USA und China: Chip-Krieg wird verschärft

Seite 2: Nützliche Verhältnisse: Staats- und Justizapparat und Tech-Industrie

Doch wer auf eine Zerschlagung Googles durch eine dem US-Staat nahestehende Institution hofft, könnte auch diesmal enttäuscht werden. Der US-Staats- und Justizapparat und die Tech-Industrie stehen bereits in einem engen wechselseitigen Nutzungsverhältnis.

Laut Cory Doctorow streben die aus einigen wenigen hochprofitablen Unternehmen bestehenden Industriegiganten unweigerlich danach, ihre Macht mit der des Staates zu bündeln, um von der Regierung Nachsicht für ihre eigenen Handlungen und das Verbot von Aktivitäten, die sie missbilligen, zu erlangen. Im Bereich der Überwachung hat der Technologiesektor mächtige Verbündete in der Regierung: Polizisten und Spione.

Der Rückhalt, den die Technologiebranche bei den US-Gesetzgebern genießt, könnte auch erklären, warum die EU und sogar China strenge Datenschutzgesetze als Reaktion auf die digitale kommerzielle Überwachung erlassen haben, die USA aber nicht.

Denn Technologieunternehmen kooperieren in Sicherheitsfragen gerne mit Regierungsbehörden. Und sie nehmen diese gerne an, weil die kommerzielle Überwachung durch private Unternehmen effizienter und umfassender ist als die staatliche Überwachung.

Eine Unterscheidung zwischen staatlicher und privater Überwachung ist daher nicht sinnvoll, da beide Sektoren des Überwachungskapitalismus voneinander profitieren und aufeinander angewiesen sind.

Überwachungskapitalismus

Diese Zusammenarbeit zwischen staatlichen und kommerziellen Institutionen wird als Überwachungskapitalismus bezeichnet und spiegelt die Verschmelzung von staatlicher und kommerzieller Macht wider. Die Verkörperung dieses Geschäftsmodells ist das umstrittene Softwareunternehmen Palantir Technologies.

Palantir Technologies wurde 2004 vom PayPal-Milliardär Peter Thiel und Alex Karp im Silicon Valley gegründet - mit finanzieller Unterstützung der CIA. Die Überwachungssoftware von Palantir wird auch von der deutschen Polizei eingesetzt.

Allerdings haben Datenschutzbedenken dazu geführt, dass Palantir in Deutschland immer wieder unter erheblichen politischen Druck gerät, aktuell durch die amtierende Bundesinnenministerin Nancy Faeßer.

Auf Anfrage der ARD gaben Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen jedoch an, die Software weiterhin zur Datenanalyse nutzen zu wollen. Die engen Verbindungen von Palantir zur CIA erwecken den Eindruck, dass man sich in Deutschland gar nicht so sehr davor fürchtet, eventuell ausspioniert zu werden, solange es bei der Überwachung der eigenen Bevölkerung hilft.

Die US-Tech-Industrie und der US-Staat agieren bei der Verfolgung ihrer Interessen im In- und Ausland meist so synchron, dass man oft gar nicht weiß, wer wem mehr nützt. Eine Verstaatlichung der Tech-Giganten würde an diesem Arrangement nicht viel ändern, die privaten Unternehmen aber immerhin etwas näher an eine mögliche Kontrolle durch demokratische Institutionen heranführen.