Umbrüche, Bremser und Umsteiger
Seite 2: Auch die Windbranche ausgebremst
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Oder mit anderen Worten: Die Zeiten des teuren Solarstroms sind längst vorbei. Entsprechend ist die EEG-Umlage von derzeit 6,405 Cent pro Kilowattstunde, die in den letzten Jahren bereits minimal rückläufig war, inzwischen deutlich zu hoch angesetzt. Wie der Fachinformationsdienst IWR berichtet zahlen die Stromverbraucher seit Monaten mehr Umlage ein, als an die Anlagenbetreiber ausgezahlt wird. Entsprechend wird sich bei den Übertragungsnetzbetreibern im April voraussichtlich erstmalig ein EEG-Umlagen-Überschuss von über sechs Milliarden Euro angesammelt haben.
Auch in Sachen Windenergie kann keineswegs die Rede sein, dass unter der Kanzlerschaft Angela Merkels irgendetwas überstürzt worden wäre. Nach den letzteren Änderungen am EEG können mittlerweile nur noch Windkraftanlagen gebaut werden, die an einer Ausschreibung teilnehmen. Nicht einmal den von der EU-Kommission eingeräumten Spielraum für kleine Windparks wurde gewährt.
Überhaupt war die Begründung für die neuen bürokratischen Verfahren, das große Unternehmen bevorzugt und die Beteiligung von Genossenschaften sowie die demokratische Prozesse in den betroffenen Kommunen erschwert, trickreich. Nachdem man selbst stets in der EU und ihren Strukturen für den absoluten Vorrang des Wettbewerbs und der Konkurrenz gegenüber planerischen staatlichen Eingreifens gesorgt hatte, wurden nun die Einwände der Kommission vorgeschoben, dass EEG stelle in seiner bisherigen Form unzulässige staatliche Beihilfe dar. Allerdings ist diese Rechtsauffassung kürzlich vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) verworfen worden.
Hersteller geht in Insolvenz
Dennoch ist der Schaden angerichtet. Die Investitionen in neue Windkraftanlagen gehen seit dem Start der Ausschreibungen 2017 deutlich zurück. Für 2018 sprach der Bundesverband Windenergie von einem Einbruch. Nur noch 743 mit einer Leistung von 2,4 Gigawatt (GW) kamen hinzu - 0,25 GW wurden gleichzeitig abgebaut -, und für das laufende Jahr wird ein weiterer Rückgang erwartet.
Die Branche ist verunsichert, die Genehmigungsverfahren würden deutlich verlängert und in ihrem Rahmen die Projekte inzwischen im Schnitt um ein Drittel zusammengestrichen. Es gebe kaum noch Rechtssicherheit, weil auch nach den Genehmigungen noch mit langwierigen Klagen zu rechnen sei.
In diesem Umfeld hat nun der in Hamburg und Schleswig-Holstein ansässige Hersteller Senvion, einst Repower, Insolvenz angemeldet. Das Unternehmen war in den 1980er Jahren aus der Husumer Schiffswerft hervorgegangen, die sich mit einigen anderen kleinen Herstellern zusammenschloss.
Wie unter anderem der Energate Messanger berichtet, habe es Probleme mit neuen Krediten gegeben. Zunächst hätte die Senvion GmbH und deren Tochter die Senvion Deutschland GmbH Insolvenzanträge gestellt. In den nächsten Tagen würden vermutlich auch die Senvion SA, die Senvion Holding GmbH und die Senvion Topco GmbH folgen.
Die Geschäftsleitung bleibt weiter in Amt und soll auch die Gespräche über Finanzierung weiterführen. Unter anderem gibt es, so der Bericht, das Angebot des US-amerikanischen Hauptaktionärs Centerbridge, 82 Millionen Euro im Rahmen eines Sanierungsplans in das Unternehmen zu stecken.
Die Industriegewerkschaft Metall (IG Metall) spricht von 2100 in Deutschland betroffenen Beschäftigten. Die Ankündigung sei ein Schock für die Mitarbeiter, die nun eine sichere Perspektive bräuchten. Unklar sei unter anderem, was der Einstieg neuer Investoren mit kurzfristigen Interessen bedeuten könnte.
Die Gewerkschaft erinnert daran, dass 2017 bereits die Standorte Husum an der Nordsee, Trampe in Brandenburg und Powerblades in Bremerhaven geschlossen worden seien. 730 Stellen seien dort gestrichen worden und die Geschäftsführung habe seinerzeit jede Diskussion über Alternativen verweigert.
Ansonsten fordert die Gewerkschaft Unterstützung von den Landesregierungen in Schleswig-Holstein, Hamburg und Bremen. Auch die Bundesebene sieht man allerdings in der Verantwortung:
Für die Zukunft der Windindustrie in Deutschland ist entscheidend, dass die Bundesregierung umgehend für einen ambitionierteren und verlässlichen Ausbaupfad sorgt. Anders sind die Klimaschutzziele nicht zu erreichen und anders lassen sich auch Arbeitsplätze und Wertschöpfung in der Branche nicht sichern.
Meinhard Geiken, IG Metall Küste
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