Über die Auswirkung der Impfung auf das Corona-Sterbegeschehen
Warum Schutzkonzepte für vulnerable Gruppen wichtiger sind als eine allgemeine Impfpflicht. Ein Debattenbeitrag
Im Folgenden wird anhand des Datenmaterials des Robert-Koch-Instituts (RKI) untersucht, welchen Einfluss das Impfen auf die Zahl der Coronatoten 2021 gehabt hat und welche Schlussfolgerungen aus den Ergebnissen gezogen werden können. Als Coronatote gelten dabei alle Verstorbenen, die vom RKI aufgrund eines positiven PCR-Tests als solche eingestuft worden sind.
Obwohl die Toten nicht danach unterschieden werden, ob sie "an" oder "mit" Corona verstorben sind, stimmen die vom RKI veröffentlichten Coronasterbezahlen sehr gut mit der allgemeinen Sterbefallstatistik des Statistischen Bundesamtes überein.1 Man kann folglich davon ausgehen, dass die RKI-Angaben zur Zahl der Coronatoten im Prinzip korrekt sind.
Am zweiten Weihnachtstag 2020 ließen sich in Deutschland die ersten Menschen gegen Corona impfen. Da zunächst nur begrenzte Impfstoffmengen zur Verfügung standen, gab es eine Prioritätenregelung. Als Erste konnten sich die Über-80-Jährigen impfen lassen sowie Patienten und Beschäftigte in Krankenhäusern und Altenheimen.
Im März 2021 wurde der Kreis der Impfberechtigten um verschiedene Berufsgruppen sowie um Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen erweitert und das Mindestalter auf 70 Jahre abgesenkt. Ab Mitte April konnten sich Menschen ab 60 Jahre impfen lassen und seit Juni 2021 gelten für Erwachsene keine einschränkenden Regeln mehr.
Die Impfkampagne kam zunächst nur schleppend in Gang. Den Angaben des Robert-Koch-Instituts zufolge dauerte es zwanzig Wochen, bis zehn Prozent der Bevölkerung doppelt geimpft waren. Erst danach nahm das Impfgeschehen Fahrt auf. Anfang August war etwa die Hälfte der Bevölkerung doppelt geimpft.2
Als sich herausstellte, dass der Impfschutz nicht von Dauer ist, sondern mit der Zeit nachlässt, wurde den doppelt Geimpften empfohlen, sich nach sechs Monaten ein weiteres Mal impfen zu lassen. Die Möglichkeit wurde intensiv genutzt, so dass der Anteil der geschützten Bevölkerung, trotz nachlassender Impfwirkung, bis Ende 2021 auf 70 Prozent gesteigert werden konnte.
Seit Beginn der Coronapandemie veröffentlicht das Robert-Koch-Institut regelmäßig Daten zur Zahl der Coronatoten.3 In Abbildung 1 ist der Verlauf der Sterbezahlen vor dem Hintergrund mutierender Virusvarianten aufgetragen. Zusätzlich ist der Zeitpunkt des Impfbeginns markiert.
Es fällt sofort ins Auge, dass der Rückgang der Sterbezahlen in der zweiten Welle mit dem Beginn des Impfens zusammenfällt. Die Vermutung, dass die beiden Ereignisse ursächlich zusammenhängen, liegt nahe, trifft aber nicht zu. Die Impfung kann nicht bereits in den direkten Folgewochen eine derart starke Wirkung auf das Sterbegeschehen entfaltet haben. Das bestätigen Coronadaten aus anderen Ländern.
In Großbritannien etwa, wo am 7. Dezember mit dem Impfen begonnen wurde, dauerte es 48 Tage bis die Sterbezahlen zurückgingen und in Israel lagen 37 Tage zwischen dem Impfbeginn und den rückläufigen Sterbezahlen. Es deutet alles darauf hin, dass die zweite Welle Ende 2020 ihren Höhepunkt erreicht hatte und danach (auch ohne Impfung) zurückgegangen wäre.
Dass diese Einschätzung zutrifft, bestätigt der Verlauf der Sterbezahlen bei den Unter-60-Jährigen. Obwohl sich die Altersgruppe zu diesem frühen Zeitpunkt noch nicht impfen lassen konnte, setzt der Rückgang der Sterbezahlen hier zum gleichen Zeitpunkt ein wie bei den Älteren (vgl. Abb. 3).
Was man der Abbildung 1 noch entnehmen kann, ist, dass der Wildtyp, also das ursprüngliche Wuhan-Virus, die Pandemie lange beherrscht hat. In den ersten zwölf Monaten konnte sich keine andere Virusvariante durchsetzen. Das ändert sich im darauffolgenden Jahr.
Ab Januar 2021 beginnt die Alpha-Mutation sich auszubreiten und wird im März zur dominierenden Variante. Sie bewirkt den Anstieg der Sterbezahlen in der dritten Welle. Vier Monate später wird sie von der Delta-Variante verdrängt, die die vierte Coronawelle auslöst. Mittlerweile beherrscht die Omikron-Variante das Infektionsgeschehen.4
Es mag Zufall sein, dass sich Virusmutationen erst nach Beginn des weltweiten Impfens durchsetzen konnten. Aber manche Experten halten das Impfen in eine Pandemie hinein grundsätzlich für problematisch. Ihrer Auffassung nach steigt dadurch die Gefahr, dass sich Escape-Mutationen durchsetzen und verbreiten.5
Ist es vorstellbar, dass sich die neuen Virusvarianten ohne die weltweiten Impfkampagnen nicht so schnell und vollständig ausgebreitet hätten?6 Ob derartige Befürchtungen berechtigt sind, kann man als Laie schwer beurteilen. Soweit hier jedoch Zweifel bestehen, sollten Epidemiologen und Virologen ihre Kompetenz nutzen, diese für die gesamte Menschheit so eminent wichtige Frage, möglichst schnell und unzweideutig zu klären.
Das sollte auch im Interesse der Bundesregierung sein, die sich früh darauf festgelegt hat, dass die Coronapandemie nur durch Impfen überwunden werden könne.
Schon wenige Wochen nach Pandemiebeginn zeigte sich, dass vor allem das Leben alter und sehr alter Menschen durch Corona gefährdet ist. Die Zahl jüngerer Verstorbener, die noch keine 60 Jahre alt sind, ist im Vergleich zur Zahl älterer Verstorbener gering. Der Verlauf ihrer Sterbezahl hebt sich, wie Abbildung 2 zeigt, kaum von der Nulllinie ab.7
Lediglich 3,4 Prozent aller Coronatoten des Jahres 2020 sind jünger als 60 Jahre. Im darauffolgenden Jahr verdoppelt sich der Anteil und steigt auf 6,6 Prozent an (vgl. Tab. 1).
Über die Ursache der Verdopplung kann an dieser Stelle nur spekuliert werden. Möglicherweise ist sie das Resultat unterschiedlich hoher Impfquoten. Ende 2021 waren 84 Prozent aller Erwachsenen über 60 Jahre vollständig geimpft, aber nur 62 Prozent der Unter-60-Jährigen.8
Nicht erklären lässt sich mit der Impfquote jedoch, warum die absolute Zahl junger Menschen, die an oder mit Corona gestorben sind, im Jahr 2021 sehr viel höher liegt als im Jahr 2020, als noch kein Impfstoff zur Verfügung stand: 4.542 Personen (2021) gegenüber 1.472 Personen (2020). Der starke Anstieg wirft, jenseits des allgemeinen Impfnarrativs, grundsätzliche Fragen zu Folgewirkungen des Impfens auf, Fragen, die selten gestellt und noch seltener zufriedenstellend beantwortet werden.
Tabelle 1 | ||||
Anzahl der Coronatoten (nach Angaben des RKI) | Prozentsatz der Unter-60-Jährigen an den Verstorbenen | |||
Jahr | unter 60 Jahre | über 60 Jahre | insgesamt | |
2020 | 1.472 | 42.354 | 43.826 | 3,4 |
2021 | 4.542 | 64.753 | 69.295 | 6,6 |
insgesamt | 6.014 | 107.107 | 113.121 | 5,3 |
Fakt bleibt, dass das Risiko, an Corona zu versterben, für einen Unter-60-Jährigen um ein Vielfaches geringer ist als für einen Über-60-Jährigen. Das Risiko, an einer Coronainfektion schwer zu erkranken oder zu versterben, sollte folglich bei der individuellen Abwägung, ob man sich impfen lässt oder nicht, eine zentrale Rolle spielen. Gleiches gilt für die politischen Überlegungen, eine allgemeine Impfpflicht einzuführen.
Ist eine Impfpflicht angesichts der extrem unterschiedlichen Risiken, mit denen eine Coronaerkrankung für den Einzelnen einhergeht, überhaupt zu rechtfertigen? Ein Gedankenexperiment mag die Problematik verdeutlichen. Die Überlegungen beziehen sich auf das Jahr 2020, da das Krankheitsgeschehen in dieser Zeit noch nicht durch Impfeffekte beeinflusst worden ist.
Angenommen, zu Beginn der Pandemie hätte ein hochwirksamer und nebenwirkungsfreier Impfstoff gegen Corona zur Verfügung gestanden und alle Menschen unter 60 Jahre wären damit geimpft worden, dann wären 70 Prozent aller Menschen vor einem tödlichen Verlauf der Infektion geschützt gewesen.
Doch trotz der hohen Impfquote von 70 Prozent hätte man damit die Zahl der Sterbefälle lediglich um 3,4 Prozent absenken können. Hätte man dagegen alle Über-30-Jährigen geimpft, so hätte man – bei gleicher Impfquote – den vorzeitigen Tod von 99,9 Prozent der Coronaverstorbenen verhindern können.
Das Beispiel zeigt, wie gering die Aussagekraft der Impfquote ist, wenn sie nicht mit Angaben zum geimpften Personenkreis verbunden ist, in diesem Fall also zum Alter der Geimpften. Es wird zudem deutlich, wie wenig sinnvoll es ist, Menschen, deren Leben durch Corona praktisch nicht gefährdet ist, zu einer Impfung zu zwingen.
Bei den politischen Überlegungen zur Einführung einer Impfpflicht wird völlig außer Acht, dass jede Impfungen mit dem neuartigen mRNA-Vakzin ein gesundheitliches Risiko birgt, das niemand verlässlich abschätzen oder individuell voraussagen kann. Viele Menschen leiden seit der Impfung unter schwersten Nebenwirkungen und wissen nicht, ob sie jemals wieder ein "normales" Leben werden führen können.
Darüber hinaus sind zahlreiche Menschen in zeitlicher Nähe zur Impfung verstorben. Dem Paul-Ehrlich-Institut sind bis Ende 2021 sage und schreibe 2.255 Sterbefälle gemeldet worden, bei denen der Verdacht besteht, dass die Impfung den Tod verursacht hat.9
Das ist eine erschreckend hohe Zahl, verglichen mit den wenigen Verdachtsfällen, die in der Vergangenheit nach Impfungen gemeldet worden sind. Und selbst diese hohe Zahl an Meldungen ist vermutlich nur die Spitze des Eisberges.
Bei jungen, gesunden Menschen kommt hinzu, dass die mRNA-Impfstoffe lediglich eine Notfallzulassung besitzen. Sie sind nicht so umfassend und gut erforscht, dass Langzeitfolgen sicher ausgeschlossen werden können. Man denke nur an die zahlreichen Fälle von Herzmuskelentzündungen, die besonders bei jungen Menschen überdurchschnittlich häufig aufgetreten sind und die Jahre später durchaus einen vorzeitigen Tod des Betroffenen zur Folge haben können.
Obwohl insgesamt wesentlich weniger junge als alte Menschen an Corona sterben, lohnt eine vergleichende Betrachtung der Sterbekurven.
In der Abbildung 3 sind beispielhaft die Verläufe während der zweiten und dritten Coronawelle aufgetragen. Da das Niveau der Kurven, wie Abbildung 2 gezeigt hat, extrem unterschiedlich ist, sind für die beiden Altersgruppen unterschiedliche Skalierungen gewählt worden. So entsprechen in der Abbildung beispielsweise 5.000 Sterbefälle bei den Über-60-Jährigen (blaue Linie) 150 Sterbefälle bei den Unter-60-Jährigen (rote Linie).
Die Abbildung lässt erkennen, dass die Entwicklung der Zahl der Sterbefälle bei beiden Altersgruppen in der ansteigenden Phase der zweiten Welle nahezu parallel verläuft und dass dies zunächst auch für die absteigende Phase gilt. Danach jedoch beginnen die Kurven, sich voneinander zu entfernen.
Während die Sterbezahlen der Über-60-Jährigen in der dritten Welle nur geringfügig ansteigen, nehmen die Werte bei den Unter-60-Jährigen stark zu und erreichen wieder das hohe Niveau der vorangegangenen zweiten Welle.
Der ungewöhnliche Sachverhalt, der sich hier zeigt, könnte als Hinweis auf die Wirksamkeit der Impfung gedeutet werden. Denn im Unterschied zu den älteren Menschen konnten sich die Jüngeren (von Ausnahmen abgesehen) zu dieser Zeit noch nicht impfen lassen. Der schwache Anstieg der Sterbezahlen bei den Älteren könnte folglich daher rühren, dass sie großteils geimpft und dadurch besser geschützt waren.
Unterstellt man, dass sich das Sterbegeschehen bei den Über-60-Jährigen, wenn sie nicht geimpft gewesen wären, etwa so abgespielt hätte, wie es die rote Linie andeutet, wären in der dritten Welle wesentlich mehr Coronatote zu beklagen gewesen. Eine präzise Zahl lässt sich nicht nennen, aber größenordnungsmäßig könnte es sich um etwa 30.000 Personen handeln.
Am stärksten profitieren die Über-80-Jährigen von der Impfung. Das liegt nicht nur daran, dass sie sich als Erste impfen lassen konnten, sondern auch daran, dass sie das größte Risiko haben, an einer Infektion zu versterben. Auf dem Höhepunkt der zweiten Welle, also zu Beginn der Impfung, machen die Über-80-Jährigen 73 Prozent aller Coronatoten aus (51. KW 2020).
Danach geht der Wert kontinuierlich zurück. Am Ende der dritten Welle liegt er bei nur noch 34 Prozent (23. KW 2021). Die Entwicklung spiegelt sich auch im Sterbealter wider. Das Durchschnittsalter der Coronatoten verringert sich zeitgleich um fast zehn Jahre und geht von 83 Jahre auf 74 Jahre zurück.10
Um welche Zeitspanne mag das Leben der alten Menschen durch die Impfung verlängert worden sein? Diese Frage lässt sich natürlich nicht verlässlich beantworten. Aber da das durchschnittliche Sterbealter der Coronatoten seit Beginn des Impfens stark zurückgeht, müssen die "Geretteten" im Mittel deutlich über 83 Jahre alt gewesen sein. Möglicherweise liegt ihr Durchschnittsalter bei 85 oder gar 86 Jahren.
Angesichts des sehr hohen Alters der Betroffenen kann mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die meisten von ihnen, trotz des Überlebens der Coronainfektion, keine längere Lebensperspektive gehabt haben. In sehr vielen Fällen dürfte der Tod nur um wenige Monate hinausgezögert worden sein (vgl. hierzu die Ausführungen in "Die Coronapandemie im Spiegel der amtlichen Sterbefallstatistik").
Der positive Effekt, den das Impfen auf die Zahl der Coronatoten in der dritten Welle vermutlich gehabt hat, entspricht den Hoffnungen und Erwartungen, die allgemein mit dem Impfen verbunden werden. Und doch ist es zugleich eine große Überraschung; denn bis zu diesem Zeitpunkt sind noch nicht allzu viele Menschen gegen Corona geimpft worden.
Trifft der Schätzwert von 30.000 vermiedenen Todesfällen zu, so konnte mit einer Impfquote von weit unter 10 Prozent der vorzeitige Tod von 75 Prozent aller (sonst in diesem Zeitabschnitt zu erwartenden) Coronatoten verhindert werden. Hier könnte zum Tragen kommen, dass eine Impfreihenfolge vorgegeben war, die den am stärksten gefährdeten Personen Priorität einräumte.
Für den Erfolg des Impfens kommt es folglich nicht so sehr darauf an wieviele Menschen geimpft sind, als vielmehr darauf, wer geimpft ist. Wichtig ist, dass vor allem hochbetagte und gesundheitlich stark vorbelastete Menschen bereit sind, sich schützen zu lassen. Und möglicherweise spielen Vorerkrankungen hier die entscheidende Rolle.
Dafür sprechen die Untersuchungsergebnisse von Prof. Klaus Püschel, der durch die Obduktion sämtlicher Coronatoten in Hamburg festgestellt hat, dass fast alle Verstorbenen mit relevanten Vorerkrankungen belastet waren.11 Der enge Zusammenhang zwischen Alter und Coronasterblichkeit ist möglicherweise gar nicht in erster Linie dem Alter der Betroffenen geschuldet.
Der Zusammenhang könnte indirekter Natur sein und daher rühren, dass Vorerkrankungen bei alten Menschen eher die Regel als die Ausnahme sind, und folglich bei diesen wesentlich stärker verbreitet sind als bei jüngeren Menschen.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass das Leben vieler alter und sehr alter Menschen durch die Coronaimpfung verlängert worden ist und dass bereits niedrige Impfquoten von wenigen Prozent einen starken Einfluss auf das Sterbegeschehen haben. Für gesunde Menschen unter 60 Jahre ist die Impfung von geringem Nutzen und muss sorgfältig gegen die Risiken abgewägt werden.
Eine Impfpflicht, in welcher Form oder Ausgestaltung auch immer, macht unter diesen Umständen keinen Sinn. Sie würde bestehende gesellschaftliche Gräben vertiefen, wichtige Ressourcen binden, viel Geld kosten und kaum Menschenleben retten. Auch branchenbezogene Impfpflichten sind angesichts der Tatsache, dass Geimpfte sich infizieren und andere anstecken können, kaum zu rechtfertigen.
Viel wichtiger wäre es, differenzierte Konzepte für Personen und Personengruppen zu erarbeiten, die aufgrund ihres Alters, ihrer Vorerkrankungen und/oder der äußeren Bedingungen, unter denen sie leben, besonders gefährdet sind, an einer Coronainfektion schwer zu erkranken oder zu versterben. Solange die Coronapandemie nicht überwunden ist, sollte hierbei das Testen von Kontaktpersonen im Mittelpunkt jeden Schutzkonzeptes stehen.