Und dann macht es: Kaboom!

Das Online-Spiel zu den Selbstmordattentaten in Israel

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Der erste Versuch war ein Flop: Nur eine Person hat es erwischt. Und dazu natürlich den Killer selbst. Doch nach ein paar Testrunden zerreißt die Bombe des Selbstmordattentäters bereits fünf Leute: zwei Frauen, zwei Männer und ein Kind. Und das ist dann auch unser ganz persönlicher Highscore bei einem kleinen Online-Spiel, das auf zynische Weise die blutigen Ereignisse in Israel aufgreift.

Bei "Kaboom!- Suicide Bombing Game“ schlüpft der Spieler nämlich in die Rolle eines Selbstmordattentäters, der so viele Menschen wie möglich in die Luft sprengen muss. Am Schluss dieses grausamen Vergnügens gibt es für jeden Toten und Verletzten Punkte, außerdem werden die Opfer ordentlich nach Geschlechter aufgelistet. Und damit jeder weiß, worum es geht, taucht im Vorspann des Spiels kurz das Bild des Palästinenserpräsidenten Jassir Arafat auf.

"Aufgrund einer anwaltlichen Abmahnung durch den Zentralrat der Juden in Deutschland, die Telepolis vorhielt, durch Angabe eines Links auf das Spiel "für den Inhalt desselben verantwortlich zu sein", haben sich Redaktion und Verlag entschlossen, den Link zu entfernen."

Veröffentlicht wurde "Kaboom!" Ende April als Demo in der Flash-Spielgemeinde Newgrounds von einem offenbar jungen US-Bürger, der sich selbst fabulous999 nennt. Und dort hat er das Spiel auch selbst mit folgenden Worten vorgestellt:

Use your mouse to move left and right. Click to detonate. By the way, I'm not jewish, I'm not an arab, and I'm not a terrorist. I have little interest in what goes on in the middle east so I don't ...

Dass viele sein Spiel als schlimme Verhöhnung der Opfer realer Selbstmordanschläge verstehen würden, scheint fabulous999 also irgendwie geahnt zu haben. Warum er es dennoch veröffentlicht, ja überhaupt erst entwickelt hat, lässt er dagegen offen. Dafür verrät er zumindest einiges über seine Person. Nach eigenen Angaben ist er 21 Jahre alt, lebt in Detroit und seine Lieblingsfilme sind "The big Lebowski", "Fight Club" und der Kubrick-Klassiker "A Clockwork Orange". Und glaubt man der Suchmaschine Google, dann ist fabulous999 in der Flashspiel-Gemeinde kein Unbekannter.

Sein mörderisches Bomben-Spiel hat ihm nun sogar noch zusätzlichen, wenn auch zweifelhaften Ruhm verschafft. So steht der Verweis auf das Spiel inzwischen auf den vorderen Plätze bei Daypop Top 40 Links, einer Art Hitparade der im Netz am häufigsten aufgerufenen Seiten. Weitere Verweise findet man in diversen Spielforen, und auch die israelische Armee hat nach einer dpa-Meldung inzwischen den virtuellen Bombenfan im Netz entdeckt.

Dennoch wird es vorerst weiter kostenlos angeboten. Und der Ansturm auf "Kaboom!" war am Freitag so enorm, dass der Server von Newgrounds.com ihn kaum noch bewältigen konnte. Daher liegt der Verdacht nahe, dass rund um den Globus derzeit unzählige Leute gerade vor ihrem Computer sitzen, um mal kurz Selbstmordattentat zu spielen.