"Ungebührliches Verhalten"
Hamburg: Weil sie den G 20 mit einem Schützenfest verwechselten, wurden drei Hundertschaften der Berliner Polizei nach Hause geschickt
Angeblich plagt den Innensenator Andy Grote (SPD) die Befürchtung, dass 8.000 gewaltbereite Demonstrantinnen und Demonstranten aus aller Welt während des G-20-Gipfels vom 6. - 8. Juli 2017 zu den Protesten in Hamburg anreisen. Dafür werden weitreichende Vorkehrungen getroffen (Im Namen der Demokratie: Hamburg rüstet auf).
Doch jetzt kommt raus, dass es in den Reihen der Polizei zugeht wie in Sodom und Gomorrha. Jedenfalls nach Ansicht des Leiters des G-20-Polizei-Einsatzes, Hartmut Dudde: "Drei Berliner Einsatzhundertschaften sind von der Hamburger Polizei aus der Hansestadt verwiesen worden. Grund: ungebührliches Verhalten!" Das berichtete die Berliner Zeitung (BZ).
Der BZ zufolge waren die Berliner Einheiten "in einem Containerdorf untergebracht. Dort sollen Wachschützer beobachtet haben, wie ein Polizisten-Pärchen in aller Öffentlichkeit Sex an einem Zaun hatte. Zudem sollen die Beamten nach einer lautstarken Party gemeinsam in einer Reihe an einem Zaun uriniert haben. Außerdem soll eine Kollegin nur in einem Bademantel mit einer Waffe in der Hand auf einem Tisch getanzt haben."
Als Grund für das Ausleben dieser Zeltfest-Mentalität, die nebenbei bemerkt tief blicken lässt, was das Geschlechterverhältnis im Polizei-Dienst angeht, gaben die Betroffenen Langeweile an. Bei rbb.online ist zu lesen, dass es außerdem zu einer Schlägerei mit einer Einheit aus Wuppertal gekommen sei.
"Wir haben Stellungnahmen angefordert und werden dann unsere Konsequenzen ziehen", zitiert die BZ den Sprecher der Berliner Polizei, Thomas Neuendorf. "Es ist einfach nur beschämend, wie sich die Kollegen dort verhalten haben." Der Berliner Innensenator Andreas Geisel (SPD) betonte in einer Pressemitteilung: "Polizeibeamte haben eine Vorbildfunktion - das gilt in Berlin genauso wie in anderen Städten. Falls sich die Vorwürfe des Fehlverhaltens bestätigen, muss das in der Polizei ordentlich geklärt werden. Die Arbeit der Berliner Polizei darf durch solche Vorfälle keinen Schaden nehmen."
Aufgeflogen sind die Saufgelage nicht zufällig, aufgrund von Vorerfahrungen Duddes waren die Berliner Einheiten Bootcamp mäßig untergebracht und überwacht worden: "Offenbar hatten die Hamburger bereits mit einem ungebührlichen Verhalten der Berliner Einsatzkräfte gerechnet. Aus einer gemeinsamen Zeit beim Castor-Einsatz in Gorleben habe sich nach B.Z.-Informationen der Hamburger Polizeiführer Hartmut Dudde erinnern können, wie exzessiv die Berliner außerhalb des Dienstes 'feiern'. Deshalb habe man bewusst eine ehemalige Asylbewerberheim-Unterkunft für Sie ausgesucht und den Ordnerdienst angewiesen, jeden Verstoß zu dokumentieren. Angeblich wurde sogar verschlossene Räume begangen, kontrolliert und fotografiert."
Wer solche Kollegen hat, braucht keine Feinde mehr. Für einige Berliner Beamtinnen und Beamten wird die ausschweifende Party ernsthafte Konsequenzen haben. Ob neue Einheiten nach Hamburg geschickt werden, steht zur Stunde noch nicht fest. Da fragen sich jetzt sicher so einige Beamtinnen und Beamten aus anderen Bundesländern, an welche gemeinsamen Begebenheiten sich Dudde noch erinnert, und ob auch sie überwacht werden. So manche wird sicher ein ungutes Gefühl beschleichen.
Auch wenn der Vorfall zunächst amüsant klingt: Es ist eine alte Erfahrung, z. B. bei den Castor-Transporten, dass auswärtige Einheiten schon lange vor dem eigentlichen Geschehen am Einsatzort stationiert werden. Meist unter miserablen Bedingungen - schlechtes Essen, unbequeme Betten, Langeweile, Lagerkoller, sinnfreie Einsätze - so dass sich eine Menge Frust aufstaut. Dieser Frust wird dann nicht selten an den Demonstrantinnen und Demonstranten ausgelassen und schlägt sich mitunter in blankem Hass und entsprechenden Gewaltexzessen nieder. Was immer sich Polizeiführer Dudde von dieser Taktik verspricht - Deeskalation sieht anders aus.