Unliebsame Verbündete

Wie geht es weiter mit den USA und Saudi-Arabien?

Die USA können auf eine lange und nicht immer unproblematische Bündnispolitik mit Saudi-Arabien und der dort herrschenden Königsfamilie zurückblicken.

Die Amtszeit des neuen Kronprinzen Mohammed bin Salman al-Saud (MBS) schien zunächst eine Phase sozialer Reformen und erneuter Annäherung an die USA zu versprechen, – davon kann momentan jedoch keine Rede mehr sein.

Zugegeben, seine Beziehung zu Präsident Trump wurde immer wieder von Skandalen überschattet, doch erreichte sie erst mit dem Amtsantritt von Joe Biden ihren Tiefpunkt. Der Kern der US-amerikanisch-saudischen Handelsbeziehung blieb bisher trotz aller diplomatischen Schwierigkeiten zwischen den beiden Partnerstaaten unangetastet.

Die Sauds lieferten weiterhin Öl und erhielten im Gegenzug US-amerikanische Waffen, die es dem Königshaus ermöglichen, einen sinnlosen Krieg im Jemen zu führen.

Doch gerade jetzt, in der Krise, weigert sich das Königshaus trotz Bitten seitens der Biden-Regierung, den Ölpreis durch eine Steigerung der Produktion zu senken und löst damit in den USA eine außenpolitische Debatte aus. Zum ersten Mal seit Langem scheint es ungewiss, ob die älteste Demokratie und die saudische Monarchie wieder zusammen finden können.

Eine Liebesgeschichte

Dabei hatte die enge Zusammenarbeit der beiden Staaten so schön begonnen; mit der Liebesgeschichte zweier mächtiger Familien. In seinem New York Times-Bestseller Die Bushs und die Sauds: Öl, Macht und Terror, beschreibt der Journalist Craig Unger eindrücklich, wie die beiden Clans, der eine gut positioniert am Nexus zwischen Banken und Geheimdiensten, der andere am Ölhahn, sich seit langer Zeit gegenseitig dabei unterstützen, ihre politische Macht sowie wirtschaftlichen Einfluss immer weiter auszubauen.

Im Grunde ist klar, was die beiden Dynastien aneinander schätzten: Die Sauds verfügen damals wie heute über schier endlose finanzielle Ressourcen und die Bushs hatten die Macht, ihnen die Anlage dieser Unsummen in den USA zu ermöglichen. Und da die Bushs praktischerweise zwei Präsidenten stellten, hatte diese so "unschuldig" begonnene Geschäftsbeziehung jahrelang starke Auswirkungen auf die Außenpolitik der USA.

So waren laut Craig-Unger beide Familien in den Iran-Contra Skandal involviert und haben gemeinsam den in Afghanistan kämpfenden Mudschaheddin Waffen zukommen lassen; ein Konflikt, der später Osama Bin Laden hervorbrachte.

... von der Diktatoren profitierten

Zusammen mit Vizepräsident Bush haben die Sauds den brutalen Diktator Saddam Hussein noch weitere sieben Jahre unterstützt, selbst nachdem bekannt wurde, dass dieser nicht vor dem Einsatz von Massenvernichtungswaffen zurückschreckte. Überdies unterstützten die Sauds Bush Juniors strauchelnde Ölfirma Harken Energy und investierten zusammen mit der Firmengruppe seines Vaters in die Carlyle Group.

Im Golfkrieg 1991 kämpften die Sauds Seite an Seite mit Präsident Bush Senior. Kurzum, die engen Beziehungen der Bushs mit dem Saudischen Königshaus machten die Nah-Ost-Politik der USA über längere Episoden der jüngeren Geschichte zur Familienangelegenheit.

Solch enge persönliche Bande mit den Sauds konnten Regierungen der Demokratischen Partei nie vorweisen. So war schon Obamas Beziehung zu den von ihm als "so-called allies" bezeichneten Machthabern Saudi-Arabiens eher wechselhafter Natur. Das änderte sich schlagartig unter Trump.

Rückhalt von Trump

Zwar war der neue Präsident dem Königshaus nie so eng verbunden wie die Familie Bush, dennoch bot er, dem nach einem Mini-Putsch gerade frisch gebacken Herrscher Kronprinz Mohammed bin Salman al-Saud, bedingungslosen politischen Rückhalt.

Das galt selbst, als dieser den regierungskritischen, in den USA lebenden Journalisten Jamal Khashoggi im saudischen Generalkonsulat in Istanbul ermorden ließ und somit einen internationalen Zwischenfall auslöste.

Von solch harmonischen Miteinander auf höchster Regierungsebene der beiden Staaten, ist momentan wenig zu sehen.

Kritische Neuorientierung gegenüber Biden

Aktuell nimmt der Kronprinz nicht einmal die Anrufe des Präsidenten bezüglich der Ukraine-Krise entgegen. Manch böse Zungen behaupten, Mohammed bin Salman al-Saud (MBS) halte den Ölpreis extra hoch, um Präsident Joe Biden die Zwischenwahlen im November zu erschweren und infolgedessen seine Wiederwahl 2024 zu verhindern, – als bräuchte die Demokratische Partei dabei Hilfe.

Für die Sauds scheint es jedenfalls gerade jetzt vor den Zwischenwahlen sinnvoll, Druck auf die Regierung der Demokraten auszuüben, nachdem sich diese sich laut The Guardian zuletzt aus verschiedenen Gründen von ihrem Verbündeten im Nahen Osten distanziert hatte1:

Die Ermordung des saudischen Dissidenten Jamal Khashoggi durch die Sicherheitsberater des Kronprinzen, der Krieg gegen den Jemen, die Inhaftierung von Rechtsaktivisten und der Boykott gegen Katar haben ihn für die Regierung zu einem Paria gemacht.

Darüber hinaus zeigten sich mehrere westliche Demokratien über das Fernbleiben der Sauds vom UN-Security Council verärgert. Hierbei handelte es sich wahrscheinlich um eine Geste der Dankbarkeit der Sauds gegenüber der russischen Regierung. Diese hatte die Sauds zuvor in ihrem Versuch unterstützt, das Council von der Rechtmäßigkeit des saudischen Krieges gegen die Huthis im Jemen zu überzeugen.

Gerade jetzt kommt der russische Beistand sehr gelegen, denn die militärische Lage im Jemen entwickelt sich für die Sauds immer mehr zum Debakel. Diese Misere haben sowohl das saudische Militär als auch der Kronprinz zu verantworten.

Während des Krieges im Jemen hat das Königshaus beharrlich versucht, den Mangel an kompetenter militärischer Führung und Strategie durch den Einsatz von Unmengen an Geld zu kompensieren. Das Königshaus musste jedoch feststellen, dass sich Kriege nicht allein durch Lufthoheit und den Einsatz kolumbianischer Söldner gewinnen lassen und sich folglich eingestehen, dass seine Vormachtstellung in der Region ohne die Militärmacht USA im Rücken keineswegs unantastbar ist.

Trotz eines neuen Bündnisses mit Israel können sich die saudischen Herrscher gewiss nicht des Gefühls erwehren, dass, wenn sich schon die Huthi als unbesiegbar erweisen, ein Konflikt mit dem gut bewaffneten und kampferprobten Militär ihres Todfeindes, dem Iran, nicht zu ihren Gunsten ausgehen würde.

In ihrer aktuellen Unsicherheit sehnen sich die Sauds vielleicht nach der Rückendeckung, die sie in den 90ern und 2000er-Jahren von den USA erwarten konnten. Doch wie sollte mehr Unterstützung seitens der USA denn nach Meinung der königlichen Familie überhaupt aussehen?

Kein Präsident, egal ob Republikaner oder Demokrat, würde es politisch überleben den Sauds, neben den ohnehin laufenden Waffenlieferungen, Beistand durch boots on the ground zuzusichern.