Uber-Software sperrt mutmaßliche Kontrolleure aus
Greyball berechnet Wahrscheinlichkeit unter anderem mit Nutzungs-, Standort- und Kreditkartendaten
In der Cartoon-Serie Family Guy zwingt ein Polizist einen Autofahrer mit abgelaufenem Führerschein, seinen Wagen stehen zu lassen. Als der deshalb den nächsten Uber-Fahrer sucht, meldet sich das Mobiltelefon des Polizisten, der darauf hin ein Uber-Schild vor die Windschutzscheibe seines Einsatzfahrzeugs stellt.
In der Realität ist das Verhältnis zwischen dem inzwischen in 70 Ländern aktiven und fast 70 Milliarden Dollar schweren Fahrtenvermittler und manchen Behörden weniger gut. Aktuell bestätigte das Unternehmen gerade, dass es die Software "Greyball" nicht nur einsetzt, um "betrügerische Nutzer", Gewalttäter, und "Wettbewerber, die unsere Arbeit stören wollen" von der Beförderung auszuschließen, sondern auch "Gegner, die bei Undercover-Einsätzen mit den Behörden unter einer Decke stecken, um unseren Fahrern eine Falle zu stellen". Letzteres, so der Uber-Sprecher, komme jedoch nur selten vor.
Der New York Times zufolge (die sich auf vier nicht namentlich genannte ehemalige Uber-Mitarbeiter und von diesen bereitgestellte Dokumente beruft) wird Greyball unter anderem in Boston, Las Vegas, Frankreich, Australien, China, Italien und Südkorea zu diesem Zweck eingesetzt.
Geschäftsbedingungen und gewalttätige Taxifahrer
Die Software, die Teil eines Programms namens "VTOS" (Violations of Terms of Service) ist, wurde angeblich entwickelt, um Uber-Fahrer vor gewalttätigen Übergriffen von Taxiunternehmen und Taxifahrergewerkschaften zu schützen. Solche Übergriffe gab es nicht nur in Asien und Afrika, sondern auch in Frankreich, wo die Sängerin Courtney Love nach einem Angriff mit Eisenstangen twitterte: "Das ist Frankreich? In Bagdad bin ich sicherer."
Später wurde Greyball auch in Städten eingesetzt, in denen Taxiunternehmen und Taxifahrer nur auf die Politik und die Behörden einwirkten, oder vor Gericht klagten, um Konkurrenz durch das meist deutlich preisgünstigere Angebot UberX zu unterbinden. Das geschah zum Beispiel in Portland, Oregon. Dort gaben sich Mitarbeiter der Stadt als Kunden aus, um Beweise für Regelverstöße zu sammeln, wurden aber mit speziellen Apps in die Irre geführt, die Autos anzeigten, die es gar nicht gab. Fahrten, die die Kontrolleure buchten, wurden umgehend storniert.
Geozäune
Um die städtischen Kontrolleure zu identifizieren nutzte Greyball unter anderem von Uber gesammelte Nutzungs- und Mobiltelefon-Standortdaten sowie Kreditkartennummern. Die Wahrscheinlichkeit, ob jemand ein Kontrolleur ist, wurde anhand von mindestens zwölf Merkmalen errechnet. Waren sich Uber-Mitarbeiter unschlüssig, sollen sie auch Social-Media-Profile zur Einstufung herangezogen haben.
Bestimmte Verwaltungsgebäude wurden außerdem mittels eines "Geozauns" aus dem versorgten Gebiet ausgeklammert. Inzwischen hat sich die Stadt Portland mit Uber geeinigt und UberX zugelassen. In anderen Städten entscheiden angeblich die Manager vor Ort, ob und wie Greyball zum Einsatz kommt. Eine Anfrage von Telepolis an Uber, ob Greyball in Deutschland eingesetzt wurde, blieb bislang ohne Antwort.
Die Rechtsabteilung von Uber hat Greyball nach Informationen der New York Times geprüft und für legal befunden. Der von der Zeitung befragte Rechtswissenschaftler Peter Henning von der Detroiter Wayne State University ist sich allerdings nicht sicher, ob der Einsatz der Software nicht doch gegen den Federal Computer Fraud and Abuse Act oder Vorschriften einzelner US-Bundesstaaten und Kommunen verstößt. In Brüssel hat die niederländische Europaparlamentsabgeordnete Marietje Schaake, die der linksliberalen D66 angehört, die EU-Kommission dazu aufgefordert, den Rechtsstatus von Greyball zu prüfen.
Genehmigungsstreit um Roboterautos
In einem anderen Rechtsstreit mit einer Behörde hat Uber letzte Woche eingelenkt und für seine 16 Roboterautos in San Francisco eine spezielle Genehmigung beantragt, die das Unternehmen unter anderem dazu verpflichtet, Unfall- und Abschaltungsprotokolle zu führen und vorzulegen. Solche Genehmigungen müssen auch Google, Daimler und andere Firmen beantragen, die in Kalifornien autonome Fahrzeuge testen. Im Dezember hatte Anthony Levandowski, der Chef von Ubers Roboterwagen-Programm noch argumentiert, solch eine Genehmigung sei nicht erforderlich, weil in den Autos immer ein Fahrer aufpasse, der im Bedarfsfall eingreifen könne, weshalb es sich technisch gesehen nur um Autos mit fortgeschrittenen Assistenzsystemen handle.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.