Überraschung: Auch Moskau sieht sich Cyberangriffen ausgesetzt
Der Leiter des russischen Sicherheitsrats sagte, die USA würden mit der Hilfe von globalen Internetprovidern versuchen, die russischen Informationssysteme zu schädigen und auszuspionieren
Die Warnung vor Cyberangriffen, vor allem vor russischen, hat sich seit letztem Jahr als gutes Mittel erwiesen, Politik zu machen. Man darf sich aussuchen, ob man dies für eine reale und ernsthafte Gefährdung betrachtet, auch wenn russische Geheimdienste wie andere auch in den Netzwerken aktiv sind, oder ob man dies als Beispiel für eine gezielte Fakenews sieht, um eine politische Stimmung zu erzeugen und die Öffentlichkeit zu beeinflussen. Einst sprach man vom "Fog of War", jetzt sind wir mitten drin im Cybernebel von Behauptungen, Vermutungen, Beschuldigungen, im eskalierenden Zirkel, der wirkliche Konflikte einleiten könnte.
In den USA haben Clinton-Anhänger, Demokraten und Trump-Gegner aus der Republikanischen Partei mit der Hilfe der Geheimdienste das Narrativ aufgebaut, dass Russland bzw. Wladimir Putin höchstpersönlich mit Cyberangriffen, Fakenews und Propagandamedien das Fundament des Landes zu untergraben sucht. Der Wahlsieg Trumps war dann der suggestive Beweis, dass die Kampagne funktioniert und das Narrativ stimmt. Letztlich wurde das Narrativ aus dem Kalten Krieg übernommen, statt der Spione sind nun die Informations-Maulwürfe und Hacker aus der Ferne tätig.
Aus Angst vor einem Debakel bei den Wahlen wurde auch in den Niederlanden, in Frankreich und Deutschland die Angst vor der Beeinflussung geschürt. Schon länger ging man davon aus, dass russische Medien und Informationen zu einer Gehirnwäsche führen, weswegen auch die Nato und die EU weitere Gegenmaßnahmen zu den lange schon vorhandenen aktiviert haben, um die Köpfe der leichtgläubigen Menschen vor unerwünschten Informationen zu schützen und selbst verstärkt die "richtigen" Informationen zu verbreiten. Das geht so weit, dass die Bundesregierung ein Abwehrzentrum einrichten will, um die russischen Fakenews zu bekämpfen. Dazu kommt in den USA und in Europa eine unterstellte Fünfte Kolonne, die aus Dummheit oder ideologisch verführt bei der Verbreitung von falschen oder einseitigen Informationen hilfreich sind, wozu auch jene rechten Parteien gehören, vor denen die Angst bei den "etablierten" Parteien umgeht.
Nun hat auch die russische Regierung entdeckt, dass die Erzählung von andauernden Angriffen aus dem Ausland ein gutes Mittel sein könnte, den Spieß umzudrehen. Zumal jedem spätestens nach den Snowden-Leaks klar sein müsste, dass der Westen nicht nur durch Auslandssender und Stiftungen schon seit Jahrzehnten die Meinung in Russland und anderen Ländern zu beeinflussen und Oppositionskräfte zu stärken sucht, wie das zuletzt in der Ukraine deutlich wurde, um es im Sinne Washingtons der EU und der Nato anzuschließen, auch wenn die Begeisterung in der EU sichtlich kleiner geworden ist. Nicht nur die amerikanischen Geheimdienste waren emsig im Ausland tätig und haben jeweils auch die Partner belauscht, sind in Netzwerke eingedrungen und haben dort Vorkehrungen getroffen, auch die Briten, Franzosen oder Deutschen waren nach Maßgabe ihrer Ressourcen unterwegs.
Zunächst hatte man in Moskau versucht, die aus Washington kommenden Vorwürfe dadurch zu entkräften, dass auch die Computer der russischen Regierung fortwährend angegriffen würden und man nicht gleich die Amerikaner deswegen beschuldige, auch wenn es Angriffe aus den USA gebe. Da sich der Konflikt aber hochschaukelt und Kongressabgeordnete versuchen, weitere Sanktionen gegen Russland durchzusetzen, wurde nun der Leiter des russischen Sicherheitsrats, Nikolay Patrushev, vorgeschickt, um zu erklären, dass die USA mit den Vorwürfen nur eigene Interessen durchsetzen und ihre Überlegenheit im Cyberspace weiter ausbauen wollen. Der Sicherheitsrat hatte zuletzt am 13. Januar getagt.
Trump wurde explizit ausgenommen, es war die Rede von der Obama-Regierung, "die Russland ohne Beweise beschuldigt, Hackergangriffe auszuführen, aber bewusst die Tatsache übergeht, dass sich alle großen Internetserver auf US-Territorium befinden und von Washington für Geheimdienstzwecke und andere Aktivitäten genutzt werden, um die US-Dominanz in der Welt zu behaupten.
"Diskreditierung des russischen Raums"
Moskau selbst sei einer wachsenden Zahl von Hackerangriffen ausgesetzt, die versuchen würden, "russischen Informationssystemen aus dem Ausland Schaden zuzufügen". Dabei ginge es um Hackerangriffe und unerlaubte Sammlung persönlicher Daten, was mit der aktiven Mithilfe von globalen Internetprovidern einhergehe. Dafür lieferte er allerdings ebenso wenig Beweise wie die amerikanischen Geheimdienste. Russland baue permanent die Sicherheitsmaßnahmen vor Cyberbedrohungen aus. Überdies würde Russland versuchen, ein internationales System auf der Grundlage verantwortlichen Verhaltens im Cyberspace zu schaffen. Tatsächlich verfolgen diese Idee Russland und China schon seit längerem, was aber die USA ebenso wie andere Rüstungskontrollabkommen blockieren, um die eigene technische Überlegenheit nicht zu gefährden.
Patrushev wies auch darauf hin, dass sich die Präsenz von Nato-Schiffen im Schwarzen Meer verdreifacht und die Zahl der Nato-Flüge mit Frühwarnsystemen verneunfacht hätten. Die USA errichten ihr Raketenabwehrsystem in Rumänien und Polen. Für ihn würden diese "gemeinsamen Anstrengungen des Westens" versuchen, die "Integrationsprozesse mit russischer Beteiligung zu stören und die Idee eines 'russischen Raums' zu diskreditieren. Damit würde die Sicherheit von Russland und anderer Staaten bedroht. Auf die Krim oder die Ostukraine ging er nicht ein, wo es dann vermutlich um den "russischen Raum" geht. Überdies kritisierte er die Obama-Regierung, nicht mit Russland bei der Bekämpfung der Terroristen in Syrien zu kooperieren. Und er äußerte die Hoffnung, dass Russland mit der neuen US-Regierung "konstruktivere Beziehungen" aufbauen könne, u.a. in der Terrorismusbekämpfung und der Informationssicherheit.
Eben das scheinen die Obama-Regierung, transatlantische Kreise im Kongress und offenbar auch die Geheimdienste verhindern zu wollen. Nicht zuletzt deswegen wurde kurz vor dem Amtsantritt von Trump noch eine Panzerbrigade nach Osteuropa verlegt, zuvor war schon die größte Waffenlieferung seit dem Kalten Krieg nach Europa verschifft worden. In beiden Fällen ist Deutschland die Drehscheibe.
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