Umerziehungslager Disney Channel?
Pay-TV schildert drastische Folgen von "illegalem" File-Sharing
In einer Epsisode der Cartoon-Serie The Proud Family, die der amerikanische Sender Disney Channel unlängst ausgestrahlt hat, werden die vermeintlichen Folgen des Filesharings nach Napster-Art auf drastische Art und Weise dargestellt.
Aus einem Sendeprotokoll der Ablauf der Story:
Ein junges Mädchen sitzt in ihrem Zimmer und arbeitet an einem alten Rechner. Ein mysteriöser Typ im Homie-Outfit schaut durch's Fenster und weist sie auf eine Homepage namens "Free Jackster" hin, wo sie jede Musik der Welt umsonst herunterladen könne. Er stattet sie mit einem neuen Rechner aus. Das Mädchen fragt, ob das Downloaden nicht illegal wäre, woraufhin ihr beschieden wird, dass es ein Geburtsrecht sei, für Musik nicht zu bezahlen. Kreativität sollte außerdem keinen Preis haben. Das Mädchen wird nun regelrecht süchtig, sie erzählt allen Freunden von "Free Jackster". Bald hat die Seite Millionen von Hits.
In einer weiteren Szene betritt der Rap-Star Sir Paid Alot ein Büro des Labels The Wizard und beschwert sich darüber, dass sein letzter Royalty-Scheck nur 5 Cent betragen hat. Der Leiter der Firma beschließt, dem Problem auf den Grund zu gehen. In der nächsten Nacht wird das Haus der Proud Family von einem großen Polizei- und Presse-Aufgebot umlagert. Sie wird verhaftet und erhält vom Richter eine Verwarnung. Ihre Eltern nehmen ihr den Computer weg und erklären ihr lang und breit, dass Filesharing "Stehlen" sei. Nun wird der Besitzer des Plattenladens gezeigt, in dem das Mädchen arbeitet. Er weint in seinem völlig leeren Geschäft und feuert sie.
Nach einer Meldung, dass mittlerweile kaum noch CD's verkauft würden, weil sich das Filsharing durchgesetzt habe, wiederholt sich die Szene vom Anfang: Mädchen am Computer, geheimnisvoller Typ am Fenster. Ein Dialog.
Er: "You still downloading?"
Sie: "Downloading is stealin'."
Er: "I know you are afraid I am trying to show you a world without rules."
Sie: "No, its wrong."
So endet dieser merkwürdige Versuch einer breitflächigen Umerziehung aus den Disney-Studios. Rechtlich einstweilen höchst ungeklärte Sachverhalte derart tendenziös an's Kleinkind zu bringen, darf man makaber nennen. Davon abgesehen, war da nicht mal was mit Disney und Urheberrechten? Richtig, hier handelt es sich um die Firma, die ihren größten Genius Carl Barks nicht nur unglaublich schlecht bezahlt hat, sondern ihm dann, als er sich die miserable Rente durch Ölgemälde seiner Figuren aufbessern wollte, ganze Anwaltshorden auf den Hals gehetzt hat.
Carl Barks, der vorher bei den Disney-Trickstudios tätig war, übernahm Anfang der 40er Jahre den Job, der bislang in recht eindimensionalen Zeitungs-Strips agierenden Ente Donald ein Umfeld zu geben. So ersann er in seiner Eigenschaft als Story-Schreiber und -Zeichner Entenhausen, Daisy, Gustav Gans, die Panzerknacker, Gundel Gaukelei und nicht zuletzt Onkel Dagobert. Er war es auch, der die epische DD-Geschichte erfand (und jahrzehntelang zeichnete), die den alten Duck, Donald und die drei Neffen in alle Herren Länder, auf diverse Planeten und durch alle möglichen und unmöglichen Zeiten reisen ließ - immer auf der Suche nach einem Schatz, einer Ölquelle oder einer sonstigen potentiellen Einnahmequelle für Dagoberts Firmen-Imperium.
Barks hat fast alles ersonnen, was an Disney-Comics je geschätzt wurde und somit eine wichtige Grundlage für den Erfolg der Firma gelegt. Wie man ihn behandelt hat, zeigt deutlich, wie Disney mit den geistigen Errungenschaften anderer umzugehen pflegt. Wer im Glashaus sitzt...