Über Risiken und Öffentliche Sicherheit

Bundestagsabgeordnete haben ein Grünbuch mit möglichen Krisenszenarien und den Folgen für die öffentliche Sicherheit veröffentlicht

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Was wäre wenn man morgens den Schalter drückt und keine Lampe angeht, es auch draußen dunkel ist, kein Kühlschrank, keine Ampel mehr funktioniert und es auch im Krankenhaus keinen Strom mehr gibt - einfach nichts mehr funktioniert. Wenn der Strom weg ist und es auch bleibt, Stunden, Tagelang... Risiken und Herausforderungen für die Öffentliche Sicherheit in Deutschland haben vier Bundestagsabgeordnete Ihr „Grünbuch“ genannt. Darin zeichnen sie Szenarien auf und stellen Leitfragen, die im politischen Alltag niemand stellt.

Die Bundestagsabgeordneten Gerold Reichenbach (SPD), Hartfrid Wolff (FDP), Silke Stokar von Neuforn (B90/Die Grünen) und Ralf Göbel (CDU) haben gemeinsam mit zahlreichen Wissenschaftler und Experten monatelang diskutiert und die nun vorgelegten Szenarien und Fragen formuliert.

Was ist eine Katastrophe?

Das Wort Katastrophe wird meist dann gebraucht, wenn die emotionale Betroffenheit über ein bestimmtes Ereignis ausgedrückt oder auch hervorgerufen werden soll. Die Definition ist auch im amtlichen Sprachgebrauch in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich. Das Grünbuch bezieht sich auf Katastrophen in ihrer eigentlichen Bedeutung als einen weiträumigen und über eine längere Zeit anhaltenden Zusammenbruch zentraler öffentlicher Strukturen, Systeme und Funktionen. Als Folge davon sind die gewohnten Schutzfunktionen ganz oder teilweise außer Funktion. Nichts ist mehr sicher, weder der persönliche Besitz noch das eigene Leben. Nicht gemeint sind Unglückfälle oder Großschäden wie etwa das Zugunglück in Eschede oder der Anschlag auf die Londoner U-Bahn oder ein regionales Hochwasser wie das an Oder und Elbe.

Auslöser einer Katastrophe kann alles sein, von natürlichen Ereignissen bis zum gezielten Anschlag, Sabotage, Massenerkrankung (etwa eine schwere Influenza-Pandemie). Als gelte es, das Drehbuch für einen Horrorfilm zu schreiben, schließen die Autoren nichts aus. Eine besondere Brisanz bergen Verkettungen von Ursachen. So ist beispielsweise nicht ausgeschlossen, dass es während einer Influenza-Pandemie auch zu einem sehr schweren Wintersturm kommen kann. Denn beide treten häufig in der zweiten Winterhälfte auf. Größte Personalengpässe träfen dann mit einer Extremsituation zusammen, deren Bewältigung einen intensiven flächendeckenden Personaleinsatz erfordern würde. Unter solchen Voraussetzungen könnte es je nach Betroffenheit des Übertragungsnetzes zur Abschaltung zahlreicher Großkraftwerke kommen. Die Folge davon wären Stromausfälle im gesamten europäischen Netz oder schlimmstenfalls ein europaweiter Blackout.

Ohne Strom geht nichts

In einem Szenarium wird analysiert, was passiert, wenn es zu einem mehrtätigen bis mehrwöchtigen überregionalen Stromausfall kommt:

"Die Folgen eines flächendeckenen und mehrere Tage dauernden Stromausfalls sind für eine moderne, auf Technik basierende Gesellschaft gravierend und komplex. Jeder Teilbereich der Gesellschaft und alle ihre 'Akteure sind betroffen. Besonders von einem Stromausfall betroffen wären

  1. die Informations- und Kommunikationstechnologie
  2. das Transport- und Verkehrswesen mit allen Verkehrsträgern
  3. Industrie- und Produktionsbereiche
  4. das Gesundheitswesen einschließlich des Notfall- und Rettungswesens,
  5. die Versorgung mit Trink- und Brauchwasser
  6. die Nahrungsmittelversorgung einschließlich der Transport und Kühllogistik
  7. die Entsorgung von Abwasser, Schadstoffen und Müll,
  8. Behörden und Öffentliche Verwaltung,
  9. das Banken- und Finanzwesen einschließlich der Bargeldversorgung
  10. die (Groß)-Forschungseinrichtungen
  11. die Medien.

Allein schon durch den Ausfall wichtiger Informations- und Kommunikationsmöglichketien entsteht Unsicherheit. In der Bevölkerung verbreiten sich Gerüchte, Angst und Panik. Öffentliche Verkehrsmittel werden der Bevölkerung nur sehr eingeschränkt zur Verfügung stehen. Dies gilt auch für schienengebundene Verkehrssysteme im Nah- und Fernverkehr. Der Individualverkehr würde in Städten zusammenbrechen, weil Ampeln und Straßenbeleuchtung ausfielen. Mittelfristig wäre er durch Treibstoffknappheit gefährdet.

Der allgemeine Einzelhandel wird schließen, weil die Kassensysteme nicht mehr funktionieren, kein Licht vorhanden ist, Heizung, Kühlung, elektrische Türöffnung ausfallen. Aufgrund des Ausfalls computergesteuerter Logistikketten, leerer Warenlager vor Ort wegen der Just-in-time-Logistik, wird es sehr schnell zu Engpässen mit Waren des täglichen Bedarfs, vor allem Lebensmitteln, kommen. Sollte die Bevölkerung keine ausreichende Unterstützung von behördlicher Seite erhalten, wird sie sich eigene Wege für ihre Versorgung suchen. Diese werden nicht zwingend rechtsstaatlichen Grundsätzen genügen. In Ballungsräumen wird die Selbsthilfefähigkeit der Bevölkerung vermutlich geringer sein als auf dem Land. Dagegen sind die öffentlichen Hilfeleistungspotenziale in den Städten oft leistungsfähiger. Trotzdem wäre eine Fluchtbewegung in eher autarke ländliche Gebiete denkbar – vorausgesetzt, es gibt Transportgelegenheiten.

Behörden, Rettungswesen und Polizei sind selbst Kritische Infrastrukturen und extrem abhängig von der Stromversorgung. Moderne Leitstellen, die zentral die Alarmierung großer Regionen steuern, computergestützte Führungsinformationssysteme, Krisenmanagementsysteme, Lagebilderstellung – bei allen ist entscheidend, dass Strom für die Informations- und Kommunikationstechnik verfügbar ist. Es hängt stark von der jeweiligen Behörde ab, welche Vorsorge sie für einen Stromausfall getroffen hat. In der Regel werden die Krisenstäbe mit einer Notstromversorgung arbeiten können. Ob und in welchem Umfang die Verwaltungen den Stäben zur Verfügung stehen, hängt vom Einzelfall ab. Erfahrungen aus dem Stromausfall im Münsterland haben gezeigt, dass die Stäbe auf Kreisebene zum Teil personell nicht in der Lage waren, einen 24-Stunden-Betrieb im „Verwaltungs- und Einsatzstab“ aufrechtzuerhalten.

Kritisch für die Abstimmung und Koordination von Behörden ist die Verfügbarkeit von Kommunikationsmitteln. Bei einem lang anhaltenden, großflächigen Stromausfall ist davon auszugehen, dass auch die öffentlichen Kommunikationssysteme – Mobilfunk, Festnetz und Datennetze – großflächig gestört sein werden. Inwieweit den Behörden hier Ausweichsysteme wie Satellitentelefone zur Verfügung stehen, hängt vom Einzelfall ab. Es gibt derzeit keinen umgesetzteneinheitlichen Standard der Ausstattung und Organisation des behördlichen Krisenmanagements.

Das Rettungswesen wäre gleich mehrfach betroffen: Zum einen wären keine Notrufe der Bevölkerung mehr möglich, sobald Telefon und Mobilfunk ausfallen. Zum anderen funktioniert die Koordinierung der Rettungskette nur in dem Maße, in dem die Kommunikation auf Ersatzsysteme ausweichen kann, zum Beispiel durch Notstromversorgung des neuen digitalen Funksystems für Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben, (kurz :BOS-Kommunikation) oder Satellitentelefone. Engpässe bei der Treibstoffverfügbarkeit wegen ungenügender Notstromversorgung der Tankstellenkönnten den Patiententransport nach zwei Tagen zusammenbrechen lassen. Krankenhäuser verfügen über eine Notversorgung, die den Betrieb kritischer Bereiche wie Operationssäle, Intensivstationen, Röntgen und Labor auch bei einem Stromausfall sicherstellt. Inwieweit ein Krankenhausbetrieb darüber hinaus möglich ist und wie lange der Notbetrieb aufrechterhalten werden kann, hängt vom Einzelfall ab."

Auswirkungen einer Influenza-Pandemie

Etwa 24 Millionen Erkrankte und 103.000 Todesfälle innerhalb von acht Wochen – so könnte, nach Berechnungen der Berufsfeuerwehr Frankfurt am Main, die Bilanz einer Influenza-Pandemie bei mittlerer Erkrankungsrate aussehen.

"Im Nationalen Pandemieplan (Stand Mai 2007) wird angenommen, das etwa alle Altersgruppen gleichermaßen betroffen wären. Rund die Hälfte der Erkrankten würde aufgrund des schweren Krankheitsverlaufes einen Arzt konsultieren und sich behandeln lassen. Es wird eine durchschnittliche zusätzliche Belastung der Ärzte von insgesamt 299.000 Arztbesuchen pro Tag erwartet. Vom 21. bis zum 36. Tag der Krankheitswelle könnten jeden Tag etwa 820.000 Menschen neu erkranken.

Dies hätte nicht nur Auswirkungen auf das Gesundheitssystem, sondern auch deutlich negative Folgen auf die Wirtschaft. Bei einer solchen Pandemie käme es zu dramatischen Personalausfällen. Engpässe in lebensnotwendigen Bereich entstünden besonders dadurch, dass Schlüsselpositionen nicht mehr besetzt werden könnten. Dazu zählten Einsatzkräfte von Polizei und Feuerwehr, aber auch Branchen wie Logistik, Verkehr und Stromversorgung. Staatliche Hilfe wäre nicht mehr in ausreichendem Maße vorhanden, die Bevölkerung wäre weitgehend auf sich gestellt. In einer solchen Lage würde der natürliche Selbsterhaltungstrieb des Menschen geweckt. Viele Gesunde würden ihrem Arbeitsplatz fern bleiben. Entweder weil sie sich nicht anstecken wollen oder weil sie sich um ihre Angehörigen kümmern. Dies würde die Lage weiter verschärfen.

Besonders problematisch wäre der Personalausfall im Bereich der niedergelassenen Ärzte, in Krankenhäusern und der polizeilichen und nicht polizeilichen Gefahrenabwehr. Die Arztbesuche, das Transportaufkommen im Rettungsdienst und die stationären Behandlungen werden dann am höchsten sein, wenn auch er krankheitsbedingte Personalausfall seinen Spitzenwert erreicht.“

Seuchengefahr durch „zugereiste“ Mücken

Tatsächlich steige die Seuchengefährdung in Deutschland, so die Grünbuch-Autoren. Der zunehmende Temperaturanstieg in Mitteleuropa führe schon heute zu sehr milden, in den Niederungen weitgehend frostfreien Wintern und zu Sommern mit tropischen Temperaturen. Eine Folge davon sei, dass sich Krankheitsüberträger wie die Gelbfiebermücke (Aedes aegypti), die das Chikungunya-Virus überträgt, aus den Tropen und Subtropen bis nach Deutschland ausbreiten können und hier heimisch werden. Die Mücken seien auch nicht mehr nur auf die natürliche Ausbreitung angewiesen. Vielmehr „nutzten“ sie die hohe Mobilität von Gütern und Menschen, zum Beispiel den Transport von Altreifen aus den Tropen nach Europa, wo der inzwischen wieder wertvolle Rohstoff recycelt wird.

„Die Mücken legen im tropischen Herkunftsland ihre Eier in dem Regenwasser, das sich in den Altreifen gesammelt hat, ab. So begeben sie sich mitsamt dem Altmaterial auf Weltreise. Auch in Importbetrieben von Zimmerbambuspflanzen in den Niederlanden konnte inzwischen die asiatische Tigermücke nachgewiesen werden."

Bereits in 10 bis 20 Jahren, so die Annahme der am Grünbuch beteiligten Wissenschaftler, könnte sich aufgrund der klimatischen Veränderung eine bedrohliche Situation ergeben.

Außerdem könnten folgende Ursachen die Ausbreitung des Chikungunya-Fiebers begünstigen: Die klimatischen Verhältnisse haben sich so verändert, dass sich im Süden und Westen Deutschlands eine stabile Population von tropischen Aedes-Mücken gebildet hat. Auch haben sich kälteresistente Tigermücken aus Norditalien in Deutschland ausgebreitet. In Norditalien und Südfrankreich hat sich das Chikungunya-Fieber dauerhaft auf einem niedrigen, aber stabilen Niveau etabliert. Von dort werden immer wieder einzelne Fälle nach Deutschland eingeschleppt. Auch der Übertragungsweg durch den Ferntourismus aus den Ländern um den Indischen Ozean wird immer wieder bedient. Schon für das Jahr 2006 sind 57 Fälle einer solchen Übertragung gezählt worden.

Ein Sommer-Hochwasser und eine Hitzewelle könnten zu einer explosionsartigen Vermehrung der Tigermücken führen. Damit hätten sie die Grundlage für eine massenhafte Verbreitung des Virus geschaffen. Die bisher üblichen Maßnahmen der Mückenbekämpfung entfalten nicht die gewünschte Wirkung, weil den Aedes-Mücken schwerer beizukommen ist als ihrer ortsansässigen Verwandtschaft. Wie sich in Südostasien gezeigt hat, sind diese Stechinsekten an das Leben in Städten sehr gut angepasst. Sie können sich bereits in kleinsten Wasserlachen und Pfützen wie Blumenuntersetzern, Getränkedosen oder Ähnlichem vermehren. Auch verfügt Deutschland, etwa im Vergleich zu Frankreich, über wenig medizin-entomologische Expertise und Einrichtungen zur Mückenbekämpfung.

Zudem sind die Aedes-Mücken überwiegend tagaktiv. Die Tagaktivität hat einen entscheidenden Einfluss auf die Stecharten der Mücken: Es ist für den Menschen schwerer, sich wirksam gegen tagaktive Insekten zu wehren als gegen nachtaktive, gegen die bereits ein Moskitonetz hilft. Tagaktive Mücken können nur durch Repellenzien oder stichsichere Kleidung effektiv abgewehrt werden. Die Folge sind weit höhere „Opferzahlen“, wie der explosionsartige Ausbruch des Chikungunya-Fiebers auf La Reunion Ende 2005/Anfang 2006 gezeigt hat. Innerhalb von nur acht Wochen erkrankte damals ein Drittel der knapp 800.000 Einwohner. Eine winzige Veränderung im Erbgut des Virus hatte zu einer Anpassung an die dort weit verbreitete Tigermücke geführt. Wochenlange Starkniederschläge lösten eine Massenvermehrung dieser Mücke aus und schafften die Grundlage für die explosionsartige Verbreitung des Virus.

Ausgehend von den Erfahrungen in Reunion geht ein Szenaria für Deutschland davon aus, dass auf dem Höhepunkt des Ausbruchs 15 bis 25 Prozent der Menschen in der betroffenen Region gleichzeitig erkrankt sein werden. Das heißt, mehre Millionen Menschen benötigen gleichzeitig medizinische Betreuung und bleiben dem Arbeitsplatz fern. Das medizinische Personal wird wahrscheinlich genauso wie der Rest der Bevölkerung betroffen sein. Verschärft wird die Situation zusätzlich dadurch, dass - aufgrund der Hitzewelle die medizinischen Kapazitäten für die Versorgung der besonders betroffenen alten und chroni

  1. aufgrund des Hochwassers die Kräfte der Katastrophenabwehr und die subsidären Kräfte der Bundeswehr
  2. extrem ausgelastet sind
  3. Beschäftigte und Helfer, die nicht krank sind, wegen der Pflege von Familienangehörigen dem Arbeitsplatz und dem Einsatzort fernbleiben,
  4. Helfer der Hochwasserbekämpfung aus Angst um die eigene Gesundheit ihre Hilfeleistung einstellen, da nur die Symptome der Erkrankung behandelt werden können und keine Schutzimpfung möglich ist.

Das Szenario spitzt sich nochmals zu, sobald auch heimische Mückenarten den Krankheitserreger auf den Menschen übertragen. Zudem ist absehbar, dass viele Menschen versuchen werden, die betroffenen Regionen zu verlassen und in krankheitsfreie Gebiete zu flüchten. Solche Fluchtbewegungen verschärfen eine krisenhafte Situation zusätzlich. In den betroffenen Regionen kommt das öffentliche Leben zum Stillstand. In der Bevölkerung kann -Angst oder gar Panik entstehen, die vielleicht durch eine entsprechende Medienberichterstattung noch verstärkt wird.

Schmerzmittel, andere lindernde Medikamente und Repellenzien werden schnell zu einer Engpass-Ressource. Es ist denkbar, dass die gut etablierten Strukturen der Organisierten Kriminalität einen Schwarzmarkt mit Medikamenten, auch mit nicht zugelassenen, gefälschten oder wirkungslosen Präparaten aufbauen und damit die Krisenlage weiter verschärfen....“

Sonderbare Hypothesen beim Thema Terrorismus

Diese Szenarien wirken unwirklich und teilweise überzogen. Doch sie gehen von heute realen Gegebenheiten aus. Im weiteren Text gehen mit den Autoren jedoch die Pferde durch, dann nämlich, wenn sie Bedrohungen durch den nirgends und von niemandem bisher klar definierten „internationalen Terrorismus“ mit denen durch die „Organisierte Kriminalität“ (OK) vermischen und ein gemeinsames Agieren von OK und Terroristen für ihr Szenarium voraussetzen.

Im Kapitel über die „Bedrohung der Sicherheit in Deutschland durch Terrorismus und Organisierte Kriminalität finden sich dann solche Textpassagen:

„Der planvoll handelnde und länderübergreifend verbundene internationale Terrorismus gilt als eine der unmittelbarsten Bedrohungen für die Sicherheit Deutschlands. Das wird sich verstärken. Die deutschen Behörden bearbeiten derzeit mehr als 200 Ermittlungsverfahren mit islamistisch-terroristischem Hintergrund. Hinzu kommen Verbotsverfahren gegen islamistische Organisationen in Deutschland, zum Beispiel den Kalifatstaat und die in Deutschland verbotene Vereinigung Hizb-ut-Tahrir. Sie alle stellen aber nur die Spitze des Eisberges zunehmender Radikalisierung eines wachsenden Anteils der muslimischen Bevölkerung Deutschlands dar.“

Als Finanzquellen des Terrorismus werden "neben Spenden und Gewinnen aus legalen Geschäften" vor allem "Rauschgift-, Waffen, oder Diamantengeschäfte" genannt. Das ist eine gewagte These, geht es doch in erster Linie um Terroristen mit einem islamischen Hintergrund und wird gerade der Diamantenhandel weitgehend von Geschäftsleuten jüdischen Glaubens kontrolliert. Kaum anzunehmen, dass jüdische Geschäftsleute etwa in der Diamantenstadt Antwerpen islamische Dschihad-Krieger finanzieren.

Weiter heißt es:

„...Weniger intensiv nimmt die Öffentlichkeit die Organisierte Kriminalität (OK) wahr. Deren Bedrohungspotenzial, insbesondere auch durch ihre Symbiose mit dem Terrorismus, wird eher unterschätzt.(...)Terrorismus und Organisierte Kriminalität stehen teilweise in engem Zusammenhang mit weltweiten Phänomenen, die die Sicherheit Deutschlands potenziell bedrohen. Dazu zählen insbesondere:

  1. Demografie, illegale Migration und Integrationsprobleme,
  2. Proliferation und Aufrüstungstendenzen,
  3. Staatszerfall in Teilen Afrikas und Asiens sowie andere Regionalkonflikte,
  4. Ressourcenkonflikte und Energiesicherheit,
  5. Störungen Kritischer Infrastrukturen,
  6. Naturkatastrophen und die
  7. veränderte Rolle der Staaten in einer globalisierten Welt.“

Was die Demografie mit der Organisierten Kriminalität oder dem Terrorismus zu tun haben sollte, erschließt sich nicht wirklich. Proliferation hat ebenfalls ihre Ursachen eher in hemmungslosem Rüstungsexport, wie in ihn vor allem Deutschland betrieben hat. Erinnert sei in diesem Zusammenhang an die Atomtechnologie-Exporte in den damaligen Apartheid-Staat Südafrika und in die damaligen Militärdiktaturen Argentinien und Brasilien, sowie nach Pakistan. Teilweise noch ergänzt durch die Lieferung von Raketentechnik – vor allem nach Ägypten, Argentinien, Brasilien und Indien, die teilweise das von Deutschland erhaltene Know-how an andere Staaten weiterreichten. In ihrem Fazit fordern die Grünbuch-Autoren im Kampf gegen OK und Terror die Aufhebung wesentlicher Beschränkungen in der Zusammenarbeit von Polizei und Nachrichtendiensten – auch wenn dies recht blumig formuliert wird.

Linke lehnte Mitarbeit am Grünbuch ab

Unter Verweis darauf und auf die Verantwortung der am Grünbuch beteiligten Politiker für allerlei fragwürdige „Anti-Terror-Gesetze“ verweigerte die Bundestagsfraktion Die Linke eine Mitarbeit an diesem Projekt. Die Innenpolitikerin Ulla Jelpke bezeichnte das Grünbuch als „reine Augenwischerei“ und verwies – verständlicherweise - auf das Kapitel über „Terrorismus“. Das Fazit der Grünbuch-Autoren sei keine Überraschung, so Jelpke.

Datenschutzrechtliche Probleme, die eine Zusammenarbeit zwischen den Sicherheitsbehörden hemmen könnten, seien nach dem Willen der Grünbuch-Autoren „zu überprüfen und mit für die Praxis tauglichen Handlungsstrategien zu versehen“, heißt es da. Und weiter: Alle „notwendigen, eventuell auch vertraulichen Informationen“ sollten „im Rahmen einer vernetzten Sicherheit zum Wohle der Bürger, der Wirtschaft und des Staates eingesetzt werden können“.

Man wisse, so Jelpke. was die Bundesregierung mit solchen Sätzen legitimieren wolle: Den weiteren Abbau von Grundrechten zu Gunsten einer nur trügerischen Sicherheit. Dass FDP und Grüne solchen Forderungen zustimmen, mache ihren Protest gegen die Gesetzespläne der Bundesregierung unglaubwürdig.