einigen Tagen erneut kritisch geäußert. Dabei sprach er sich nicht nur gegen die seiner Meinung nach unnötige Verwendung der umstrittenen RFID-Technik aus (eine Technik, die auch bei der Fußballweltmeiterschaft 2006 zum Einsatz kommen wird). Vielmehr sieht er das Vorgehen des Bundesinnenministers, das Parlament nach Verabschiedung der EU-Verordnung nicht mehr weiter zu befragen, als einen Fall an, der gegebenenfalls vor das Bundesverfassungsgericht gehört. "Der Bundestag muss selbst eine Entscheidung treffen" so Schaar. Und auch von der FDP und der CDU kamen kritische Töne. Eine Reaktion des Bundesinnenministers zur erneuten Kritik durch Peter Schaar steht jedoch noch aus. Dass die Kompromissbereitschaft bei ihm zunimmt und die Sicherheits- und Datenschutzbedenken auf offene Ohren stoßen ist allerdings eher fraglich.