Ukraine-Krieg: Abkommen über Bodenschätze könnte Ende der Souveränität sein

(Bild: Joshua Sukoff / Shutterstock.com)
Kiew verliert die Kontrolle über Bodenschätze, wenn der aktuelle Entwurf unterschrieben wird. Trump stellt immer härtere Bedingungen.
Die Ukraine verhandelt noch mit den USA über die Bodenschätze des Landes. Die US-Regierung unter Donald Trump verlangt nicht nur Zugriff auf die Ressourcen der Ukraine, sondern deren faktische Kontrolle. Damit will man von Kiew eine Gegenleistung für die Milliarden US-Dollar, mit denen Washington das Land in den vergangenen drei Jahren gegen Russland unterstützt hat.
Nachdem mehrere westliche Medien kürzlich darüber berichtet hatten, dass die Trump-Administration immer härtere Bedingungen stellt, versucht die ukrainische Regierung zu beschwichtigen.
Ukraine will Abkommen noch nicht unterschreiben
Die stellvertretende ukrainische Ministerpräsidentin Yulia Svyrydenko betonte am Freitag auf X (früher: Twitter), dass man an einem Abkommen arbeite, das alle Interessen der Ukraine widerspiegele. Es solle zudem "im Geiste einer strategischen Partnerschaft" geschlossen werden.
Der Entwurf, der Kiew kürzlich zugeleitet wurde, spricht allerdings eine andere Sprache. Sollte es in dieser Form verabschiedet werden, müsste Kiew über Jahre hinweg sämtliche Gewinne aus den ukrainischen Ressourcen an Washington überweisen – bis die rund 182 Milliarden US-Dollar zurückgezahlt sind, die Kiew von Februar 2022 bis Ende 2024 aus den USA erhalten hat, um die russische Invasion abzuwehren.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat in den vergangenen Wochen wiederholt erklärt, dass er die Idee des Abkommens akzeptiert. Allerdings schränkte er ein, dass er kein Abkommen unterzeichnen wolle, das sein Land verarmen lassen würde.
In den zurückliegenden Wochen hatte das Abkommen – wohl auch zur Freude des russischen Präsidenten Wladimir Putin und des Kremls – zu Verstimmungen zwischen Washington und Kiew geführt. Trump hatte Selenskyj vor laufender Kamera aus dem Weißen Haus geworfen, auch weil dieser auf Sicherheitsgarantien bestand.
Ukraine verliert Kontrolle über Ressourcen
Seitdem haben sich die Forderungen aus Washington verschärft. Eine aktuelle Version des Rohstoff-Abkommens hat die Financial Times (FT) veröffentlicht. Wie das Blatt schreibt, verglich ein ukrainischer Beamter den neuen Entwurf mit "Raub".
Während die wirtschaftlichen Forderungen deutlich härter geworden sind, ist von Sicherheitsgarantien weiterhin nicht die Rede. Lediglich der quasi-koloniale Charakter der zukünftigen Ukraine wird festgeschrieben.
Über die Ressourcen, die mit dem Abkommen erschlossen werden sollen, bestimmt auch in Zukunft nicht die Ukraine. Washington fordert jetzt ein Vorkaufsrecht oder ein "Erstangebotsrecht" für Investitionen in alle Infrastruktur- und Rohstoffprojekte für sich. Mit anderen Worten: Ob sich die Länder der Europäischen Union künftig strategische Rohstoffe in der Ukraine sichern können, darüber wird dann in Washington entschieden.
Bloomberg kommentiert diese Forderung:
Wenn das Partnerschaftsabkommen angenommen wird, würde es den USA enorme Macht verleihen, Investitionen in die Ukraine in Projekte wie Straßen und Eisenbahnen, Häfen, Bergwerke, Öl und Gas sowie die Gewinnung kritischer Mineralien zu kontrollieren. Es würde eine beispiellose Ausweitung des wirtschaftlichen Einflusses der USA im flächenmäßig größten Land Europas darstellen, und das zu einem Zeitpunkt, an dem das Land versucht, sich der EU anzuschließen.
Bedingungen sind härter geworden
Ein Streitpunkt ist der Fonds, in den die Einnahmen aus Bodenschätzen und Infrastruktur fließen sollen. Die US-Regierung hatte zuerst darauf gepocht, den Fonds allein zu verwalten. Die ukrainische Regierung hatte dagegen votiert und die paritätische Mitbestimmung gefordert. Der aktuelle US-Vorschlag sieht vor, dass der Vorstand aus fünf Personen bestehen soll. Drei Mitglieder sollen von den USA bestimmt werden, zwei von der Ukraine.
Die frühere Version des Abkommens sah vor, dass die Ukraine 50 Prozent der Erlöse aus Bodenschätzen, die staatliche Unternehmen erwirtschaften, nachdem neue Lagerstätten erschlossen wurden, in den Fonds einzahlt. Jetzt sollen alle Einnahmen natürlicher Ressourcen, die von staatlichen und privaten Unternehmen verwaltet werden, in den Fonds fließen.
Wann die Ukraine Zugriff auf die Rohstoffeinnahmen erhält, ist eine ungewisse Frage. Bei der Zeitspanne dürfte es sich um Jahrzehnte handeln, schließlich fordert die US-Regierung nicht nur die Hilfsgelder zurück, sondern verlangt obendrein noch vier Prozent Zinsen pro Jahr.
Allein mit der Zinszahlung dürfte jede zukünftige Regierung in Kiew zu kämpfen haben. Der Krieg hat tiefe Löcher in den Haushalt gerissen, und die Ukraine ist bislang nicht in der Lage, die Staatsausgaben aus eigener Kraft zu stemmen. Und das dürfte in den kommenden Jahren auch so bleiben.
Ein Großteil der Rohstoffeinnahmen, die bisher in den Staatshaushalt fließen, würde dann auch in den Fonds abfließen. Laut Reuters erzielte Kiew im Jahr 2024 rund 1,2 Milliarden US-Dollar an Mietzahlungen für die Nutzung von Bodenschätzen. Knapp 1,8 Milliarden US-Dollar flossen als Dividenden und andere Zahlungen aus staatlichen Unternehmen zu.