Umfragewerte für Präsident Bush fallen beträchtlich
Ein Großteil der US-Bürger ist über die Situation im Irak besorgt; Unterstützung für die Politik des Präsidenten bröckelt
Zum ersten Mal seit dem 11.September 2001 würden US-Bürger lieber einen anderen Präsidenten wählen als George W. Bush. Zu diesem Ergebnis kommt eine Umfrage, die das amerikanischen Magazin Newsweek Ende letzter Woche durchführen ließ.
Während 49 % der 1011 telephonisch Befragten gegen eine zweite Amtszeit Bushs waren, befürworten sie nur mehr 44 %. Im März stimmten noch 52 Prozent für eine zweite Amtszeit von Nummer 43.
Der Popularitätsverlust kommt wenig überraschend; das Risiko dafür steigt mit jedem toten US-Amerikaner im Irak und seit Bushs Siegeserklärung am 2.Mai sind dort beinahe so viele amerikanische Soldaten ums Leben gekommen wie in den Kämpfen zuvor.
Angesichts des großen Schlamassels im Irak äußerten denn auch 69% der Befragten Besorgnis darüber, dass sich die USA im Irak festbeißen, ohne Fortschritte und zwingende Erfolge, über Jahre hinweg - 40% gaben an, dass sie besorgt seien, 29 % waren irgendwie ("somehow") besorgt. Nur knapp jeder fünfte Amerikaner -18 % - ist zuversichtlich, dass im Irak langfristig eine Demokratie entsteht.
60% aller Amerikaner finden die Kosten für den Truppenunterhalt im Irak zu teuer. 15 % würden eine Fortsetzung auf diesem Niveau über drei Jahre oder mehr nicht unterstützen.
Immerhin befürwortet aber eine Mehrheit von 56 % die militärische Präsenz im Irak auf dem gegenwärtigen Level für zwei Jahre oder weniger. Doch die Basis bröckelt. Wie eine andere Umfrage in den Staaten (siehe dazu "Die Fußsoldaten rebellieren") ermittelt hat, mehrt sich die Kritik an der amerikanischen Militärpräsenz im Irak gerade in den Bundesstaaten im Süden, wo traditionellerweise viele der Soldaten rekrutiert werden. So sollen 42% im Süden der USA Zweifel daran äußern, ob der Krieg die vielen Opfer und Leiden wert ist, 72% der schwarzen Bevölkerung im Süden (ein Abwärtstrend von mehr als 20 % gegenüber Mai) haben sich gegen das Engagement im Irak ausgesprochen.
Sie waren nicht drauf gefasst, dass sie so lange draußen bleiben müssten und so tief verstrickt. Ihre Familien - Vollzeit-Militär-Kultur -, denen die "Take-it-as-is-comes"-Einstellung völlig fremd ist, sind oft schockiert über die e-mails, die sie von den Frontlinien im Irak bekommen. Wenn du ein militärischer Befehlshaber bist, ist das e-mail das schlimmste Ding, das jemals erfunden wurde
Hagel, US-Offizier
Dennoch glaubt eine Mehrheit von 61% der Newsweek-Umfrage-Teilnehmer, dass das militärische Eingreifen im Irak richtig war; 33% glauben dies nicht.
Zur Effizienz des "War against Terror" befragt, gaben 45% an, dass der Krieg im Irak das terroristische Netzwerk wesentlich beschädigt habe, weil es ein ölreiches Regime, das den Terrorismus unterstützte, entfernt habe; 38 Prozent indes glauben im Gegenteil, dass der Krieg Al-Qaidas Macht verstärkt habe, weil es eine neue Generation von Terroristen zu weiteren Anschlägen auf die USA inspiriert habe. Eine ähnliche Auffassung hat Jessica Stern, eine frühere Clinton-Beraterin, in der New York Times letzte Woche auf die Sentenz zugespitzt, dass die USA ein Land eingenommen habe, das keine terroristische Bedrohung dargestellt habe, aber zu einer gemacht worden sei.
Noch im April fanden 74% die Art und Weise, wie der Präsident und seine Administration die Situation im Irak in der Hand haben, gut. Jetzt finden das nur mehr 54%. Immerhin eine schwache Mehrheit. Ebenso hoch ist derzeit die generelle Zustimmungsrate (Approval rating) für den Präsidenten: 53 % in der Newsweek-Umfrage, ein Verlust von 18% gegenüber April.
Demgegenüber hat allerdings eine Umfrage von TODAY/CNN/Gallup ein "Job-Approval-Rating" von 58% ermittelt. Und für alle, die sich aufgrund der sinkenden Umfragewerte für Bush schon auf eine kommende Wahlniederlage freuen, hat die United Press International-Meldung noch angeführt, dass dieser Wert bei den Wiederwahlen von Reagan und Clinton signifikant mit der Unterstützung für die erneute Wahl korrelierte, weswegen er als verlässlicher Kürzel für das Ansehen des Präsidenten gelte.
Sollten aber entgegen aller gängigen Vorurteile die amerikanischen Wähler bei der Wahl ihres Präsidenten auch auf Kompetenz Wert legen, sieht es - zumindest nach der Newsweek-Umfrage - für Bush schlecht aus. Selbst wenn man ihn im Kampf gegen den Terrorismus noch immer für kompetenter hält als die Demokraten (57 % glauben das), für die anderen politischen Felder traut man ihm weitaus weniger zu: Der überwiegende Großteil der Befragten fand (auch hier verlor Bush viel, Details siehe hier), dass die Demokraten bessere Herangehensweisen in wirtschaftlichen, steuerlichen, gesundheitspolitischen, bildungspolitischen, umweltpolitischen und sozialen Fragen hätten. Einzig in der Außenpolitik bevorzugen 48 Prozent die Bush-Politik und nur 37 Prozent würden lieber die Demokraten am Werke sehen.