Ukraine-Krieg: Dänemark strebt aktivere Rolle an Seite von USA und Nato an

Dänische Marineschiffe vor Kopenhagen: Das Land will sich stärker militärisch gegen Russland positionieren. Bild: heb@Wikimedia Common / CC BY-SA 3.0

Dänemark will im Ostseeraum militärisch stärker mit Nato und den USA kooperieren. Die Regierung hat bereits den Vorbehalt bei EU-Verteidigungspolitik abgeschafft. Russland kritisiert mögliche Stationierung von US-Truppen in Dänemark scharf.

Am 1. Juni 2022 stimmten die Dänen mehrheitlich für die Abschaffung des dänischen Vorbehalts gegenüber der Gemeinsamen Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Die Entscheidung hat kurzfristig gesehen vor allem symbolischen Wert. Langfristig könnte Dänemark eine bedeutende Rolle bei gemeinsamen europäischen Missionen zukommen.

Die Entscheidung zur Abschaffung der drei Jahrzehnte währenden Sonderregelung muss vor dem Hintergrund der veränderten Sicherheitslage in Nordeuropa verstanden werden. Dänemark verfügte seit 1993 über vier Vorbehalte gegenüber der EU.

Hintergrund hierfür ist ein Referendum aus dem Jahr 1992, bei dem die dänische Bevölkerung mit knapper Mehrheit die Ratifizierung des Vertrages von Maastricht abgelehnt hatte. Da der Vertrag erst nach erfolgter Ratifizierung aller Mitgliedstaaten in Kraft treten konnte, wurde das dänische Nein zum Gegenstand umfassender Verhandlungen, die in der Vereinbarung von Edinburgh mündeten und Dänemark Vorbehalte in vier Politikbereichen einräumten.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der Monatszeitschrift Welttrends.

Etwas mehr als die Hälfte der Dänen stimmte schließlich 1993 für die Annahme des Maastricht-Vertrages unter Berücksichtigung der erwähnten Vorbehalte in den Bereichen Währungspolitik, Inneres und Justiz, Verteidigung sowie bezüglich zukünftiger Neuregelungen zur möglichen Einführung einer europäischen Staatsbürgerschaft.

Seit 1993 wurden die Dänen viermal an die Urnen gebeten, um über die Abschaffung oben genannter Vorbehalte oder Teilen davon Stellung zu beziehen. Im Jahr 2000 lehnte die Mehrheit der Bevölkerung die Einführung des Euros als Landeswährung ab. 2014 hingegen stimmte man für die dänische Teilnahme am geplanten Einheitlichen Patentgericht. 2015 stimmten die Dänen unterdessen gegen die Abschaffung von einigen Vorbehalten im Bereich Inneres und Justiz.

Vorbehalte in der Verteidigungspolitik abgeschafft

Die Abschaffung des bestehenden Vorbehalts in der Verteidigungspolitik wurde am 1. Juni 2022 mit Zweidrittelmehrheit von der traditionell eher EU-skeptischen dänischen Bevölkerung beschlossen. Diese Entscheidung hat eine deutliche Signalwirkung, da Dänemark erstmalig einen seiner 30 Jahre alten Vorbehalte endgültig beiseitelegt. Das Ergebnis der Abstimmung muss vor dem Hintergrund der veränderten sicherheitspolitischen Lage in Europa verstanden werden.

Inhaltlich drehte sich die Abstimmung um die Fragen, ob Dänemark an gemeinsamen EU-Militärmissionen, der gemeinsamen Planung der Verteidigungspolitik und gemeinsamen Beschaffungsprojekten teilnehmen kann (nicht muss), was aufgrund des derzeitigen Vorbehaltes nicht möglich ist. Vonseiten der politischen Parteien, die eine Abschaffung befürworten, wurde die Abstimmung dennoch zur Gewissensfrage stilisiert, inwiefern die Bevölkerung für die gemeinsame Verteidigung europäischer Werte gegenüber russischer Aggression einstehe. In einer Pressemitteilung der Regierung vom 6. März wird Verteidigungsminister Morten Bødskov mit folgenden Worten zitiert:

Dänemark muss voll und ganz an der Entwicklung europäischer Verteidigungs- und Sicherheitspolitik mitwirken. Das müssen wir in der Nato. Das müssen wir in der EU. Der russische Angriff auf die Ukraine bedroht den Frieden und die Stabilität in Europa. (...) Deswegen werden wir ein Referendum zur Abschaffung des Verteidigungsvorbehaltes abhalten.

Im Zuge der öffentlichen Debatte zur Abstimmung wurde deutlich, dass auch die Befürworter weiterhin die Nato als zentralen Baustein der dänischen Sicherheitspolitik betrachten. Darüber hinaus wurde vonseiten der Kritiker bemerkt, dass die dänischen Streitkräfte in ihrem derzeitigen Zustand nicht in der Lage wären, an EU-Missionen teilzunehmen, da ihre operativen Kräfte bereits in Nato-Missionen gebunden seien. Einig sind sich beide Seiten (mit Ausnahme der linken Partei Enhedslisten), dass den Streitkräften in den kommenden Jahren deutlich mehr finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden sollen.