Union tritt für "wertegebundene" Rohstoffpolitik ein

Zusammenarbeit mit Diktatoren ist dabei offenbar kein Problem, Rohstoffrecycling schon eher

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Sicher ist: Ohne ausreichende Rohstoffversorgung kann kein Land, insbesondere eine derart hochtechnologisierte Nation wie Deutschland, funktionieren. Die Versorgung mit ihnen zu sichern, ist ein berechtigtes Anliegen der Politik. Auf einem Kongress Außenpolitik, Wirtschaft und Entwicklungszusammenarbeit - Rohstoffversorgung als Querschnittsaufgabe beschwörte nun die CDU/CSU-Bundestagsfraktion, mit ihrer Rohstoffpolitik vor allem deutsche Werte in die Welt zu bringen.

Die Rohstoffpolitik ist derzeit ein zentrales Thema im Bundestag. So hat die Koalition derzeit Anträge zur wirtschafts- und außenpolitischen Sicherung der Rohstoffversorgung und zum Kreislaufwirtschaftsgesetz eingebracht. Für den Fraktionsvorsitzenden der Union, Volker Kauder (CDU), ist eine gesicherte Rohstoffversorgung eine zentrale Frage für Deutschland, immerhin gehöre Deutschland zu den größten Rohstoffimporteuren der Welt. Kauder sieht jedoch ein Problem darin, dass häufig rohstoffgewinnende Unternehmen in Staatsbesitz seien. Wenn diese dann mit ihm maximal darüber reden wollten, zu welchen Preisen sie ihre Rohstoffe verkaufen wollen, dann schnüre ihm das den Atem ab, erklärte Kauder mit Blick auf Brasilien und China. Ziel sei es daher, internationale Wettbewerbsverzerrungen zu bekämpfen.

Die Union möchte dieses Problem mit einer "wertegebundenen" Rohstoffaußenpolitik begegnen - wertegebundener zumindest, als China. Im Reich der Mitte hat die Union den Hauptkonkurrenten im Kampf um Rohstoffe ausgemacht, entsprechend arbeiten sich die Parlamentarier an dem Land ab. Christian Angermayer von der ABL Group, welche als Finanzdienstleister unter anderem in Afrika im Bereich Rohstoffe aktiv ist, sieht Vorteile für jene Entwicklungsländer, in denen Deutschland seine Rohstoffinteressen vertritt. Denn immerhin exportierten wir dann auch unsere Werte dorthin, was für die betreffenden Länder von Vorteil sei. Wir machten es zwar auch nicht immer richtig, dafür aber wertegebundener als andere, ist sich Angermayer sicher. Die rohstoffreichen Länder würden auch lieber Deutschland als China bei sich sehen, eben weil Deutschland wertegetriebener sei. Dass das ungeliebte China dennoch erfolgreicher darin ist, sich Rohstoffe zu sichern, liegt Angermayer zufolge vor allem daran, dass Deutschland weniger präsent sei.

"Ich zahle doch nicht, damit ein Land etwas unterlässt"

Jürgen Klimke (CDU), Obmann im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, möchte daher die Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern an Bedingungen knüpfen. Wirtschaftliche Zusammenarbeit ist dem Entwicklungspolitiker dabei genauso wichtig wie die Sicherung von Rohstoffen für Deutschland. Die Menschenrechte nennt er in seiner Aufzählung bezeichnenderweise zum Schluss.

Damit liegt er wohl auf einer Wellenlänge mit Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel, dessen Entwicklungspolitik ein besonderes Augenmerk darauf legt, Deutschland Vorteile bei der Rohstoffsicherung zu verschaffen und der deshalb bereits von einigen als Kolonialminister gesehen wird. Niebel lässt sich auf seinen Dienstreisen von der deutschen Wirtschaft begleiten, will den Unternehmern lukrative Geschäftsfelder eröffnen.

Projekte, die keinen Gewinn abwerfen, scheinen ihn nicht sonderlich zu interessieren. 2007 schlug der ecuadorianische Präsident Rafael Correa vor, die Ölvorkommen unter dem Regenwald des Yasuní-Nationalparks im Boden zu lassen - wenn denn die internationale Gemeinschaft die Hälfte der Einnahmen ersetzt, die Ecuador durch die Ölförderung haben würde - rund 3,6 Milliarden Dollar. Die Europäische Union unterstützt den Plan Ecuadors - immerhin kommt es nicht oft vor, dass ein armes Land von sich aus eine derartige Umweltschutzmaßnahme vorschlägt. Dirk Niebel stellt sich dem entgegen. "Ich zahle doch nicht, damit ein Land etwas unterlässt", so seine unmissverständliche Haltung (Yasuní-ITT-Projekt droht zu scheitern. Dabei soll das Geld sogar sinnvoll investiert werden - in nachhaltige Landwirtschaft und alternative Energiequellen, um Ecuador unabhängiger vom Öl zu machen. Nur Rohstoffe für Deutschland, die fallen so natürlich nicht ab.

Im Zweifel stehen die Werte hintan

Wie ernst es die Union mit der wertegeleiteten Außen- und Rohstoffpolitik meint, ist ohnehin fraglich. So haben sich die Unionsabgeordneten mit Thomas Heil den Vorstandsvorsitzenden der CRONIMET Mining AG aufs Podium geladen. Heil spricht davon, dass das Bewusstsein für Demokratie und für partnerschaftliches Verhalten in den Ländern, in denen sich Deutschland engagiert, stabilisiert werden solle. Recherchen von PlusMinus zufolge ist CRONIMET in blutige Rohstoffgeschäfte verwickelt. Heil weist diese Vorwürfe auf dem Kongress von sich, doch ein Beigeschmack bleibt.

Denn Philipp Mißfelder, der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, sieht die Außenpolitik Deutschlands in einem Spannungsfeld von Werten und Interessen. Mit rein wertegebundener Rohstoffaußenpolitik stoße man schnell an Grenzen, erklärt er. Scheinbare Widersprüche müssten daher so überwunden werden, dass wir handlungsfähig seien, behauptet er. Im Klartext heißt das wohl: Im Zweifel müssen die Werte hintanstehen, damit gehandelt werden kann. Bereits kurz nach dem Tod des libyschen Diktators Gaddafi verteidigte Mißfelder die wirtschaftlichen Beziehungen zu dem Land. "Deutschland konnte sehr gute Geschäfte mit Libyen machen, und das ist auch in Ordnung." Zudem habe es einen "Wandel in der Politik Gaddafis selbst" gegeben. Wobei sich dieser Wandel weniger auf die Lage der Menschenrechte bezieht - die blieb nach wie vor schlecht - denn auf die Kooperationsbereitschaft des Diktators mit dem Westen, die sich nach dem 11. September 2001 deutlich besserte.

Beim Recycling als Alternative zu Rohstoffgeschäften ist man wenig ambitioniert

Eine Alternative zu Rohstoffgeschäften mit teilweise fragwürdigen Handelspartnern könnte eine konsequente Recyclingstrategie sein, die darauf setzt, wertvolle Rohstoffe aus Abfällen wieder zurückzugewinnen. Das betont auch Mißfelder, der Recycling und Rohstoffeffizienz als wichtige Maßnahmen nennt. Die Bemerkung seines Parteifreunds Michael Fuchs, Deutschland sei schon heute führend beim Recycling, ist jedoch all zu optimistisch. Zu groß ist die Kritik am Kreislaufwirtschaftsgesetz, welches die Regierung derzeit plant. Umweltverbände wie der NABU und die EU sind sich einig darin, dass das neue Gesetz nicht das Recycling von Rohstoffen, sondern unter bestimmten Bedingungen deren Verbrennung begünstigt.

Die Abfallhierarchie der EU sieht eigentlich vor, dass nach Möglichkeit das Recycling von Abfall der so genannten energetischen Wiederverwertung, sprich der Verbrennung, vorzuziehen ist. Doch der Entwurf aus dem Regierungslager versucht, dies auszuhebeln. Weist der Abfall einen Heizwert von 11.000 Kilojoule pro Kilogramm oder mehr auf, so soll neben dem Recycling auch die Verbrennung der Abfallprodukte möglich sein. Damit verstößt der Gesetzentwurf nicht nur gegen die Abfallrahmenrichtlinie der EU, sondern trägt auch einen Teil dazu bei, die Recyclingquote zu verringern.

Und auch bei der Recyclingquote selbst gibt sich die Regierung eher wenig ambitioniert. Sie soll für Siedlungsabfälle um einen Prozentpunkt von 64 auf 65 Prozent bis zum Jahr 2020 steigen. Dabei wäre eine konsequente Verbesserung und Ausweitung des Recyclings wohl die am stärksten werteorientierte Rohstoffpolitik.