Ukraine mischte sich in US-Wahlkampf ein

Der angebliche handgeschriebene Kontozettel

Antikorruptionsbehörde ermittelt nicht (oder nicht mehr) gegen Trumps Mitarbeiter Paul Manafort

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Vertreter von US-Geheimdiensten machen in Leitmedien seit Wochen mit der Behauptung Schlagzeilen, Russland habe sich zugunsten von Donald Trump in den US-Präsidentschaftswahlkampf eingemischt. Beweise dafür kennt die Öffentlichkeit bislang nicht - obwohl es geheim gehaltene Informationen geben könnte, die Trump dazu brachten, selbst daran zu glauben, wie er inzwischen verlautbart.

Dafür hat Politico jetzt Belege für die Einmischung eines anderen osteuropäischen Landes in den US-Wahlkampf gefunden: der Ukraine. Deren US-Botschaft half den Recherchen des Portals nach einer Tochter ukrainischer Einwanderer, die Material gegen Donald Trumps zeitweiligen Wahlkampfmanager Paul Manafort zusammenstellte und sich dabei mit der Demokratischen Partei abstimmte. Botschaftsmitarbeiter, die anregten, auch mit Republikanern zu reden, wurden angeblich angeschrien, das mache man nicht, weil Hillary Clinton sowieso gewinnen würde.

Dies Vorwürfe gegen Manafort führten dazu, dass der Wahlkampfmanager seinen Posten räumte, nachdem die New York Times berichtete, sie habe von der ukrainischen Antikorruptionsbehörde erfahren, dass Manaforts Name auf "handgeschriebenen Kontozetteln" auftaucht sei, die den Schluss nahelegten, dass ihm die "Partei der Regionen" des 2014 gestürzten ukrainischen Präsident Viktor Janukowitsch zwischen 2007 bis 2012 insgesamt 12,7 Millionen US-Dollar überwies. Angeblich ermittelte die ukrainische Antikorruptionsbehörde deshalb, ob der Amerikaner in ein "System" verwickelt war, in dessen Rahmen auch Geld an ukrainische Wahlbeamte floss.

Dass Manaforts Beraterfirma Janukowitsch in den Jahren 2004 bis 2010 Wahlkampfhilfe leistete, war bereits vorher bekannt. Die darüber hinaus gehenden Behauptungen in der New York Times wies Manaforts Anwalt Richard A. Hibey im Auftrag seines Mandanten weit von sich und betonte, der Trump-Wahlkampfmanager habe weder die behaupteten Zahlungen erhalten, noch sei er in Korruptionsvorgänge in der Ukraine verwickelt. Er sprach von "schwer politisch gefärbten" Anschuldigungen, für die es weder Beweise gebe noch jemals geben könne (vgl. USA: Negativwahlkampf mit Janukowitsch und Merkel).

Keine Ermittlungen gegen Manafort

Als Politico bei der ukrainischen Korruptionsbehörde nachfragte, was aus diesen Ermittlungen wurde, erhielt das Portal die Auskunft, die Ermittlungen dauerten an, aber Manafort sei nicht Teil davon, weil er kein ukrainischer Staatsbürger ist. Bei den "handgeschriebenen Kontozetteln" könnte es sich dem ehemaligen ukrainischen Diplomaten Valentin Naliwaitschenko nach um Fälschungen handeln, weil es bisher keine Handschriftenanalyse dazu gibt. Ein von Politico um eine Stellungnahme gebetener Mitarbeiter des Atlantikrats meinte dazu, es sei schwer zu leugnen, dass sich die Ukraine in den US-Wahlkampf einmischte - und das sei ironisch, weil vorher ukrainische Wahlen als Schlachtfeld für einen Stellvertreterkrieg zwischen Russland und den USA galten.

Beraterfirma soll Kontakte zur Republikanischen Partei verbessern

Dass die ukrainische Korruptionsbehörde, die offiziell auf ihre Unabhängigkeit vom Staatspräsidenten und der Regierung pocht, nicht mehr gegen Manafort ermittelt (falls sie jemals ermittelt hat), könnte auch daran liegen, dass ukrainische Politiker die Ernennung Trumps zum US-Präsidenten nicht mehr verhindern können und inzwischen versuchen, ihre Beziehungen zur Republikanischen Partei zu verbessern. Dafür zahlt die ukrainische Regierung der US-Firma BGR monatlich 50000 Dollar für "Beratung".

Da BGR besonders gute Kontakte zu Trump-kritischen Republikanern pflegt, muss die neue ukrainische Strategie nicht unbedingt darin bestehen, Zugang zur Trump-Administration zu bekommen - es könnte auch sein, dass man versucht, Trump-Vorhaben im Kongress zu blockieren. Ob die neue Linie auch personelle Konsequenzen haben wird, ist noch unklar: Bislang ist Arsen Awakow, der im Juli twitterte, Trump sei ein "Clown" und für die USA "eine größere Gefahr als der Terrorismus", immer noch ukrainischer Innenminister.

Unklarheit über künftige US-Russlandpolitik

Ähnlich unklar ist, wie Trumps Osteuropapolitik aussehen wird. Sein designierter Außenminister Rex Tillerson, der als ExxonMobil-Manager gute Geschäfte mit Russland machte, überraschte (oder beruhigte) bei seiner Anhörung vor dem US-Senat mit der Einschätzung, die Aufnahme der Krim in die Russische Föderation sei eine illegale Annexion gewesen, für die Russland "zur Verantwortung gezogen" werden müsse. Er halte das Land zwar für ein "Risiko", aber "bei der Durchsetzung seiner Interessen nicht unberechenbar". Auf die Frage, ob er den russischen Präsidenten Wladimir Putin wegen dessen Intervention in Syrien für einen Kriegsverbrecher halte, meinte Tillerson, er würde "diesen Begriff nicht benutzen".

Der republikanische Senator John McCain bezeichnete Putin dagegen als "Mörder und Verbrecher", der jeden Vorteil ausnutze und "nur die Sprache der Stärke" verstehe. Auf die Frage, ob Trump das ebenso sehe, meinte der 2008 gegen Obama gescheiterte Präsidentschaftsbewerber, das wisse er nicht. Vorher hatte McCain zusammen mit neun anderen Senatoren einen Gesetzentwurf eingebracht, der Sanktionen gegen Russland fordert, die das Land von "Cyberangriffen, Aggressionen und destabilisierenden Aktivitäten in den USA und weltweit" abhalten sollen.

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