Ukraine: US-Lieferungen sollen Donbass-Kohle ersetzten

Anthrazitkohle aus Pennsylvania. Foto: James St. John. Lizenz: CC BY 2.0

Sprecherin des Weißen Hauses freut sich über "Energiedominanz"

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Die im US-Bundesstaat Pennsylvania ansässige Firma Xcoal Energy & Resources und der staatseigene ukrainische Energieversorger Centrenergo haben gemeinsam einen Vertrag vorgestellt, der bis Ende 2017 die Lieferung von 700.000 Tonnen amerikanischer Kohle in die Ukraine vorsieht. Die ersten 85.000 Tonnen davon sollen bereits in einem Monat im Hafen von Odessa ankommen. Der Preis der Kohle ist variabel und beginnt bei 113 US-Dollar pro Tonne. Dem Centrenergo-Chef Oleg Kosemko zufolge wird mit diesem Import sichergestellt, dass die Kraftwerke seines Landes trotz eines von der ukrainischen Regierung beschlossenen Bezugsstopp aus dem Donbass weiterlaufen.

Grund für den Bezugsstopp ist, dass sich die beiden Donbass-Regionen Donezk und Lugansk 2014 selbständig machten, nachdem es in Kiew zu einem Umsturz kam, den sie nicht akzeptieren wollten. Versuche der ukrainischen Armee, die Gebiete zusammen mit Freikorps des "Rechten Sektors" und anderer Parteien auf militärischem, Wege wiederanzugliedern, blieben bislang erfolglos. Im Januar 2017 begannen Anhänger der Partei Samopomoschtsch ("Selbsthilfe") deshalb mit einer Blockade der Kohlelieferungen aus dem Donbass, der den Energieträger seitdem nach Russland exportiert.

Energiedominanz

Der ukrainische Ministerpräsident Wolodymyr Boryssowytsch Hrojsman musste wegen der gestoppten Kohleimporte aus dem Donbass im Februar den Energienotstand ausrufen, machte die Blockade aber trotzdem zur offiziellen Regierungspolitik und sah sich seinen eigenen Angaben nach in Australien, Südafrika und den USA nach Ersatz um. In dem Land, das im Juli den Zuschlag bekam, freute sich Sarah Sanders, die Sprecherin des Weißen Hauses, gestern über ein "Ankurbeln der Wirtschaft" und über "Jobs im Bergbau und im Transportwesen". Die Trump-Administration, so Sanders, werde die USA "weiter auf den Weg der Energiedominanz führen" und sie hoffe, dass es in Zukunft weitere solche "Partnerschaften zum gegenseitigen Vorteil" gebe. Als Vorteile für die ukrainische Seite nannte Sanders "Unabhängigkeit" und "Sicherheit" der Kohlelieferungen.

Gabriel und Pence haben unterschiedliche Meinungen dazu, ob Trump die neuen Sanktionen unterschreibt

Ebenfalls als Wegbereiter einer amerikanischen Energiedominanz können die neuen Russlandsanktionen gesehen werden, die der US-Kongress am 27. Juli verabschiedete (vgl. Repräsentantenhaus stimmt für neue Russlandsanktionen). Sie sehen vor, dass der amerikanische Präsident Sanktionen gegen Akteure verhängt, die mit mehr als einer Million Dollar an russischen Export-Pipelines, Dienstleistungen, Technologien oder "Informationsservices" beteiligt sind.

Kritiker bemängeln, ein kaum verhohlenes eigentliches Hauptziel dieser Sanktionen sei, dass die USA ihr bisher nur sehr eingeschränkt marktfähiges teures Flüssiggas dadurch nach Europa exportieren können (vgl. Erste Schiefergaslieferung aus den USA erreicht Großbritannien). Die EU könnte dagegen mit einer Klage vor der Welthandelsorganisation vorgehen, müsste sich dazu aber erst auf ein gemeinsames Vorgehen einigen, was angesichts der Gegnerschaft vor allem osteuropäischer Länder zur Nord-Stream-2-Gaspipeline bislang nicht geschehen ist (vgl. Neue US-Russlandsanktionen: Sorge um Energiesicherheit in Europa).

Der amtierende US-Präsident Donald Trump hat bis Samstag Zeit, das neue Sanktionsgesetz zu unterschreiben. Der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel verlautbarte gestern, er sei "froh darüber, dass der amerikanische Präsident noch nicht entschieden hat, wie er damit umgeht." Außerdem meinte er, die Europäer würden sich gegen eine "America-First-Industriepolitik unter dem Vorwand von Sanktionen […] wehren", ohne jedoch konkret zu sagen, wie das geschehen soll.

Der amerikanische Vizepräsident Mike Pence meinte dagegen bei einem Staatsbesuch in Georgien, Trump werde die Sanktionen "definitiv unterzeichnen". Für diese Einschätzung sprechen überparteiliche Mehrheiten von 98 zu 2 Stimmen im Senat und von 419 zu drei Stimmen im Repräsentantenhaus, mit denen der Kongress die Sanktionen beschloss. Sie machen es wahrscheinlich, dass Präsident Trump kein Veto dagegen einlegen wird, weil er erwarten muss, dass so eine Blockade mit qualifizierter Mehrheit überstimmt wird.