Umweltminister: "Polnische Kohle vergiftet weniger"

Bild: polski alarm smogowy

Smog in Polen - das verdrängte Problem, erst bei 300 Mikrogramm Feinstaubbelastung wird Alarm ausgelöst

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Am vergangenen Freitag wurde der seit Dienstag anhaltende höchste Smog-Alarm in Krakau abgeblasen, die Feinstaub-Werte lagen "nur" bei 200 Mikrogramm pro Quadratmeter Luft. Am Montag waren es noch 400 Mikrogramm, bei 300 Mikrogram wird der Alarm ausgelöst.

In Frankreich wird Smog-Alarm schon bei einer Überschreitung von 80 Mikrogramm ausgelöst. Doch Polen hat dank seiner schlechten Luft eine recht tolerante Bewertung derselben. Von den 50 am meisten belasteten Städten der EU liegen 33 in Polen.

Besonders betroffen ist Krakau, wo der Krisenstab der Wojewodschaft Kleinpolen seinen Bewohnern immer mal wieder empfiehlt, zu Hause zu bleiben und dabei das Fenster geschlossen zu halten. Krakau gilt als eine der Städte der EU mit der größten Luftverschmutzung. Derzeit sind dort die Krankenhäuser mit nach Luft schnappenden Patienten überfüllt. Schuld seien vor allem die vielen Kohleöfen in Privathaushalten und die Kohlekessel im Keller für die Mietskasernen. Dieses veraltete Heizen ist vor allem in Krakau üblich, hinzukommt noch der Einfluss des nahen oberschlesischen Kohlereviers. Seit Dezember plagt die Luftverschmutzung vor allem das südliche Polen. Im Wintersportort Zakopane sind Skifahrer mit Atemmasken ein vertrauter Anblick, die Stadt muss sich derzeit mit den Klagen vieler Touristen auseinandersetzen.

Polnische Medien berufen sich auf Statistiken der WHO wonach jährlich 48.000 Polen der schlechten Luft zum Opfer fallen. Das Problem ist lange bekannt, aber durch die besonders alarmierenden Zustände ist die Regierungspartei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) erstmals aufgeschreckt, die eine eher skeptische Haltung gegenüber allem hegt, was Umwelt- und Klimaschutz belangt. Noch Anfang Januar deklarierte der polnischen Gesundheitsminister Konstanty Radziwill den Smog als "eher theoretisches Problem".

Benzo(a)pyren-Konzentration im Feinstaub. (BaP)Bild: Air quality in Europe — 2016 report, EEA

Zwei Wochen später legte die Premierministerin Beata Szydlo der Öffentlichkeit einen "ehrgeizigen Plan" vor. Demnach soll die Einführung einer Norm für Brennstoffe und Kohleöfen vorangetrieben, Wärmenetze ausgebaut sowie eine Steuererleichterung für Fahrzeuge mit Niedrigemission eingeführt werden. Doch Zeitangaben und Zahlen wollte man nicht preisgeben.

In der vergangenen Woche trat der Umweltminister Jan Szyszko die Flucht nach vorn an und machte die bis Herbst 2015 regierende "Bürgerplattform" (PO) als vor allem verantwortlich für die schlechte Atemluft. Sie habe zu wenig in alternative Energien investiert. Dabei hat die derzeitige nationalkonservative Regierung alternative Energieformen eingeschränkt, beispielsweise Windkraftanlagen, weil daran angeblich vor allem ausländische Konzerne verdienten.

Das Land, dessen Energiebedarf zu 90 Prozent aus Schwarz- und Braunkohle gespeist wird, will weiter auf diesen Brennstoff setzen, jedoch beim Import in Zukunft mehr auf die Qualität achten. So soll vermehrt auf das eigene und somit teils aufwändiger zu fördernde "schwarze Gold" gesetzt werden, das vor allem in Oberschlesien abgebaut wird. Dort liegen die Flöze immer tiefer. Darum werden im Osten Polens neue Vorkommen gefördert. Zudem soll ab 2018 eine Modernisierung des polnischen Bergbaus eingeleitet werden, in der auch die Nutzung von Kohlegas ausgebaut würde. "Polnische Kohle vergiftet weniger", versucht der Umweltminister die heimische Förderung anzupreisen.

Die in Krakau gegründete Initiative "Polnischer Smog Alarm" weist jedoch darauf hin, dass vor allem der lokal billig zu kaufende "Kohleschlamm", also verunreinigte Kohle, für die hohen Emissionswerte sorgt.

Noch 70 Prozent der polnischen Einfamilienhäuser werden mit Kohle geheizt, oft wird dabei auch Müll mitverbrannt. Neben Normen für Brennstoff und Öfen müsse nach der NGO die Regierung vor allem schnell mittels eines Programms die Kohleöfen von sozial Schwachen durch ein modernes Heizsystem ersetzen. Nur so sei ein effektiver Kampf gegen die Luftvereinigung möglich.

Die Premierministerin hat angekündigt, dass eine Kommission des Wirtschaftsministeriums Vorschläge zu Luftverbesserung ausarbeiten werde. Den drängenden Fragen der Journalisten zum Smog weichen Polens Regierungspolitiker ansonsten lieber aus.